Die Helfer der AfD

Landtagswahlen im Osten Die AfD schreitet munter voran. Am meisten helfen ihr ihre Gegner*innen, die die AfD ins Zentrum der politischen Differenz rücken.

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'Ich freu mich unheimlich für die sozialdemokratische Partei: Wir können Wahlen gewinnen, das ist doch die Botschaft, die von heute ausgeht, und darum muss es auch in den nächsten Jahren immer wieder gehen’, sagte Vizekanzler Olaf Scholz (SPD)“ (Handelsblatt, 02.09.2019).

Die 7,7 Prozent in Sachsen für die SPD sind nicht gemeint, Scholz freut sich über 26,2 Prozent in Brandenburg. Das sei ihm gegönnt, doch der Preis für diesen „Wahlsieg“ ist hoch. Wie in Sachsen auch, wurde die relative Stabilität dadurch gesichert, dass die AfD ins Zentrum des Kampfes um Stimmen geraten ist. Die oder wir. Freiheit oder AfD.

Damit ist es gelungen, den Aufstieg der AfD zur stärksten politischen Kraft zu verlangsamen. Der Preis dafür ist ein Block aus CDUGrüneLinkeSPD, der gemeinsam die Wahl gewann. Die Linke hat dafür schon bezahlt, weil sie durch diese Art der Polarisierung unsichtbar wurde. Das Ganze noch flankiert durch eine Parteiführung, die versucht ökologischer, urbaner, hipper und weltoffener als die Grünen daher zu kommen.
CDU und SPD durften die Folgen jeweils in den Ländern zu spüren bekommen, die nicht ihre tradierten Hochburgen sind und die Grünen haben weit weniger gewonnen, als es ohne diese Polarisierung möglich gewesen wäre.

Man könnte behaupten, dass die Tabuisierungsstrategie gegen die AfD, im Erfolg zugleich ihre Erfinder*innen frisst. Das macht sie aber nicht schnell, sondern beständig.
Die AfD kann sich so bestätigt fühlen und sie weiß ja auch, dass sie nicht von klugen Strategien lebt, sondern von einer viel beständigeren Konstanten: der Dummheit der anderen.

Denen, die von sich sagen wir sind mehr und die in der Betrachtung der Wahlergebnisse herausstreichen, dass mehr als 70 Prozent die AfD nicht gewählt haben und damit immer wieder die AfD zum Nabel der Welt machen.

Die AfD, die in Teilen totalitären Politikvorstellungen gegenüber nicht abgeneigt sein dürfe, obliegt es dann darauf zu verweisen, dass Politik von Pluralität und Kontroverse lebt. Sie macht sich richtig gehend einen Spaß daraus, die hilflosen Reflexe der Negativkoalition aus den sog. demokratischen Parteien, als totalitäre Ausgrenzung zu besprechen, die die AfD stellvertretend für die von ihnen repräsentierten Wähler*innen erleidet.

Kein Wunder, dass die AfD das geniesst, denn es erspart ihr die Mühe der Ebene, die ansonsten in programmatischer, inhaltlicher Arbeit und deren Überführung in politisches Handwerk bestünde.

Nun sind die anderen Parteien ja nicht einfach nur blöd. Sehr bewußt wird diese Strategie zur Anwendung gebracht, weil der Ausstieg aus ihr zu einer Gefahr geworden ist und zumindest die SPD darauf wartet, dass sich endlich die inhaltliche Nähe der CDU zur AfD in kooperatives Handeln auf Landesebene ausdrücken wird. In Sachsen dürften die Chancen dafür einerseits groß sein, andererseits war die CDU ja gerade mit einem Kandidaten erfolgreich, der für solche Experimente nicht zur Verfügen stehen dürfte. Auch deswegen nicht, weil er sich das Landesergebnis aus seiner ureigensten Strategie der Polarisierung gegenüber der AfD zu erklären wissen wird.

Da die CDU die stärkste der Parteien in dieser Negativkoalition ist - in Brandenburg nicht -, wird sie von ihr auch weiterhin am Meisten von ihr profitieren und deswegen weiterhin jedes Bündnis mit der AfD generell ausschließen. Das hindert sie aber gleichwohl nicht, sich bisweilen substantiiert mit ihr auseinanderzusetzen, wie dies beispielsweise Phillip Amtor im Bundestag getan hat, während die SPD es vorzieht sich eher a la Johannes Kars mit der AfD zu duellieren, also in der Münze herauszugeben, mit der Teile der AfD politische Rechnungen bezahlt.

Insgesamt aber muss man leider feststellen, dass der AfD ausgewichen wird, indem man sie in der Regel als Karikatur ihrer selbst bespricht, statt sich mit ihr auseinander zu setzen. Letzteres gilt insbesondere innerhalb des linken Teils der Negativkoalition gegen die AfD, als essentieller Teil des Haltungzeigens gegen rechts.

Mit Rechten redet man halt nicht. Wohin das führt haben wir gestern gesehen. Mittlerweile darf die AfD in Sachsen und Brandenburg ein Viertel der Bevölkerung repräsentieren und dabei insbesondere in Brandenburg Denkzettelwähler*innen.

Eine Strategie, die sich die Rückabwicklung der Kampagne von ehedem wünscht, als man die Nichtwähler*innen aufforderte: „Wählen gehen“, kann eben nicht funktionieren.
Demokratie ist halt hart und bisweilen dreckig, aber noch das, was die Mehrheit will.

Machen die Parteien weiter auf dem bisherigen Weg, dann wird der Anteil derer die Demokratie wollen beständig abnehmen und diejenigen, die sich unter Demokratie vorstellen, dass dort nur richtige Meinungen Geltung beanspruchen dürfen, wird zunehmen. Am Ende und wenn es richtig schlimm kommen sollte, vereinigen sich diese beiden Positionen. Politisch korrekt ist dann, was nicht erfolgreich genug tabuisiert werden konnte.

Das ist das riesige Problem politischer Korrektheit und der Idee, dass Feinde der Freiheit keine Freiheit beanspruchen können: statt Lust auf Streit und Debatte, lehrt man die Idee, dass richtig und falsch schon feststünden und dass es Meinungen unabhängig von strafrechtlicher Relevanz - gibt, die man nicht zulassen darf.

Das ist falsch. Es gibt Meinungen, gegen die man sich aus guten Gründen stellen muss, aber vor allem muss man das mit Argumenten tun. Demokratie ist ein Wettstreit der Ideen und man ist es den Menschen schuldig, dass man argumentiert und sich dieser Aufgabe nicht mit dem Hinweis auf Moral und Anstand entzieht.

Beide gebieten es, dass argumentiert wird. Das gilt für die AfD genauso, wie für Theorien zum Thema Klimawandel. Wer kritische Menschen möchte, darf die Fähigkeit zur Kritik nicht geringer bewerten, als die richtige Überzeugung

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