Texanische Rechte erklärt trans Menschen zu ihren Feinden
Sexuelle Diskriminierung Republikaner:innen aus Texas fahren einen aggressiven Kurs gegen die LGBTQIA+-Community und versuchen mit Gesetzen gegen Transmenschen Politik zu machen
„Texas ist einer der feindseligsten Staaten, was die Rechte von LGBTQ-Menschen angeht. Besonders, was die Rechte von trans Personen betrifft“, so Christian Menefee, texanischer Staatsanwalt. Der in Texas gerade wiedergewählte Gouverneur und Republikaner Greg Abbott ist ebenso wie Generalstaatsanwalt Ken Paxton bekannt für LGBTQ-feindliche Positionen, die sie politisch verankern wollen. Allein in der Legislaturperiode bis 2021 wurden 40 transfeindliche Gesetze eingereicht.
Diese Gesetze wurden nicht verabschiedet – es war jedoch die bisher höchste eingereichte Zahl von Anti-trans-Gesetzen im Land. Corinne Green von der Organisation „Equality Federation“ sieht Texas und Florida als die derzeit gefährlichsten Staaten für trans Personen an:
rsonen an: „In beiden Staaten haben die Gouverneure nationale Ambitionen.“ Ob und wann einer der Wahlsieger Abbott und Ron DeSantis, Gouverneur in Florida, in Donald Trumps Fußstapfen treten könnten, wird viel diskutiert.Ohne GesundheitsversorgungBeide übertreffen sich gegenseitig mit radikalen Vorhaben. So hatte Abbott bereits im Oktober 2021 ein Gesetz verabschiedet, das es trans Kindern und Jugendlichen verbietet, bei Sportwettbewerben teilzunehmen, obwohl dieses Gesetz von Medizinern stark kritisiert wurde. Und Gouverneur Abbott veröffentlichte, unterstützt von Generalstaatsanwalt Paxton, Anfang 2022 eine Anordnung an das Jugendamt: Ab sofort solle dieses gegen Eltern von trans Kindern und Jugendlichen ermitteln, da geschlechtsangleichende Maßnahmen bei Jugendlichen als „Kindesmisshandlung“ einzustufen seien. Die Anordnung war nicht rechtlich bindend – doch das Jugendamt begann trotzdem mit Ermittlungen. Mandy Giles, Gründerin der Selbsthilfeorganisation „Parents of Trans Youth“ und Mutter dreier Kinder, von denen zwei trans sind, beschreibt die psychischen und potenziellen juristischen Folgen dieser Anordnung: „Wir dachten zunächst, uns beträfe es nicht direkt, weil unser Kind jetzt volljährig ist.“ Dann hörte sie von anderen Eltern, dass auch rückwirkend gegen Familien ermittelt werden könne. Die Folgen der transfeindlichen Anordnungen und Gesetze, die die Gesundheitsversorgung von trans Kindern und Jugendlichen kriminalisieren, können tödlich sein. Als Reaktion auf die neuen politischen Entwicklungen versuchte im Juni ein trans Jugendlicher, sich das Leben zu nehmen.Die psychiatrische Einrichtung, in die er eingewiesen wurde, meldete ihn und seine Familie dem Texas Department of Family and Protective Services, der dortigen Jugendhilfe, die mit der Ermittlung wegen Kindesmissbrauchs begannen. Zudem gab die Anordnung das Signal, dass trans Kinder, die diese Form der gesundheitlichen Versorgung erhielten, an das Jugendamt zu melden seien. Durch das generelle Misstrauen gegenüber trans Kindern und ihren Familien könnten nun auch trans Kinder – oder cis Kinder, die optisch nicht ihrem bei der Geburt eingetragenen Geschlecht entsprechen – zur Zielscheibe werden.Für kurze Zeit konnten die Familien von trans Kindern aufatmen, weil ein Bundesrichter die Anordnung von Gouverneur Abbott und Generalstaatsanwalt Paxton blockiert hatte. Der Texas Supreme Court urteilte anschließend, dass die Blockade aufgehoben werden müsse – aber auch, dass der Gouverneur zwar die Leitung des Jugendamts besetzen, diesem gegenüber aber nicht weisungsbefugt sei. „Die Kläger sind in diesem Fall vor Strafverfolgung sicher. Wenn man aber in einem konservativen Verwaltungsbezirk lebt, wo der Staatsanwalt sich dank der Anordnung dazu berufen fühlt, Strafverfolgung einzuleiten, kann das weiterhin passieren“, erklärt der Staatsanwalt Menefee. Fälle wie dieser sind einer der Gründe, weshalb Mandy Giles allen Eltern von trans Kindern und Jugendlichen empfiehlt, der internationalen Dachorganisation PFLAG, kurz für „Parents, Families and Friends of Lesbians and Gays“ beizutreten, die sich auch für die Rechte von trans Personen einsetzt. „PFLAG war einer der Kläger in diesem Fall – das bedeutet, alle Mitglieder sind unter dem Urteil des Texas Supreme Court vor Strafverfolgung sicher.“Mediziner stufen eine mögliche Gesetzgebung, die die nötige Gesundheitsversorgung für trans Kinder und Jugendliche von vornherein verbietet, als hochgradig gefährlich ein. Alle relevanten medizinischen Institutionen der USA wie die American Medical Association haben sich für eine umfassende Gesundheitsversorgung für trans Kinder und Jugendliche ausgesprochen. Schon jetzt würden zahlreiche Familien mit minderjährigen trans Kindern Texas aus Angst vor Strafverfolgung verlassen, erzählt Mandy Giles von der Organisation „Parents of TransYouth“. In Texas wie auch in zahlreichen anderen republikanisch regierten Staaten ist die Gesundheitsversorgung für trans Personen bereits von Medicaid, der staatlichen Krankenversicherung, explizit ausgeschlossen.Derweil warnen diejenigen, die in der religiösen Rechten aufwuchsen, vor der Gewaltbereitschaft der Bewegung. Eine von ihnen ist Jolene Jones (der Freitag 34/2022) – sie ist trans und hat Texas mittlerweile verlassen. „Diese Leute wollen, dass trans Menschen aufhören zu existieren“, so Jones. Warum bleiben viele Mitglieder der LGBTQ-Community trotzdem in Texas? „Die, die können, müssen kämpfen“, sagt Roxanne Werner, Kommunikationsdirektorin von Staatsanwalt Christian Menefee. „Viele Stereotype über Texas stimmen Aber Texas ist so viel mehr als Wüste, Steppenläufer und weiße Männer auf Pferden.“ Tatsächlich wird die texanische Bevölkerung immer diverser – schlechte Nachrichten also für die Republikaner, deren Wählerschaft mehrheitlich weiß ist. Doch nach dem letzten Zensus hatte die republikanische Legislative die Wahlbezirksgrenzen des Staates neu gezogen – nicht zuletzt dieser Taktik verdankt die Partei einige Zwischenwahl-Erfolge.Das Justizministerium hat gegen diese Neuziehung der Wahlbezirke geklagt, da sie Minderheiten benachteiligt, denn diese wählten öfter die Demokraten. Verschärfte Wahlgesetze erschweren die Stimmabgabe für Schwarze und andere ethnische Minderheiten im Staat. Die trans Wählerschaft hat besonders unter den strengen Ausweisgesetzen zu leiden, da trans Personen oft Schwierigkeiten haben, einen Ausweis zu beantragen. Mehr als die Hälfte aller trans Personen in den USA haben deswegen mindestens eine Wahl verpasst, 40 Prozent sind aus Angst vor Diskriminierung und Belästigung bei der Stimmabgabe in der Vergangenheit nicht zu Wahl gegangen.Unterstützung für trans Erwachsene, Kinder und Jugendliche kommt aus der religiösen Linken: Remington Johnson ist trans, Seelsorgerin, Pastorin und setzt sich öffentlich für die Rechte von trans Menschen ein. Ihr an die Demokratische Partei gerichteter Appell ist eindringlich: „Wir verlieren. Wir, die trans Community, werden die nächste Legislaturperiode nicht überstehen, wenn es so weitergeht. Die Community wird irgendwie überleben. Einige werden den Staat verlassen oder tun es schon. Der Preis, den wir zahlen müssen, wird enorm hoch sein.“Placeholder infobox-1Placeholder authorbio-1
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