Das Ende von PEGIDA - Erkenntnisse & Aufgaben

PEGIDA PEGIDA steht vor dem Aus, doch können wir zum Alltag übergehen? Nein, wir müssen Lehren und Erkenntnisse daraus ziehen. Welche? Damit befasst sich dieser Text!

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Die große PEGIDA-Show ist vorbei. Während sich vor wenigen Wochen noch zehntausende Menschen auf die Straße begaben, wenn das “Führungsteam” um Bachmann & Oertel zum Protest aufrief, kamen in dieser Woche, nach etlichen Streitigkeiten und der Rückkehr von Bachmann, lediglich 2000 Menschen zur PEGIDA-Kundgebung. So wenige, wie lange nicht. Auch Katrin Oertels neue “Bewegung” (Direkte Demokratie für Europa) startete mit wenig Schwung. Nur 500 Menschen kamen am Sonntag zu ihrer Kundgebung. Da nach einer halben Stunde bereits wieder Schluss war, schienen sich selbst diese Teilnehmer nur begrenzt für die Worte von Oertel zu interessieren. Bürgerbewegungen sehen anders aus. PEGIDA scheint am Ende seiner Kräfte zu sein.

Doch sollten wir uns, bei aller Freude über den Zerfall dieser rechten Bewegung, nicht dem alt bekannten Alltag hingeben. Wer glaubt, PEGIDA hätte keine Spuren in unserer Gesellschaft hinterlassen, liegt weit daneben. Die Demonstrationen der selbsternannten Patrioten haben allen Menschen in diesem Land offenbart, wie tief Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in unserer Gesellschaft verankert sind. Sie haben Gewalt entfacht und mehr und mehr Menschen dazu ermutigt, ihrem Hass freien Lauf zu lassen. Sie haben Menschen radikalisiert und den Radikalen immer größeres Selbstvertrauen verschafft.

Steigende Zahlen bei rechten Straftaten

Deutlich macht dies besonders die Zahl der Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte und ihre Bewohner. Im letzten Quartal 2014 gab es 67 Fälle dieser Art; mehr als im gesamten Jahr 2013. Im Gesamtjahresvergleich von 2014 & 2013 hat sich die Anzahl dieser Straftaten gar verdreifacht. Nicht selten hatten die Täter Waffen oder Brandsätze dabei. Auch die Gesamtzahl der Straftaten nahm zum Jahresende zu. Auffällig bei der Betrachtung der monatlichen Zahlen ist, dass im Vorfeld der Europawahl ebenfalls steigende Zahlen erkennbar sind. Bereits dort, noch Monate vor PEGIDA, sorgten CSU und AfD für ein fremdenfeindliches Klima und ermunterten so Rechtsextremisten und Neonazis zu immer neuen Taten. Wer diesen Zusammenhang nicht erkennen will, der verschließt sich der Realität gesellschaftlicher Prozesse.

Herausforderung für Gesellschaft...

Aus diesen Gründen ist es auch jetzt noch wichtig, gegen PEGIDA auf die Straße zu gehen, sich den Rechtsextremisten und Rassisten in den Weg zu stellen und für ein weltoffenes Deutschland einzutreten. Dafür zu sorgen, dass rechte Strippenzieher wie Bachmann nicht nochmals zehntausende Menschen zum Protest bewegen können. Rechten sowie rechtspopulistischen Parteien und Organisationen muss deutlich gemacht werden, dass hetzerische Parolen nicht toleriert werden und sie auf breiten, gesellschaftlichen und demokratischen Widerstand stoßen. Setzen wir dort an, wo wir aktuell stehen. Die PEGIDA-Demos haben uns nämlich auch gezeigt, dass sich die Mehrheit der Menschen eben nicht von den Phrasen und Parolen der Rechten fangen lässt, sondern die demokratischen Werte schätzt und schützt. Auch dies muss einmal deutlich gesagt werden.

...Politik...

Die Politik darf ebenso wenig wie die übrige Gesellschaft zum normalen Programm übergehen. Ein “Weiter so” auf politischer Ebene wäre nicht weniger gefährlich als es auf gesellschaftlicher Ebene wäre. Neben den fremdenfeindlichen Inhalten war eine der tragenden Säulen eine massive Politikverdrossenheit, die sich ebenso wenig wie die Parolen auflöst, nur weil die Demonstrationen kleiner werden oder ganz ausbleiben. Will die Politik zukünftig also solche demokratiefeindlichen Versammlungen verhindern, muss sie reagieren. Nicht, in dem sie auf die Inhalte und Forderungen von PEGIDA eingeht. Dies wäre die Wiederholung des Fehlers aus den 90er Jahren, als die CDU gemeinsam mit FDP und SPD das Asylrecht verschärfte und damit die hasserfüllten Parolen der wütenden Rechtsextremisten politisch vollendeten. Die Antwort der Politik muss eine gelebte Demokratie sein. Sie muss zeigen, dass Politik in der modernen globalisierten Welt auch bürgernah, offen, demokratisch und freiheitlich sein kann. Die Grundbedürfnisse der Menschen müssen in den Vordergrund rücken. Sind diese befriedigt, ist der Nährboden für rechte Parolen geringer.

...und Medien!

Gleichzeitig muss sich die CDU / CSU deutlich von der AfD und ihren Inhalten abgrenzen. Spielen die Konservativen mit populistischen Parolen, werden diese salonfähig und zugänglicher für die wirkliche Mitte der Gesellschaft. Die Medien spielen gerade hierbei eine nicht weniger bedeutsame Rolle. Mit Titelblättern, die den Islam mit dramatischen Bildern und Worten zur Gefahr werden lassen, tragen vor allem einige große Magazine immer wieder zur Spaltung der Gesellschaft sowie der Ausbreitung von Vorurteilen und unreflektierten Meinungen bei. Gleichzeitig zerstören sie mit Aussagen wie “Mekka Deutschland – Die stille Islamisierung” oder “Die Multi-Kulti-Lüge” mit jedem gedruckten Exemplar ein weiteres Stück Arbeit von zahlreichen ehrenamtlich engagierten Menschen in Deutschland.

Lernen, statt “Weiter so”

Ein reines “Weiter so” steht daher nicht zur Debatte. Es wäre ein Irrweg, der uns in einen gefährlichen Kreislauf führt. Das Beste, was wir mit dem Phänomen PEGIDA tun können, ist, daraus zu lernen. Ohne Schuldzuweisungen, die die eigene Verantwortung abgeben. Hierbei hat jeder seine Aufgaben zu erledigen; im Großen, wie im Kleinen. Erfüllen wir sie, werden wir den Weg in eine Gesellschaft, die unseren Vorstellungen entspricht, finden. Lernen wir nichts aus den Protesten von PEGIDA, werden wir in 10 Jahren vor den gleichen Problemen stehen. Wir haben die Wahl; sucht´s euch aus!

Ältere Texte zu PEGIDA findet ihr hier!

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Bildquellen: Foto 1 (Caruso Pinguin – 01.12.2014 PEGIDA und Gegendemo Rassismus Demaskieren in Dresden – CC BY-NC 2.0) / Fotos 2 (Marco Fieber – Rostock – CC BY-NC-ND 2.0)

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