Die Linke und das Regieren

Bundestagswahlen Es gibt wohl keine Gruppe von Wähler:innen, die mit größerer Ernsthaftigkeit an den Wahlakt herangeht, als diejenigen, die sich selbst als links verorten.

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Einerseits. Andererseits gibt es dort auch bisweilen die Idee, Wahlen für reine Kosmetik zu halten, die, würden sie das Zeug haben, Veränderungen herbeizuführen, längst untersagt worden wären. So heterogen die Wähler:innen der Partei Die Linke auch sein mögen, so sind sie sich doch im Kern einig, dass sie die Ideale der Partei jeweils sehr hochhalten müssen und sich pragmatische Überlegungen spätestens bei Regierungsbündnissen mehr oder weniger verbieten.

Letzteres hat sicher auch viel mit der SPD und den Grünen zu tun, deren Pragmatismus bisweilen auch die programmatische Ausrichtung gleich mit verändert hat. Beispielsweise wollten die Grünen, als sie mit Fischer und Trittin antraten noch raus aus der Nato und gelandet sind sie bei Krieg, Völkerrechtsbruch, Nato-Apologie und Hartz-4.

Das soll nun der letzten verbleibenden Partei mit ökosozialpolitischem Anspruch und Ablehnung allem Militärischen nicht auch noch passieren. Deswegen gehen die Wellen bei Linken und der Partei gleichen Namens hoch her.

Darf man von Regierungsbeteiligung sprechen, wo doch die Parteien SPD und Grüne nicht müde werden zu betonen, dass Bekenntnisse zum Nordatlantikpakt und der Fähigkeit zur Ausübung des Kriegerhandwerks auf fremden Territorien von den Linken unerbittlich eingefordert würden?

Ja, man darf und muss es als Partei Die Linke sogar. Nicht so, wie gefordert, aber so wie Dietmar Bartsch es beispielsweise tut. Eine Linke, die vermutlich als kleinste Partei (Fraktion) in den Bundestag kommen und viel an Stimmen verloren haben wird, weil sich ein großer Teil der Mitglieder zu sehr in einem Milieu tummelt, dass den Kontakt zu den einfachen und sozial am meisten Benachteiligten nicht nur nicht sucht, sondern Kontakte von deren politischer Korrektheit abhängig macht, tut mehr als gut daran, zu signalisieren, dass eine ökologische, sozialere und friedlichere Politik nicht an ihnen scheitern wird.

Im Gegensatz zum öffentlich beförderten Narrativ, dass am 26. September der/die KanzlerIn gewählt wird, ist die Wahrheit, dass die Zusammensetzung des kommenden Bundestages zur Abstimmung steht. Auch wenn aus diesem Rennen eine Partei mit deutlichem Vorsprung herausgehen wird, so wird sie vermutlich auf mehr als eine Partnerin angewiesen sein. Es besteht also die realistische Möglichkeit, dass die FDP in eine strategisch günstige Lage kommen wird. Sie könnte mit Rot und Grün und noch besser mit Schwarz und Grün und vielleicht könnte es auch für eine Neuauflage von Rot und Schwarz, diesmal unter Führung der SPD reichen.

In dieser Situation, wo rechnerisch auch R2G möglich würde, sollte die Linke die Hürden für so eine Koalition soweit absenken, dass deutlich wird, dass essentielle Dinge aus den Programmen von SPD und Grünen realisiert werden könnten.

Das dabei die fundamentale Kritik an Bundeswehr, NATO, Auslandseinsätzen usw. nicht im Vordergrund steht, dürfte klar sein. Sie muss es auch nicht, weil es für diese Perspektive ja überhaupt keine parlamentarischen Bündnisoptionen gibt. In anderen Farbspielen wäre für diese Position nichts gewonnen. Im Gegenteil, aber für sozialökologische Politik ggf. viel verloren.

Die Linke kann also offensiv sowohl auf die Reduktion des Verteidigungsetats, wie auf den Nato-Austritt oder das Aussetzen von Bundeswehr - Auslandseinsätze verzichten, weil sie es zwar gerne möchte, es aber dafür der Bündnispartner:innen ermangelt. Damit räumt die Linke keine inhaltliche Position, wohl aber deren Sperrwirkung gegenüber den Projekten, die realistischer Weise mit Grünen und SPD – bei guten Willen – realisierbar wären.

Es bleibt mehr als fraglich, ob insbesondere die SPD mit einem Olaf Scholz, dessen Machtfülle dann ihren Höhepunkt erreicht haben dürfte, hierzu bereit sein wird.

Deswegen wird man es trotzdem versuchen müssen: The proof of the pudding is in the eating. Die Linke wäre daher gut beraten, ihr Angebot für einen Vertrag zum Regieren schlank zu halten und auf die essentiellen Punkte zu reduzieren. Die Hürden für Bündnisse von SPD und Grünen mit Schwarz und Gelb (Magenta), würden so deutlich erhöht.

Angesichts von drängenderen Problemen wegen des weltweiten Temperaturanstiegs, sozialen und ökologischen Fragen, vielleicht eine gute Idee?

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