Routinierte Rhythmen, stylische Sounds

CD-Kritik Die Red Hot Chili Peppers klingen auf dem Abum "The Getaway" stilistisch abwechslungsreich. Doch audiophile Höhenflüge fehlen. Sie sind im eleganten Mainstream angekommen

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Anthony Kiedis während eines Auftritts in Südkorea
Anthony Kiedis während eines Auftritts in Südkorea

Foto: Chung Sung-Jun/AFP/Getty Images

Die Red Hot Chili Peppers haben seit ihrem Debüt von vor über 30 Jahren kaum etwas an ihrer Sexiness eingebüßt - präsentieren sich Leadsänger Anthony Kiedis und Bassist Flea im neuen Musikvideo und im Booklet des jüngst erschienen Albums The Getaway doch wie jeher breitbeinig mit gestähltem freiem Oberkörper. Auch die Beats des jüngst erschienen Albums The Getaway der kalifornischen Rockband sind reizvoll und eingängig, seltener jedoch schweißtreibend oder echte ‘Hinhörer‘.

Eingebetteter Medieninhalt

The Getaway ist weniger verspielt und funkig als die Vorgängerplätte I’m with you von 2011, die noch der Altmeister Rick Rubin produzierte. Die vierköpfige Band vertraute erstmals Brian Burton aka DJ Danger Mouse als Musikproduzent. Radioheads Nigel Godrich verantwortet den Mix und die Nachbearbeitung des musikalisch eingespielten Bandsounds. Das elfte Studiowerk der Peppers klingt stilistisch abwechslungsreich, wenn die Arrangements plötzlich unerwartete Tonfolgen, Synthesizer-Spuren, Piano- und Trompetenklänge hervorlocken. Liebhaber des ursprünglichen locker-lässig-erfrischenden Peppers-Sounds könnten sich mit dem neuen und gediegeneren Werk jedoch schwertun.

Die stimmlichen Facetten Anthony Kiedis, der auf I’m with you bei "Goodbye Hooray" noch lasziv grölen durfte, scheinen auf den meisten The Getaway-Tracks glatter, zurückgenommener und gefälliger, wenn die Songs beispielsweise regelmäßig in wohlig melodiöse und nicht – wie einst - euphorisch knallige Refrains münden. Immer wieder unterstützt dezenter Backgroundgesang die Leading Vocals. Hierdurch entsteht eine leichte Spannung, doch der Backgroundchor setzt keine neuen Akzente, sondern unterstreicht vielmehr Kiedis Gesang. Mehr Experimentierfreude wäre hier interessanter gewesen.

Eröffnet wird das Album entspannt monoton mit "The Getaway", angetrieben von Kiedis melancholisch wohlnuanciertem Rap-Gesang. Auf den ersten Track folgt der vielleicht stärkste Song der Platte, die elegante erste Single "Dark Necessities". Das gitarrenlastig rockende und mehrfach das Tempo wechselnde "This Ticonderoga" zündet später als weiterer starker Song der Platte. Sanfte Balladen wie "Encore" ermüden hingegen etwas in ihrer kompositorischen Gleichförmigkeit. Fleas Basslinien lassen immer wieder aufhorchen. Inhaltlich verarbeitet die Band des Öfteren eigene Erfahrungen der Midlife Crisis, wenn der mehr als doppelt so alte Kiedis auf seine Trennung von Supermodel Helena Vestergaard vor etwa einem Jahr zurückblickt. Insgesamt fehlt es an ausgefeilten Hymnen und Überhits wie "Otherside" (2000) oder "Under the bridge" (1991).

Vor dem Sound flüchten, wie der Albumtitel "The Getaway" - dt.: die Flucht – suggerieren könnte, müssen wir jedoch nicht. Denn das lässig-unaufgeregte und mit überraschend harmonischen Melodiebögen aufwartende Album verbreitet gute Laune und lässt sich prima nebenbei hören – ob beim Autofahren, im Fitnessstudio oder im Supermarkt. Teilweise sind die Songs, wie das mit ihren Tieren vorbeischreitende Mädchen auf dem Cover, auch einfach nur niedlich. So haucht Kiedis in „Sick Love“ - von Elton John am Piano begleitet - treffend hingebungsvoll: "I don’t know but it’s been said/ Your heart is stronger than your head/ And this location is my home".

Diese CD-Kritik erschien erstmals am 8.9.2016 auf Campus Web.

Konzerttermine in Deutschland:

1.11. München, Olympiahalle

3.11. Berlin, Mercedes-Benz Arena

14.11. Köln, Lanxess Arena

17.11. Hannover, TUI Arena

19.11. Frankfurt, Festhalle

Website der Red Hot Chili Peppers

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Ansgar Skoda

Redakteur& Kulturkritiker u.a. bei der "TAZ" & "Kultura Extra" http://about.me/ansgar.skoda Webentwickler und Journalist

Ansgar Skoda

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden