Die SPD und die Räuberbank

M.M.Warburg Es geht um CumEx, Warburg und die SPD. Aber es geht auch um die Hamburger Medien, um Recht und Rechtsgefühl und zu viel Nähe zwischen Journalisten und Politikern.

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Die taz berichtet scheinbar neutral. Involviert oder nur informiert, fragt der Artikel von Marco Carini in der Hauptüberschrift, die Morgenpost: Welche Rolle spielte Bürgermeister Tschentscher? und das Abendblatt überschreibt mit: Tschentschers brisante Notiz auf dem Olearius-Brief. Auch das Hamburger Tagesjournal reagierte am 03.03.2021 auf einen Artikel des Manager Magazins in der Causa CumEx/Warburg/SPD vom Vortag verhalten. Die dort publizierte Tatsache, dass die Indizien für die gezielte politische Einflussnahme, namentlich des damaligen Finanzsenators zugunsten von M.M.Warburg zunehmen, wird quasi weggelacht. Dem Linken-Abgeordneten Norbert Hackbusch wird Schnappatmung attestiert, in die er ob des Artikels geraten sein soll und in Bezug auf einem der Autoren, Oliver Hollenstein wird spekuliert, er verfüge „wohl über eine sprudelnde Quelle weiteren vagen Ungemachs für Tschentscher und den ehemaligen Bürgermeister Olaf Scholz“. Aus hohen Höhen kommentiert hier Mathias Adler, der das Tagesjournal als eine Art Hamburger Morning Briefing herausgibt: „Die Notiz scheint indes überschaubar gefährlich zu sein“.

Recht hat er. Isoliert betrachtet ist ein Brief von Christian Olearius, 40 prozentiger Miteigentümer des Bankhauses M.M.Warburg, den dieser im November 2016 an den Finanzsenator schickte und der anschließend mit Anmerkungen von Tschentscher an die Steuerabteilung ging völlig harmlos. Man wird auch in der Zukunft keine Schreiben finden, in denen steht: Bürgermeister Scholz und ich, Finanzsenator Tschentscher sind uns einig, dass das bewährte Bündnis mit den Größen der Hamburger Wirtschaft auch dann nicht gefährdet werden darf, wenn diese dazu übergegangen sind, ihre Position durch hochkriminelle Handlungen zu festigen.

So, wie die wenigsten Morde dadurch aufgeklärt werden, dass der/die Täter:in noch mit dem Messer im Opfer rumstochert, wenn die Polizei eintrifft und nur noch die Motivlage zu klären ist, so wenig simpel verhält es sich mit unzulässiger Einflussnahme der Politik auf das Verwaltungshandeln. Dabei gibt es auch keine Brandmauer zwischen Verwaltung und Politik. Ganz im Gegenteil. Der Finanzsenator ist zugleich Präses des Finanzbehörde und damit Verantwortlicher, wenn es um das ordentliche Handeln der Verwaltung geht.

Dem Senator und Präses der Finanzbehörde liegt seit dem 5. Oktober 2016 eine 28 seitige Ausarbeitung vor, aus der minutiös hervorgeht, dass das Finanzamt für Großunternehmen bis zum Ende des Jahres die zu Unrecht erstatteten Steuern vom Bankhaus M.M.Warburg zurückfordern muss, da ansonsten Verjährung droht. Mehr Sachstandsinformation geht gar nicht.

Nun erhält dieser politische Behördenvorsteher auf Vermittlung seines Chefs, dem damaligen Ersten Bürgermeister Olaf Scholz ausgerechnet am 9. November 2016 einen Brief, nachdem Olaf Scholz Warburg-Miteigner Olearius dazu am gleichen Tag telefonisch aufgefordert hatte.

