Meine Expertinnen-Werdung in Sachen "Wir schreiben nicht alle Strickblogs" schreitet fort.
Vorgestern hat Philip Banse die zweite Runde 'Meinungsmacher'-Interviews veröffentlicht, viermal eine Dreiviertelstunde (ca.) Video mit bekannten Bloggern. Wieder alles Männer, was ja der Aufhänger für meine Beschäftigung damit war, warum anscheinend wichtige Blogs in Deutschland nur von Männern geschrieben werden.
In seinem Blog kommentiert er das und das erste Mal kommt die Rückmeldung bei mir an, dass die Fragestellung jenseits der feministischen Grenzen wahrgenommen wurde:
Die zweite Staffel meiner Blogger-Interviews ist seit heute bei dctp.tv online. Diesmal waren wir in Düsseldorf: Mario Sixtus, Udo Vetter, Stefan Laurin/Ruhrbarone, Thomas Knüwer – wieder nur Männer.
Es gab zu diesem Punkt ja einige Klagen. Ehrlich gesagt, ist mir auch erst durch diese Hinweise aufgefallen, dass wir keine einzige Frau auf dem Zettel hatten. Das liegt zum Teil daran, dass wir uns bei der Suche nach Interview-Gästen stumpf an den Deutschen Blogcharts orientiert und aus den vorderen Plätzen interessante Vertreter raus gefischt haben. Warum da keine Frauen vertreten sind? Das ist ein Thema in den Interviews dieser zweiten Staffel.
Ich habe jetzt fast alle durchgehört und fand ein bisschen schade, dass es Thema doch nur in einem der vier Interviews war, und auch nicht soo ausführlich: Im Interview mit Sixtus, etwa Min. 38.
Mehr Mädchenchöre
Dann aber bekam ich den Hinweis, dass das Thema auch im letzten Medienradio eine Rolle gespielt hat. Das will ich Euch nicht vorenthalten, zudem es auch da nicht einfach zu finden ist. Auch die Freitag-Community spielt eine nicht unerhebliche Rolle..
Dies ist ein Ausschnitt - bei der vollständigen Aufnahme kommt das Thema erst ganz am Schluss. Eigentlich ging es um ein ganz anderes Thema.
(Hier würde ich jetzt gern einen anklickbaren Player einfügen, wenn jemand eine Idee hat, wie das bei freitag.de hinzukriegen ist..?)
-> MR017 Medienradio, mp3, 6,7mb
Und dann.. suchte Philip Banse heute neue Interview-PartnerInnen. Und fand zwei Frauen und zwei Männer. Die eine bin ich. Ich fühle mich immer sehr geschmeichelt durch Zuspruch aller Art, aber ich bin ganz sicher keine Alpha-Bloggerin. Ob das durch Zugriffe, LeserInnenzahlen, Verlinkungen oder was auch immer gezählt wird: es gibt deutliche Unterschiede.
Es ist nicht auszuschließen, dass das damit zu tun hat, dass ich so engagiert herumgenörgelt habe und dass es dann also auch um die Frage geht, warum da soviele Männer und sowenige Frauen..
Ehrlich gestanden bin ich weiter ahnungslos. Mir schwant, dass die spannendere Frage nicht die ist, warum Frauen sich irgendwie anders verhalten (also nicht so bloggen wie - manche - Männer), sondern die danach, wie sich 'Wichtigkeit' definiert, wie Aufmerksamkeits-Generierung im Web 2.0 stattfindet und was das dann womöglich für Folgen hat entlang der Geschlechtergrenzen. Die habe ich letztens schon in den Raum gestellt, nicht sehr erfolgreich.
Übrigens, ohne das auch nur annähernd wirklich zu wissen, bin ich ganz sicher, dass die Beteiligung anderer qualifizierter 'Minderheiten' an den Spitzen der Blogosphäre/der Meinungsmacherei genauso grässlich aussieht.
Bitte sehr: wenn Ihr Ideen, Thesen, Texte habt, die die Erforschung des Themas voranbringen, wüsste ich gern davon, damit ich nicht nur belegfreie Thesen in den Raum stelle. Stammtischniveau gab es schon genug.
Es muss doch irgendwelche Leute geben, die sich damit beschäftigen, warum und wie die scheinbar super-demokratische Mitmach-Netzwelt alles 'andere' aussortiert?
Demnächst in diesem Kino.
Kommentare 5
Danke für dies interessante und wie ich finde, wichtige, Thema.
Auch in wissenschaftlichen (!) psychologischen oder soziologischen Studien werden als "Probanden" Otto-NormalverbraucherInnen befragt.
Warum also nicht im Bekanntenkreis oder auch online eine Art Befragung zum Thema "geschlechtsspezifisches Verhalten von BloggerInnen" starten?
LG
Feli
die antwort von banse offenbart ja bereits den fakt, dass man sich darüber nicht mal mehr gedanken macht, sondern sich an irgendwelche charts hält. sie sind also ein wesentlicher bestandteil des aufmerksamkeitsmanagements.
das kannst du dann noch ergänzen durch meine persönliche feststellung, dass ich frauen zwar durchaus lese aber wesentlich weniger verlinke. was wiederum daran liegt, dass ich das oftmals nur gerne lese aber das gelesene weniger diskutiere und somit weniger verlinke.
verlinkung entsteht bei streitbarem wesentlich öfters. nur sagt verlinkung dadurch auch wenig über die qualität des beitrags aus.
was mich widerum zu der schon vor 10 jahren getroffenen feststellung führt, dass je weniger kommentare ein beitrag hat, je besser und zielgenauer er ist. was aber auch wesentlich weniger aufmerksamkeit erzeugt.
und bist du selbst nicht auch das beste beispiel dafür, das sich aufmerksam erst durch aufmerksamkeit generiert? die basisaufmerksamkeit, die man erstmal erreicht hat, verliert man im internet bei stetem senden nur schwerlich.
und schlussendlich: frauen sind zwar oftmals gut vernetzt, va wenn man twitter ranzieht, doch kommts mir so vor als ob die art der vernetzung anders ist. männer neigen zur gegenseitigen beförderung ihrer seilschaften (weil sie ihren gesellschaftlichen status darüber definieren), während frauen es mehr als kommunikatives element ihres lebens/netzwerkes nutzen. das befördernde element kommt erst hinzu, wenn die basis breit genug ist oder es von vorneweg anders ausgelegt war und darüber groß wurde.
mir kommt diese suche nach erkenntnis so vor, als ob es mehr die suche nach einem knall ist, der dann die erkenntnis über uns bringen möge... weil wir die vielen kleinen dinge nicht als antworten sehen mögen, die sie zusammengereiht aber durchaus ergeben.
du hast ja auch noch andere erklärungsansätze bekommen. reih sie aneinander, hau raus was schwachsinn ist.. ergänz es durch eigenen beobachtungen die du im lauf der zeit triffst und da irgendwo ist dann die antwort vergraben. ganz ohne "große einzelne erklärung".
mE will es auf diese weise aber kaum einer probieren (ganz allgemein gedacht und nicht nur auf diese thematik bezogen), da sich daraus eine erkenntnis ergibt, die keinen leichten und allumfassenden weg "zur lösung des problems" bietet.
das thema wird in dem interview mit dir jetzt wohl einen großen platz einnehmen, was ich persönlich bedauere, denn dadurch manifestiert sich das thema frauen doch auch nur wieder als den frauen zugehörig. die paar minuten sixtus änderen daran jedenfalls nichts.
die wahl hatte banse bei der letzten interviewreihe, das ergebnis ist bekannt. und diesmal sind die frauen thematisch auf sich selbst verpflichtet.
so zynisch planend könnte noch nicht mal ich sein.
mfg
mh
zu der netzwerk-these noch ergänzend:
mir ist das letztens durch zufall per www.topsy.com aufgefallen, weswegen ich verschiedenste "schreibende frauen" und ihre links durchschaute.
und nochwas: frauen schreiben weniger über das internet und blogosphäre... also die themen, die das internet am meisten interessiert.
mfg
mh
Schon interessant, die gesamte Diskussion. Mein blog ist halt zu kleine - ansonsten hätte es mich mal interessiert, ob man mich - grade auch wegen meines Nicks - überhaupt als Bloggerin wahrnimmt. Strickanleitungen und Haushaltstips gab es nämlich bei mir auch noch nicht - allerdings, wenn ich MHs Ansicht lese, fehlt bei mir wohl das Internet-Interne. ^^
"Und dann.. suchte Philip Banse heute neue Interview-PartnerInnen. Und fand zwei Frauen und zwei Männer. Die eine bin ich."
Schade, dass sie sich (zunächst ?) für die passive Seite entschieden haben.
"Annalist die Meinungsmacherinnen - eine Interviewreihe" hätte mir besser gefallen.