Wie wär's mit Rinderfilet "Godesberger Art"?

Kampagnenkritik Sieht so kreativer Wahlkampf aus? Die SPD in Nordrhein-Westfalen will im Netz neue Wähler gewinnen. Die Kampagne soll lustig-selbstironisch sein, ist aber eher zum Weinen

Die SPD hat’s nicht leicht. Selbst in ihrem Stammland NRW ist nichts, wie es einmal war. Einst sozialdemokratische Hochburg, ist mit dem Ende des Malochermilieus die Stammklientel abhanden gekommen und so stellt sich den Genossen die Frage, wo man das scheue Reh, den Wähler, heute am besten ansprechen könnte. Natürlich im Netz, dachte man sich da wohl während einer feucht-fröhlichen Nacht in einem nordrhein-westfälischen Restaurant – und heraus kam etwas, na ja, Innovatives.

Seit Ende Februar lädt das Wahlkampfteam um Spitzenkandidatin Hannelore Kraft ins virtuelle Restaurant – Achtung, Wortspiel! – „Kraftvoll“. Rote Läufer auf den Tischen, rote Westen der Kellner und grüne Schriftzüge an der Wand – was sich Genossen halt unter einem gemütlichen Ambiente vorstellen. Hier sollen die SPD-Kandidaten aus den Wahlkreisen über ihre politischen Ziele plaudern. Die Videos stehen anschließend auf kraftvoll-­online.de für die tägliche Dosis Fremdschämen bereit. Man sieht, wie die ­Gäste aus der parteipolitischen Speisekarte den „Zypries-Salat“ oder das „Schily con Carne“ bestellen, von Pro­blemen in ihrem Wahlkreis berichten und der Kellner verständnisvoll zu Restaurantgeräuschen vom Band nickt.

Grundsätzlich haben wir ja nichts ­gegen kreativen Wahlkampf. Auch möglichst bürgernah zu wirken, ist ­sicher erstrebenswert. Nur, welche Bürger nach Wehner lassen sich mit Gerichten wie Rinderfilet (in Anführungsstrichen!) „Godesberger Art“ oder „Hannelores Kraft-Brühe“ vor Papp­kulissen abspeisen?

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