Die ganz große Koalition und ein grüner Hauch

Energienetze In Hamburg ist das Volk aufgerufen, am Tag der Bundestagswahl auch darüber zu entscheiden, ob die Energienetze wieder Hamburgisch werden

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Das Hamburger Rathaus
Das Hamburger Rathaus

Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP/Getty Images

und die Stadt diese von Vattenfall und E-ON Hanse zurückerwerben werden.

Dagegen: Handelskammer, Industrieverband, Steuerzahlerbund, Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, der Bundesverbande Freier Immobilien und Wohnungsunternehmen , der Grundeigentümerverband Hamburg, die Handwerkskammer, der Hanseatische Ingenieurs Club, Nordmetall Verband der Metall und Elektroindustrie, der Unternehmensverband Hafen Hamburg, die Vereinigung der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein, der AGA Norddeutscher Unternehmensverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung sowie die Parteien: SPD, CDU und FDP.

Dafür: Robin Wood, BUND, Diakonie, Attac, Verbraucherzentrale Hamburg und diverse Bürgerinitiativen sowie die Bürgerschaftsparteien: Die Linke und Die Grünen.

Die Fronten sind also klar. Die Wirtschaft und ihre Subsysteme wollen, dass alles bleibt, wie es ist und die tendenziell eher wirtschaftskritischen Kräfte eben nicht. Die Wirtschaft und ihre Freunde sehen überhaupt nicht ein, dass der Staat sich in Geschäfte drängt, die aufgrund der Monopolstruktur gar nicht schief gehen können. Um den Frontverlauf ein wenig verwirrend zu machen, hat sich Hamburg mit 25,1 % an den von Vattenfall und E.on betriebenen Netz-Gesellschaften beteiligt. Dies dient aber nur der Steigerung der Erfolgsaussichten der Neinsager und soll dafür sorgen, dass die restlichen 74,9 % in privater Hand bleiben und deren Profite mehren. Zwar reguliert die Bundesnetzagentur die Preise, aber damit sorgt sie zugleich für garantierte Renditen, denn die Auskömmlichkeit plus einem weit über den Finanzierungszins liegenden Aufschlag muss garantiert sein.

So findet man es in den Wirtschaftskreisen zwar richtig,

  • dass Hamburg sich damals an Beiersdorf mit 10 % beteiligte, um der Familie Hertz (via Maxingvest u.a. Tschibo, Blume 2000, Libri) die Übernahme (mehr als 50 %) von Beiersdorf zu sichern (Anfang 2007 stieg Hamburg wieder aus),
  • dass der Hamburger Senat gerade erst wieder bei HAPAG Lloyd seinen Anteil erhöht hat und nun der größte Anteilseigner dieser Reederei ist
  • und die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein neben ihren Anteilen mit 10 Mrd. Euro die HSH-Nordbank absichern.

Das muss sein, denn das Risiko wollen und wollten Private nicht tragen, aber freien Unternehmern die Geschäfte wegnehmen, dass geht zu weit und ist ordnungspolitisch höchst bedenklich.

Findet Olaf Scholz auch. Er und die Hamburger SPD wollen alles nur keinen Ärger mit der Handelskammer, die sehr symbolträchtig hinter dem Rathaus und damit dem Senat im Nacken liegt.

Um von Anfang an klar zu machen, dass die SPD nur wirtschaftsfreundliche Absichten hegt, hat Olaf Scholz Frank Horch in seinen Senat geholt. Dieser war zuvor Chef auf der anderen Seite des Rathauses als Präses der Handelskammer. Noch kurz vor der Reaktorkatastrophe in Fukushima sprach sich der Präses und Wirtschaftssenator in spe für eine Laufzeitenverlängerung der deutschen Atomkraftwerke aus. Außerdem holte Scholz auch den Hamburger Großreeder Erk Rickmers in seine Bürgerschaftsfraktion, die dieser aber nachdem Hamburg seinen Anteil auf 39,6 % bei Hapag Lloyd erhöht hatte und klar war, dass der Rettungsschirm der HSH-Nordbank erneut um drei Mrd. auf 10 Mrd. erhöht werden muss, letztes Jahr wieder verließ. Auftrag erfüllt, sozusagen. Bis zu seinem Ausscheiden war Rickmers Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses der Hamburgischen Bürgerschaft.

Ein wenig grün wäre schon schön

Offenbar war man in Wirtschaftskreisen aber ein wenig beunruhigt, dass dem Neinsager Bündnis jeder Hauch von Umweltkompetenz abgeht. Und so erinnerte man sich bei Vattenfall einer Großspende in Höhe von 2,3 Mio. Euro an die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Der Rest war dann schnell erledigt. Die Schutzgemeinschaft, Eile war geboten, trat dem Rückkauf-Verhinderungs-Bündnis ohne Konsultation der zuständigen Gremien heute als 13. Mitglied bei.

Der Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft ist übrigens Rüdiger Kruse, zugleich für die CDU Abgeordneter des Deutschen Bundestages und die CDU hatte sich ja bereits deutlich gegen den Rückerwerb der Netze ausgesprochen.

Da der Ausgang der Befragung Spitz auf Knopf steht, kann ein wenig Waldgrün am Wirtschafts, - Gewerkschafts und Parteien-Grau durchaus stimmenentscheidend sein. Ein Schelm wer Böses dabei denkt.

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