Politische Akzeptanz, nicht alleine taktische Harmonie soll die Zauberformel für ein Wahlerfolgsmodell der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) und der Deutschen Volksunion (DVU) zu der Bundestagswahl 2006 sein. Auf dem Parteitag der NPD im thüringischen Leinefelde am vergangenen Oktoberwochenende verkündeten die einst zerstrittenen Parteien gemeinsam mit einer NPD-geführten Liste als "NPD/DVU-Liste" antreten zu wollen. Gegen Ende des zweitägigen Parteitags unter dem Motto "Arbeit - Familie - Vaterland" bekräftigten der NPD-Vorsitzende Udo Voigt und DVU-Chef Gerhard Frey ihre "absolut gleichberechtigte partnerschaftliche Zusammenarbeit". Gebetsmühlenartig wiederholten die sich früher nicht wohl gesonnenen Parteiführer: "Es zählt, was uns eint." Der Parteitag der ältesten neonazistischen Partei Deutschlands, der sonst fast alle alten Klischees widerspiegelte, offenbarte eine neue Qualität der Kooperation für eine "nationale Volksfront".
Die Fahnen voran, im Gleichschritt italienischer Opernmarschmusik, zog die Parteiführung gegen 13.20 Uhr am Samstag in die schmucklose Turnhalle der Kleinstadt Leinefelde ein. Applaus von den 160 Delegierten und den 200 Gästen kam auf. Fühlen sich doch die Rechten aller Couleur seit dem gescheiterten NPD-Verbotsverfahren und den erfolgreichen Absprachen zwischen DVU und NPD bei den jüngsten Landtagswahlen stolz und siegesbewusst. Im Foyer der Halle standen neben großen Fotostellwänden von der sächsischen NPD-Fraktion auch Stände mit antisemitischen Motiven. Auf einem wurde das ZDF als "Zionistische Desinformations-Fabrik" bezeichnet; auf einer anderen die Vereinigten Staaten mit "Jew esse ey" buchstabiert. Für Parteisprecher Klaus Beier fiel dies unter die "Rubrik Humor, wenn man diese Art Humor denn versteht".
Ganz von seinem politischen Kurs beseelt, "meldete" Voigt der Partei in der Eröffnungsrede: "Wir sind wieder da!" Erstmals seit 1968 gelang der NPD mit 9,2 Prozent wieder der Einzug in ein Landesparlament. Sie seien eine "Partei aus dem Volk für das Volk", erklärte er weiter und warnte vor den "vaterlandslosen Gesellen" und den "100 Millionen Ausländern, die warten, nach Deutschland zu kommen". "Wir wollen ein Deutschland der Deutschen", betonte Voigt unter Beifall. In seiner fast zweistündigen Rede erläuterte der Vorsitzende besonders "seine Strategie" der "Integration Nationaler Sozialisten". Die Delegierten stimmten denn auch dem Parteikurs zu, weiterhin Neonazis aus dem Netzwerk der "Freien Kameradschaften" aufzunehmen.
Im September war der Führer der "Kameradschaften", Thorsten Heise, der nun in den Bundesvorstand gewählt wurde, der NPD beigetreten. Mit ihm taten dies die weiteren Chefs des Netzes Thomas Wulff und Ralph Tegethoff als Zeichen der Solidarisierung der militanten Neonazis aus dem bundesweiten Netzwerk. Offen verkünden die "Kameradschaften", dass der Nationalsozialismus für sie eine gesellschaftliche Alternative sei und die SA und SS kämpferische Ideale. Doch auf dem Parteitag antwortete Heise, vorbestraft wegen schwerer Körperverletzung und Nötigung, ganz brav auf eine Journalistenfrage: "Kopernikus, Goethe, Schiller" seien seine großen Persönlichkeiten der deutschen Geschichte.
Der Auftritt wird Voigt gefallen haben. Denn um die "nationale Revolution" zu schaffen, müsse die NPD sich als "demokratische Partei" darstellen. Um den Schein zu wahren, verwehrten allerdings Ordner der Presse den Einblick. Spontane Fragen an die "Kameraden" waren untersagt, dauerhafte Anwesenheit unerwünscht. So fanden die Debatten um Strategie und Personal unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Nur selten erklang Kritik, wie etwa von dem Ex-NPD-Bundesvorsitzenden Günther Deckert. "Mit denen setzt sich die NPD nur Läuse in den Pelz", meinte er im Foyer im Hinblick auf die Kameradschaftsführer. Aber auch die Wahlabsprache mit der DVU dürfte zu Konflikten führen. Allein Freys Beteuerung, der Verfassung treu zu sein und Voigts Erklärung, das "illegitime System (...) der BRD ebenso abzuwickeln wie (...) die DDR" sind programmatische Differenzen, die bisher die Zusammenarbeit belasteten. Alle Versuche von DVU und NPD nachhaltig abgesprochen zu handeln, scheiterten denn auch an inhaltlicher Ausrichtung und Personal. "Sie machen sich zu viele Gedanken um uns", betonte Frey auf Nachfrage. Und Voigt beteuerte, es sei möglich, von "ganz rechts bis zum Wertkonservativen eine deutsche Volksfront zu schaffen". Nach der Bundestagswahl wollen N-P-D-V-U denn auch gemeinsam zur Europawahl antreten. Jetzt sammeln sie erst einmal zusammen Unterschriften gegen den EU-Beitritt der Türkei.
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.