Bio aus dem Discounter ist böse

These 1 Unter der Lupe: Sechs skeptische Thesen zum ökologischen Lifestyle. Was ist dran an der Kritik an Billig-Bio-Produkten?

Am Anfang stand die Billig-Handelskette Plus – heute Netto – mit ihrer Marke „BioBio“. Sie verspricht seit 2002: Wir machen „Bio-Produkte für alle“. Als der Bio-Boom einsetzte, nahmen auch andere Discounter Öko-Marken ins Programm und trugen so ihren Teil dazu bei, dass sich der Marktanteil von Bio-Lebensmitteln von 1,8 Prozent im Jahr 2003 auf zuletzt drei Prozent immerhin fast verdoppelte (hier die Studie in zwei Teilen). Laut der Gesellschaft für Konsumforschung hatten im Jahr 2009 94 Prozent der deutschen Haushalte Bio-Produkte gekauft. Fünf Jahre zuvor waren es nur 83 Prozent gewesen.

Einerseits haben die Discounter Bio- Gemüse so auch jenen zugänglich gemacht, die mit Blick auf ihren Geldbeutel nie einen Bioladen betreten hätten. Andererseits begann durch den Einstieg der Discounter ein Preiskrieg, der dazu führte, dass die Öko-Erzeuger 2009 zwar mehr Produkte verkauften als je zuvor, dennoch insgesamt weniger Umsatz machten als im Vorjahr.

Kritiker der „Bio-für-alle“-Bewegung monieren, dass Bio vom Discounter langfristig mehr schaden als nützen könnte. Der Grund: Im Marktumfeld der Discounter ist die Preisskala nach unten offen. Und irgendwann ist die Schwelle erreicht, an der ein weiterer Nachlass zu Lasten der Qualität geht – nicht unbedingt des Produkts an sich, sondern der Produktionsbedingungen, auf die es im ökologisch orientierten Landbau ja ankommt. Vielleicht geschieht dies nicht sprunghaft, sondern schleichend. Dennoch handelt es sich um eine Spirale, die kaum mehr aufzuhalten ist und den Erzeugern eine Entwicklung aufzwingt, die umweltgerechte Landwirtschaft gerade verhindern könnte.

Schon heute fehlen Bio-Produkten im Discounter Eigenschaften, die klassischerweise zu einem umweltverträglichen Lebensmittel gehören. Wer dort zum Beispiel einen Apfel aus seiner Region findet, kann sicher sein, eine Rarität in den Händen zu halten: Um die günstigen Preise möglich zu machen, sind die Mindest-Abnahmemengen der Ketten so groß, das nur Großproduzenten sie verlässlich liefern können. Für die aber wäre eine Beschränkung auf regionale Märkte unsinnig.

Schenkt man den Kritikern Gehör, bleiben dem Verbraucher am Ende zwei Möglichkeiten: Entweder er fordert „Bio für alle“ und ist sich bewusst, dass dafür die Standards des Bio-Handels sinken oder er bleibt dabei: Korrekt produziertes Öko-Essen ist nur was für den Mittelstand.

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