Ballermann ist überall

Schuldenkrise Ein geografisch-gesellschaftliche Untersuchung über den Wert und die Sinnfreiheit unseres Paradieses und den Medien.

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Ich wundere mich manchmal, wie oder was diese Welt noch zusammenhält. Da werden Ressourcen in einer Größenordnung verballert, dass man sich blöd vorkommt, weil man sich schon bei der Notation unsicher ist, wie viele rote Nullen man aneinanderreihen muss um das europäische monetäre Ungleichgewicht darzustellen.

Im Gegensatz dazu will mir die Debatte um die 5 Euro Zulage für Hartz IV Empfänger vor Jahren nicht von meiner Hirnrinde abfallen. Dabei finde ich es nicht einmal richtig, Menschen von ihrer Verantwortung zu befreien, indem man ihnen Almosen zuschiebt, um sie vom Alltagsgeschäft der Gesellschaft zu entsorgen. Aber an dieser Stelle über ein paar Euro zu feilschen und in Brüssel 8-10stellige Beträge einfach so zum Klo runter zu spülen, erscheint mir surreal, Dada, oder Ballermann, nur auf einem niedrigeren Niveau.

Aber wir leben nun mal in einer Welt der bunten Kontraste. Hier die Tafel für Arme, dort ein paar Milliarden für Banken, deren Manager erfolgreicher gewesen wären, wenn sie die ganze Zeit über im indischen GOA gekifft hätten, anstatt von Sitzung zu Sitzung zu rennen, um irgendeinen Schwachsinn zu diskutieren. Aber seien wir nicht kleinlich.

So soll es aber sein, meint der Volksmund, nach den neuesten Umfragen zur Folge. Das Ansehen der Kanzlerin steigt wieder, nachdem die Koalition uns im Grunde in nur wenigen Monaten in absurder Weise vorgeführt hat. Aber wir Deutsche mögen auch, wenn sich Jürgen Drews im Königskostüm in der Disco zeigt, sein Zepter schwingt, und in sein Kornfeld bittet.

Schon Wittgenstein wusste, dass man als Einzelner das Treiben des Volkes nicht überbewerten sollte. Der Irrsinn gehört zum menschlichen Wesen, wie der Hängebauch zum Ferkel. Aber, dass trotz des ganzen Irrsinns sich diese Welt noch dreht, ist für mich das Wunder schlechthin.

Betrachten wir Deutschland, oder gar das ganze Europa, so stellen wir fest, dass es den Menschen in den Ländern gut geht. Sicher gibt es Ausnahmen, aber im Großen und Ganzen passt es. Was wiederum bedeutet, dass ich mich völlig zu Unrecht aufrege.

Alles was passiert ist richtig, sagen einige Schriften aus fernen Religionen und somit steckt wahrscheinlich auch hinter Ballermann ein tieferer Sinn. Ebenso ist denkbar, dass Nietzsche in der Tiefe seines Wesens ein Optimist war. Nur blieb er eben unverstanden, wie der König von Mallorca.

Je mehr ich darüber nachdenke, desto willkommener ist mir die Vorstellung mit Wolfgang Schäuble zehn Minuten in der Sauna zu verbringen. Von einem Spitzbuben kann man sicher viel lernen und vielleicht gesellt sich auch Jürgen und Angie hinzu. „Manno“, endlich sind wir unter uns.

Ich stelle mir ein Treffen auf neutralem Boden vor, also in der Schweiz, wo Jürgen Drews heuer seinen Mantel ausbreitet. In Laax konnte man einst schönen Ski Urlaub ohne den Pöbel machen. Dies hat sich insofern geändert, dass das gemeine Volk heutzutage überall präsent ist. Die Schweiz ist kein Zufluchtsort mehr für Steuersünder, korrupte Politiker, alternde Künstler oder Menschen wie mich, sondern offen für Jedermann (dies ist kein Hinweis auf Veronica Ferres).

Es ist, wie es ist. Das nächste Treffen erfolgt dann wieder in Telgte, mit Goethe, Grass und Charlotte Roche. Alternativ könnten wir noch ein Meeting am Hindukusch arrangieren, sofern die Taliban sich von ihren Jungfrauen für einige Stunden freimachen können.

Das kommt daher, weil Du nicht genug Wasser trinkst, meint meine Frau immer, wenn mir der konstruktive Gaul durchgeht. Dieses Wissen hat sie von Grönemeyer, nicht dem Alkoholiker, sondern dem Anderen, dem Gesunden (noch so ein Kontrast).

Nach einigen Schluck Münchner Leitungswasser geht es dann tatsächlich wieder besser. Ich spüre, wie die Normalität wieder einkehrt und bei dem Gedanken acht-, zehn- oder meinetwegen auch zwanzigstellige Beträge nach Brüssel zu überweisen bekomme ich nicht sofort Magenkrämpfe sondern verspüre einen Anflug von Verantwortungsgefühl.

Als das Wasser meine Blutbahnen erhellt und zusätzlich meine Zellen beflügelt ereilt mich die Ahnung, dass ich im Paradies lebe. Nur, von den Medien sollte ich mich gelegentlich distanzieren. Stattdessen Jürgen Drews in Laax, am Ballermann oder Hindukusch; Hauptsache Italien.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Antonymus

Life is what happens to you while you are busy making other plans - John Lennon

Antonymus

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