Middletons Recht auf den eigenen Körper

Frauensache Spätestens mit ihrer Schwangerschaft hat Kate Middleton die Verfügungsmacht über ihren Körper verloren. Die ganze Welt weiß nun, was gut für sie ist und was nicht
Middletons Recht auf den eigenen Körper

Illustration: Otto

Da ist er also wieder – der Traum von weißer Heirat, privatem Glück und zwangsläufig dann einem dicken Bauch. Die ganze Welt hat nur darauf gewartet, dass es passiert. Jetzt ist das britische Königshaus endlich schwanger, und wenn alles gut geht, gibt es bald wieder etwas zu feiern mit Kate und William.

Menschen lieben Happy-End-Geschichten, besonders, wenn eine Prinzessin und ein Prinz darin vorkommen. Leider sind die meisten dieser Geschichten aber frei erfunden. Außer in den europäischen Königshäusern. Hier ist das Leben natürlich noch in Ordnung, hier werden Märchen gelebt. Zumindest versucht man, eine richtige Familie mit der richtigen, weil althergebrachten Rollenverteilung abzubilden. In die Rolle der Prinzessin schlüpfte die bürgerliche Kate Middleton, als sie Prinz William heiratete. Königskind trifft Bürgertochter.

Selbst wenn man nicht vom Adels­hype infiziert ist, lässt einen die ganze Berichterstattung als junge Frau um die 30 doch nicht kalt – vor allem nicht die Reduzierung der Prinzengattin auf ihre Pflichterfüllung, einen Thronfolger zu gebären. Sofort springt einen selbst die ewige Frage an, ob man Kinder oder Karriere will. Trifft man auf den vermeintlich Richtigen, kann das mit den Kindern ja schnell passieren. Zu verlockend die Vorstellung vom Angekommensein, von Geborgenheit. Fehlt nur noch ein süßes Kind, und man ist auf ewig mit dem Liebsten verbunden...
Dabei rufen Kate Middletons Erfahrungen auch in Erinnerung, dass man als Frau mit der Schwangerschaft allzu oft das Verfügungsrecht über den eigenen Körper einschränkt. Nicht nur, dass man ihn mit einem Untermieter teilen muss. Vielmehr entpuppen sich auf einmal noch so entfernte Bekannte als Schwangerschaftsexperten, geben Tipps, schauen sorgenvoll und tätscheln den Bauch bei jeder Gelegenheit.

In allen Details ausgeleuchtet

Die Realität ist da eher wie eine Telenovela. Denn im Gegensatz zum Märchen, das aufhört, wenn es am schönsten ist, fängt der Spaß hier erst richtig an. So ist es auch bei Kate Middleton, der ihr Körper schon seit der Heirat nicht mehr wirklich allein gehört. Erst wurde sie zum Sexsymbol degradiert, dessen Brüste man auch gegen ihren ausdrücklichen Willen in der Boulevardzeitung zeigen kann. Und dann fieberte ein ganzes Land nur auf ihre Schwangerschaft hin. Jetzt wird bei ihr das, was bei Normalsterblichen nur im Bekanntenkreis verhandelt wird, zusätzlich noch von den Medien in allen Details ausgeleuchtet.

Und so muss sie es über sich ergehen lassen, dass die Darstellerin einer MTV-Reality-Show Middleton den Tipp gibt, sie solle „die Zeit zu Hause mit dem Baby genießen“. Ein Zürcher Gynäkologe vermutet, ihre Schwangerschaftsübelkeit rühre von einer angeblichen Bulimie her. Und der deutsche Nachrichtensender N-TV spekuliert, ob sich Kate „auf allen Vieren vor der Toilette kniend“ übergeben würde oder ob es für solche Fälle im Schloss „goldene Spuckschüsseln“ gäbe.

Eine Frage, die sich nicht stellt

An dieser Stelle kommt William ins Spiel, der versucht, ein echter Prinz zu sein. Er stellt sich schützend vor seine Frau, droht allzu aufdringlichen Jour­nalisten mit rechtlichen Konsequenzen. Was für ein liebevoller Ehemann, denkt man sich.

Doch richtig bitter wird es wohl erst, wenn das Kleine da ist. Dann stellt sich im Königshaus – so wie in immer noch allzu vielen Familien – die Frage überhaupt nicht, wer zu­hause bleibt.

So spinnt man sich als Frau immer weiter im goldenen Kokon ein. Und je länger man diesen Zustand freiwillig aufrecht erhält, desto schwieriger wird es, da herauszukommen. Man kann Kate nur wünschen, dass sie fortan nicht nur noch als Mutter wahrgenommen wird.

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