10 Monate zuvor, Anfang 2016 (Mitte Januar) wurden die Geschäftsräume der Bank wegen des Anfangsverdachts krimineller Cum Ex-Geschäfte durchsucht. So wie diese Durchsuchungen auf die Kölner Staatsanwaltschaft zurückgingen, so gab es die ersten Berichte hierüber auch nicht im Hamburger Abendblatt, dem Platzhirsch unter den Hamburgischen Lokalmedien, sondern am 23. Februar 2016 in der Süddeutschen Zeitung. U.a. heißt es da:
Das Verfahren richtet sich gegen fünf Beschuldigte. Darunter Christian Gottfried Olearius, 73, der bei M.M. Warburg eine Legende ist. Fast drei Jahrzehnte hat er die Bank geführt, bevor 2014 sein Sohn Joachim Sprecher der Partner des Bankhauses wurde. Der alte Olearius wurde dann Chef des Aufsichtsrats. Sein Vize im Kontrollgremium ist Max Warburg. Zusammen halten beide 80 Prozent der Anteile. Dass ein deutscher Staatsanwalt mal gegen den alten Olearius wegen des Verdachts des Betruges ermitteln würde, hätte man sich vor Jahren noch nicht vorstellen können. Warburg weist die Anschuldigungen zurück“.

Noch einmal der Reihe nach

Seit 10 Monaten wird sichtbar(!) gegen Olearius ermittelt. Am 26. Oktober 2016 empfängt der Bürgermeister einen der Hauptbeschuldigten in einem Verfahren höchst krimineller Aktivitäten zum Nachteil der Stadt und des Bundes. Per Anruf koordiniert der Bürgermeister, dass die ihm vorliegende „Verteidigungsschrift“, die bereits bei der Beamtin vorliegt, die auf 28 Seiten dargelegt hatte, dass das Finanzamt Warburg einen Rückforderungsbescheid schicken müsse, dem Finanzsenator geschickt wird. Gesagt getan. Sechs Tage später kommt Olearius Ausarbeitung mit der Anmerkung: „Bitte um Informationen zum Sachstand“ in der Finanzverwaltung erneut an. Diesmal ist Absender der oberste Dienstherr, dem auf 28 Seiten vorgetragen worden war, warum das gestohlene Geld vom Traditionsbankhaus zurückzufordern ist und dieser Dienstherr möchte jetzt erneut über den „Sachstand“ informiert werden!

Zwei Tage später entscheidet die Finanzverwaltung, die aus ihrer Sicht kriminell erlangten Millionen nicht zurückzufordern und wiederum fünf Tage später nimmt das auch der Finanzsenator offiziell zu Kenntnis und stellt wegen irgendwelcher Nebbichkeiten Nachfragen und freut sich ansonsten über das Ergebnis.

Letzteres weiß man natürlich nicht, wenn man es für denkbar hält, dass Erstattungen von Zahlungen, die niemals erfolgten, Ausdruck legaler Steuergestaltung sein könnten und dass man Verdächtige in Strafsachen selbstverständlich im Amtszimmer des Bürgermeisters empfangen darf. Warum denn nicht, schließlich gilt im Rechtsstaat die Unschuldsvermutung für jedermann und somit auch für strategische Partner (u.a. Ballin-Konsortium). Allerdings hatte der Senat da selbst große Zweifel. Wären bei den Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft Köln im Privathaus von Christian Olearius nicht auch dessen Tagebücher sichergestellt worden, die Welt hätte niemals davon erfahren. Der Senat selbst hatte noch am 12.11.19 dreist gelogen und auf die Frage von MdBü Norbert Hackbusch Die Linke: „Gab es im oben genannten Zusammenhang persönliche Gespräche zwischen dem Bankhaus M.M.Warburg und dem Senat?“ geantwortet: „Nein“.

Die Treffen mit Scholz, die Übermittlung von Olearius Verteidigungsschrift und schließlich der Verzicht Hamburgs auf Rückforderungen in Höhe von 47 Mio. Euro, konnten ein Jahr später nicht mehr so einfach wiederholt werden. Das Bundesfinanzministerium schaute genauer hin. Aber darum soll es jetzt nicht gehen, sondern um die Konzentration auf das Jahr 2016.

Zwei Bürgermeister, einer der es war und der momentane, erfahren von den Versuchen mutmaßlicher Einbrecher in den Tresorraum des Finanzamtes, dass diese ihre Beute vor dem Zugriff der Beklauten schützen möchten. Was machen Treuhänder der Stadt in einer solchen Situation? Genau, sie verhalten sich neutral. Schließlich ist das Ganze kompliziert und sie lassen die Verwaltung entscheiden. Mit ihr hat man ja nichts zu tun. Gewaltenteilung quasi.

