Warum bloss Jamaika ?

Demokratie Warum muss es unbedingt eine sogenannte stabile Mehrheitsregierung geben ? Und warum unbedingt Jamaika ? Dies muss nicht sein, es wäre dem Fortschritt abträglich

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Am besten wäre es, würde man Jamaika eine schöne Insel sein lassen
Am besten wäre es, würde man Jamaika eine schöne Insel sein lassen

Foto: Odd Andersen/AFP/Getty Images

Schon nach kurzer Zeit kommt, was kommen musste: Nach der konsequenten Absage der SPD an eine sog. große Koalition stecken die Verhandlungen der vier Parteien, die zur Bildung einer Mehrheitsregierung sich mehr oder weniger verständigen wollen, in großen Schwierigkeiten. Es zeigt sich, dass da etwas zusammenfinden soll, was wohl nicht wirklich zusammengehört, jedenfalls nicht, wenn sich einer der vier Pole nicht in höchstem Maße verschieben soll. Mit dem nicht sonderlich überraschenden Aspekt des Wahlergebnisses konfrontiert, dass nun mehr als zwei Parteien für eine Regierungsmehrheit nötig sind, kommt wohl niemand so recht klar. Eine über viele Jahre die Regierung dominierende Abonnementbeteiligte, eine um ihren Bundeseinfluss fürchtende in lediglich einem Land wählbare Partei, eine ihrem Superstar ergebene den Neoliberalismus als Monstranz vor sich her tragende Vereinigung und eine ihren linken Gründungsimpetus teilweise vergessende verbürgerlichte Partei. Wie soll daraus eine stabile Regierung werden ? Am besten ist in diesem Fall, dass man Jamaika eine schöne Insel sein lässt und sich den drängenden Problemen unserer Zeit stellt, anstatt wertvolle Wochen damit verbringt, nach irgendwelchen Minimalkompromissen zu suchen, deren vorprogrammierte Folge die Preisgabe politischen Gestaltungsspielraums ist. Wie wäre es denn mit einer Minderheitsregierung ? Unser Grundgesetz schreibt nicht vor, dass unbedingt eine Koalition zu bilden ist und die Ministerien unbedingt im Parteienproporz mit Parteimitgliedern zu besetzen sind. Zudem sind in den Staaten mit entsprechenden Erfahrungen (Dänemark, Schweden u.a.) nicht der Staatsnotstand oder andere dramatische Ereignisse ausgebrochen.Diese Alternative kann sich durchaus als besserer Weg erweisen gegenüber einem zu erwatenden Krampf und Gewürge nach schwarz-gelb-grüner Art. Außerdem könnte man so dazu kommen, in wichtigen Sachfragen die Agitation der leider im Parlament vertretenen nationalistischen Rattenfänger und Demokratiefeinde, die sich auch noch als Alternative darstellen, ins Leere laufen zu lassen. Vor allem darf es nicht dazu kommen, dass eines der drängendsten Hauptthemen durch politischen Stillstand im Sinne des ungehemmten Profitstrebens des kapitalistischen Weltsystems gegen die Interessen der den Reichtum Produzierenden entschieden wird: Der Wandel der Arbeitswelt und damit des Sozialstaates als Hauptbasis des Lebens der meisten Menschen. Hier droht der Staat - anstatt seine Regulationsmöglichkeiten zu nutzen - zum Instrument der mächtiger werdenden Klasse des Kapitals zu werden, indem er sie einfach nicht wieder zu korrigierende Fakten schaffen lässt. Es ist die dringendste politische und gesellschaftliche Aufgabe der Linken, sich endlich zusammenzuraufen und Gegenmacht aufzubauen, anstatt sich in unnötigen Auseinandersetzungen selbst zu schwächen; es ist ja nicht so, dass die Historie uns hierfür kein Anschauungsmaterial liefern würde,

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden