Geistiger Verfall im Alter: Die Zeit zerstört alles

Sterbedrama Skandalregisseur Gaspar Noé interessiert sich seit Beginn seiner Karriere für den extremen Kontrollverlust. In „Vortex“ widmet er sich ihm erstmals in einer ganz alltäglichen Form: dem geistigen Verfall im Alter
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 17/2022

Ist das Leben nicht wie ein Traum?“, fragt eine adrett zurechtgemachte alte Dame (Françoise Lebrun) ihren Gatten (Giallo-Regisseur Dario Argento). Umgeben von einem Blütenmeer, bei Wein und Häppchen auf dem pittoresken heimischen Balkon sitzend, sind ihre Worte mehr Ausdruck wohliger Zufriedenheit, als dass sie tatsächlich nach einer Antwort verlangen würden. Ihr Mann gibt sie ihr trotzdem. „Ja, das Leben ist ein Traum in einem Traum“, erwidert er und blickt dabei nachdenklich in den Himmel.

Es wird der letzte glückliche Moment des etwa achtzigjährigen Paares bleiben, der in Vortex zu sehen sein wird. Und genau genommen ist bereits dieser vergiftet: Die Replik des Ehemanns, die zunächst schlicht nach einer schöngeistigen Floskel