So dumm kann man sich stellen, muss es aber nicht. Am 19. Februar 2020 meldet sich die Steuerverwaltung in Person des Senatsdirektor Ernst Stoll mit einer „Erklärung der Hamburger Steuerverwaltung“ zu Wort: "Es hat in Hamburg weder bezüglich Cum-Ex-Gestaltungen noch sonst Versuche gegeben, politisch auf Entscheidungen der Steuerverwaltung Einfluss zu nehmen". Ein Skandal, der für 2016 ja bedeutet hätte absichtsvoll dem Treiben von Warburg nach Sicherung der Beute zuzuschauen und bewusst der mit dem Fall beschäftigten Beamtin nicht den Rücken zu stärken, nachdem diese umfänglich dargelegt hatte, warum der Rückforderungsbescheid ausgestellt werden müsse.

...und sind wir schwach und sind wir klein

Eine beliebte Methode sozialdemokratischer Politiker besteht darin, sich einerseits als stark und schwach zugleich darzustellen. Einerseits sind sie die Checker, die alles wissen und andererseits wissen sie dann und wann auch rein gar nichts. Das Ganze löst sich auf in die Selbst- und Fremdwahrnehmung von plietsch. Außerhalb von Norddeutschland würde man sagen, sie sind clever. Dieses politische Wechselspiel von Fuchs und Hase, der von nichts weiß, funktioniert in Hamburg besonders gut, weil im Stadtstaat Hamburg eine besondere Nähe von Politik und Journalismus besteht. Man kennt und braucht sich, also tut man sich nicht ernsthaft weh.

Die Verwaltung in Hamburg ist bei weitem stärker durchsetzt von Mitgliedern der SPD, als es ihrem Anteil an der Gesamtpopulation entsprechen würde. Politische Anweisungen braucht man in der Regel nicht. Jeder in Hamburg kennt das Spiel und die Spielregeln. Die Partei gibt und nimmt. Längst eint die Genoss:innen nicht mehr ein gemeinsamer politischer Ideenvorrat und mobilisiert Überschussmotivation für die politische Arbeit. An diese Stelle ist längst das rationale Moment des eigenen Vorteils getreten. So wie der ADAC Vorteile für seine Mitglieder bietet, so ist es auch – nicht nur bei ihr! – bei der SPD. Der einst heillos zerstrittene Haufen der Hamburgischen SPD wurde geeint durch Olaf Scholz. „(W)er bei mir Führung bestellt, muss wissen, dass er sie dann auch bekommt“, sagte Scholz am 3. November 2009 der taz. Das Versprechen wurde eingelöst. Aber natürlich geht Führung in der Hamburgischen SPD nicht, ohne dem Beutekollektiv Futter zu bieten. Die Ein- und Unterordnung unter den Willen des Parteivorsitzenden lohnt sich auch, sonst gäbe es sie nicht. Vielen Genoss:innen reicht bereits ein Posten in der Verwaltung, einige fühlen sich in öffentlichen Unternehmungen wohl und alle zusammen sind bemüht, sich an Wirtschaftsfreundlichkeit von keiner anderen Partei in den Schatten stellen zu lassen. Kein Ärger mit der Rückseite des Rathauses, dort sitzt in Hamburg die Handelskammer, war stets das Credo von Olaf Scholz und Peter Tschentscher, die damit an eine sehr lange sozialdemokratische Tradition in Hamburg anknüpften. Weswegen praktischerweise auch stets die Wirtschaftssenatoren von der Handelskammer bezogen wurden, bis die Kammerrebellen dort zeitweise Unruhe hineinbrachten und der letzte Wirtschaftschaftssenator vor seiner Berufung nicht mehr Vizepräsident der Kammer, aber immer noch Vorsitzender des Industrieverbands Hamburg war.

Die CDU hat das unter Ole von Beust nicht viel anders gemacht. Allerdings war es damals nicht der Bürgermeister, sondern Wolfgang Peiner, der das Bündnis mit der Wirtschaft organisierte. Was der CDU allerdings fehlte war eine ihr ergebene Verwaltung.

