Suche nach dem gelobten Land

CD-Kritik: Anoushka Shankars neues Album "Land of gold" vereint traditionelle Sitarklänge mit modernen Elementen wie rhythmischen Sprechgesang und gibt Raum für Fernweh

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Anoushka Shankar 2008
Anoushka Shankar 2008

Foto: Shaun Curry/AFP/Getty Images

Anoushka Shankars Land of gold schöpft aus einem eindrücklichen und facettenreichen Klangspektrum fremdländisch klingender Instrumente. Die indische Sitar-Spielerin und –komponistin versteht ihr Album als eine Botschaft der Hoffnung in dunklen Zeiten - im Sinne einer Suche nach dem gelobten Land. Ihr neuntes Studioalbum entstand in Reaktion auf die Traumata von Flüchtlingen und Kriegsopfern. Musikalisch kombiniert Shankar wie in den Vorgängeralben traditionelle Sitar-Klänge mit modernen Elementen.

Musik liegt in ihrer Familie. Die 35-jährige Künstlerin ist Tochter des 2012 verstorbenen berühmten Sitar-Virtosen Ravi Shankar, mit dem sie in den 2000ern oft zusammen auftrat. Die bekannte Popsängerin Norah Jones ist ihre Halbschwester. Auf ihrem aktuellen Album Land of gold wird Anoushka von Sanjeev Shankar, einem Schüler ihres Vaters, an der Shenhai begleitet. Dabei handelt es sich um ein indisches Doppelrohblattinstrument.

Anders als bei früheren Alben, bei denen Anoushka selbst oder auch Norah Jones (u.a. "Easy" in Breathing under water, 2007) ihre Vocals beisteuerten, setzt auf der aktuellen Platte Rapperin und Beat-Spezialistin M.I.A. mit rhythmischen Sprechgesang bei "Jump in (Cross the line)" effektvoll Akzente. Beim Titeltrack gibt zudem die deutsch-türkische Sängerin und Songschreiberin Alev Lenz einen eher zurückhaltenden gesanglichen Gastauftritt, der erst gegen Ende lauter wird. Lenz‘ Stimme und die Sitarklänge Shankars treten in einen harmonischen Dialog, der nach rhythmisch eingängigem Refrain dezent ausklingt.

Herzstück des Albums scheint jedoch ein von Schauspielerin Vanessa Redgrave leise und akzentuiert gesprochenes, leidenschaftliches Gedicht von Pavana Reddy zu sein: In "Remain the sea" formiert sich um die ausdrucksstarken gesprochenen Worte eine dramatische Klangkulisse mitsamt traditioneller Gesänge des Corzano e Paterno Chors. Instrumental wird Shankar vom Hang-Virtuosen Manu Delago begleitet, der zugleich Mitautor vieler der Songs des Albums ist. Auch erwähnenswert: Flamenco-Tänzer Kram Khan und den Klang seiner Füße hält Shankar als perkussives Instrument fest.

In ihrem achten Studio-Longplayer wartet Anoushka Shankar mit zehn eingängigen, selbstkomponierten und mit ihrem Ehemann Joe Wright (Regisseur von Filmen wie Abbitte und Stolz und Vorurteil) selbstproduzierten Songs auf. Die eher unaufdringlichen, rhythmisch-harmonischen Klanglandschaften voller fremdländisch klingender Akzente, feiner Nuancen und Stimmungen sind eine willkommene Hintergrundmusik - zum nebenbei hören, zum Einläuten des Sommers oder zum Nachhorchen im eigenen Fernweh.

Diese CD-Kritik erschien erstmals am 27.7.16 auf Campus Web.

Eingebetteter Medieninhalt

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Ansgar Skoda

Redakteur& Kulturkritiker u.a. bei der "TAZ" & "Kultura Extra" http://about.me/ansgar.skoda Webentwickler und Journalist

Ansgar Skoda

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden