Nachdenkliche Leichtigkeit

CD-Kritik: Jasmin Tabatabai covert auf ihrem neuen Album "Was sagt man zu den Menschen, wenn man traurig ist?" alte Songs und schafft ein melancholisch-tiefgründiges Jazz-Potpourri

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Jasmin Tabatabai
Jasmin Tabatabai

Foto: Hartenfelser/imago

Jasmin Tabatabai verblüffte vor etwa 15 Jahren mit selbstkomponierten, melancholischen Pop-Perlen wie "Another Sad Song" oder "After You Killed Me", die sie auf "Was sagt man zu den Menschen wenn man traurig ist?" nun mit einer intimen Instrumentalbegleitung und im reduzierten Jazzgewand stimmungsvoll covert. Die deutsch-iranische Schauspielerin (Fremde Haut 2005; Bandits 1997), Sängerin und Autorin erhielt 2012 für Eine Frau den Jazz-ECHO.

Auch auf ihrem zweiten Jazzalbum wird sie vom Schweizer Saxofonist und Arrangeur David Klein begleitet, mit dem sie bei der Tucholsky-Verfilmung Gripsholm (2000) erstmals zusammenarbeite. "Anna Luise" und "Tamerlan", die damals entstandenen lasziv-sinnlichen Filmsongs mit Texten Kurt Tucholskys, wurden nun für die aktuelle Jazz-CD neu arrangiert. Während diese Coversongs sehr an die Originale aus dem Gripsholm-Soundtrack erinnern, sind die auf dem neuen Album enthaltene Jazz-Cover der Bandits-Hits "Catch me" und "Puppet on a string" instrumental deutlich zurückgenommener und auch stimmlich reduzierter.

Mit Georg Kreislers poetischem "Was sagt man zu den Menschen wenn man traurig ist?" eröffnet Tabatabai ihr melancholisch-tiefgründiges Jazz Potpourri. In deutscher, englischer, französischer und persischer Sprache haucht sie ausgewählten Hits vergangener Tage neues Leben ein. Bei Reinhard Meys witzigem "Aller guten Dinge sind drei" über die Herausforderungen mit drei Kindern geht der wandlungsfähige Gesang der dreifachen Mutter Tabatabai beinahe temporeich in Rap über. Kompositorischer Höhepunkt ist jedoch ihr langsames und gefühlvolles Cover von "Wenn ein Mensch lebt" der Ost-Band Puhdy. Weitere Songs, die eine große Intensität entfalten, sind Tabatabais Version des persischen Volkslieds "Gole Sangam", ein intimes Cover von Kurt Weills "Youkali" und eine Interpretation des sehnsuchtsvollen Chansons "Je vole" von Michel Sardou. Bei dem Cole Porter-Cover "Nur das und nicht mehr" haucht Tabatabai leider etwas zu sehr, was Kleins reizvolles Saxophon-Solo wieder wettmacht.

David Klein schafft zusammen mit Matthieu Michel (Trompete), Olaf Polziehn (Piano), Ingmar Heller (Bass), Peter Gall und Hans Dekker (jeweils Drums) einen angenehm unaufgeregten und technisch gut aufeinander abgestimmten Jazz-Sound. Jasmin Tabatabai vermag inmitten dieser intim-entspannten Orchestrierung erneut gesanglich zu schillern, auch mit herzzerreißend leisen Tönen.

Diese CD-Kritik erschien ersmals am 27. Juli hier.

Eingebetteter Medieninhalt

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Ansgar Skoda

Redakteur& Kulturkritiker u.a. bei der "TAZ" & "Kultura Extra" http://about.me/ansgar.skoda Webentwickler und Journalist

Ansgar Skoda

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden