Klima- oder Kohlekanzlerin

Bonn 2015 wird nicht nur das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen werden. Es ist auch das Jahr, an dem sich Merkels Klimapolitik messen lassen muss

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Wohin geht die Reise?
Wohin geht die Reise?

Bild: Sean Gallup/Getty Images

Bis zur Klimakonferenz in Paris sind es weniger als 100 Tage. Es bleiben aber nur noch 10 Tage an Verhandlungen.

„Im Entwurf des Pariser Klimaprotokolls fehlen derzeit die entscheidenden Elemente.“, kritisiert Martin Kaiser von Greenpeace. „Wenn der Temperaturanstieg tatsächlich unter 2 Grad gehalten werden soll, muss das Pariser Abkommen die Umstellung der globalen Energieversorgung auf 100 Erneuerbare sowie der parallele Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bis zu Jahr 2050 festschreiben. Der Klimavertrag muss sicherstellen, dass die nationalen Klimaschutzanstrengungen alle fünf Jahre überprüft und verschärft werden.“, fordert Kaiser.

Nur die Teile, die es in den Kern des Abkommens schaffen, verpflichten die Staaten am Ende wirklich zu Klimaschutz. Man könne sich die Session in Bonn vorstellen wie ein Treffen von Mechanikern in einem großen Ersatzteillager. Aus den vorhandenen Teilen lässt sich ein starker, leistungsfähiger Motor konstruieren oder eben ein schwacher, stotternder. Entscheidend wird sein, welche Vertragselemente verbaut werden,. erklärt Kaiser.

Merkel hat die G7-Staaten dazu gebracht, gemeinsam das Ende des fossilen Zeitalters von Kohle und Öl zu verkünden. Das Bekenntnis der mächtigsten Industriestaaten der Welt zu wirksamen Klimaschutz hat ein Abkommen in Paris deutlich wahrscheinlicher gemacht. Innerhalb Deutschlands sieht die Klimabilanz Merkels aber deutlich schlechter aus.

Unter ihrer Kanzlerschaft stieg der Ausstoß von Treibhausgasen zum ersten mal seit 1990 über drei Jahre in Folge an. Merkel setzt auf Kohlekraft und gefährdet Deutschlands Klimaschutzziele und Glaubwürdigkeit.

„Wenn die Kanzlerin ihrer internationalen Ankündigung eines schrittweisen Kohleausstiegs nicht umgehend auch in Deutschland Taten folgen lässt, wird sie mit einem massiven Glaubwürdigkeitsproblem nach Paris reisen“, fürchtet Martin Kaiser.

Merkel kann 2015 wirklich zur Klimakanzlerin werden, aber nur wenn sie auch im eigenen Land Kohleausstieg und Klimaschutz betreibt. Die Verhandlungen in Bonn kommen bisher nur sehr langsam voran. Es wäre ein guter Zeitpunkt, dass Deutschland und die EU eine aktivere Rolle einnehmen.

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