Grenzüberschreitungen

Nun gibt es Situationen, die in den normalen formalen und informellen Strukturen nicht zu bewältigen sind. So eine Situation entsteht, wenn Wirtschaftsakteure und politische Entscheider zu stark interagieren und dabei der Wirtschaftsakteur auch schon mal auf die kriminelle Seite wechselt. Völlig absurd wird es, wenn der Wirtschaftsakteur nicht nur Steuerschlupflöcher sucht und findet, sondern diese Löcher selbst bohrt. Also den Staat regelrecht beklaut und damit die Gestaltungsmittel von Politik reduziert.

Im Zusammenspiel von Wirtschaft und Politik, sind Enge und gegenseitige Durchdringungen systemisch angelegt. Bei aller, gelegentlich auch bedenklicher Nähe, gibt es aber Grenzen. Bestechungen haben subtil zu erfolgen. Man darf ihnen die Absicht ansehen, aber die Art muss mit dem Mittel des Strafrechts unangreifbar sein. Peer Steinbrück zum Beispiel. Über ihn heißt es in seinem Wikipedia-Eintrag: „Am 22. November 2005 wurde Steinbrück als Bundesminister der Finanzen in die von Bundeskanzlerin Angela Merkel geführte Bundesregierung berufen. Er kündigte an, die Politik von Hans Eichel fortzusetzen, unter anderem sollten Private Equity und Real-Estate-Investment-Trusts gefördert werden. Der Handel mit „Verbriefungen“, die später als „Schrott-Papiere“ bekannt wurden, sollte „aus Sicht des Bundesfinanzministeriums“ unbedingt erleichtert werden, ließ sein Staatssekretär Jörg Asmussen verkünden, und dem folgte die BMF-geleitete Gesetzgebung. Im Jahr 2007 übernahm sein Finanzministerium für das Steuergesetz einen von der Banken- und Beraterlobby verfassten Gesetzestext ‚eins zu eins, ohne dass ein Komma geändert wurde‘. Dadurch konnten Cum-Ex-Geschäfte in das Ausland verlagert werden und erreichten dann 2010 ihren Höhepunkt, wodurch Milliarden Euro an Steuergeldern in privaten Taschen verschwunden sind“. Abgeordnetenwatch berichtete 2012: „Steinbrücks Standardhonorar für einen Vortrag liegt bei 15.000 Euro (brutto). Von 89 Reden, die der frühere Finanzminister gegenüber der Bundestagsverwaltung gemeldet hat, wurden 74 mit dieser Summe vergütet. Dreimal lag die Vergütung über dem Standardhonorar“. Die meisten dieser Vorträge – die zusammen mit mindestens 1.335 Mio. Euro vergütet wurden sind - wurden vor Banken gehalten, aber auch vor Freshfields Bruckhaus Deringer LLP. Denjenigen, die für sein Ministerium damals - gegen Honorar - das Finanzmarktstabilisierungsgesetz schrieben und die wiederum für fast alle führenden Banken in Deutschland tätig waren. Gegen zwei mittlerweile ehemalige Partner der Kanzlei wird wegen Cum Ex- Geschäften der Maple Bank wegen Beihilfe zu Steuerhinterziehung demnächst Anklage erhoben. Mittlerweile – Ende Januar 2021 - hat die Generalstaatsanwaltschaft Franfurt am Main das Cum Ex-Verfahren gegen Freshfields eingestellt, nachdem die Großkanzlei zehn Millionen Euro an die hessischen Finanzbehörden gezahlt hatte. Das aber nur nebenbei erwähnt.

Peer Steinbrück ist übrigens seit seinem Ausscheiden aus dem Bundestag, als Berater des Vorstandes der Ing DiBa als sog. Senior Advisor tätig.

Das Zusammenspiel von Politik und Wirtschaft ist also bisweilen geprägt vom Willen der Politik, der Wirtschaft zu sehr dienstbar zu sein. Das geht selbstverständlich zu Lasten der Staatskasse. Aber dass Teile der Finanzwirtschaft den Staat beklauen, indem sie sich nicht gezahlte Steuern zahlen lassen, überschreitet die Grenzen des Zumutbaren. Da hört der Spaß auf, weil hier nicht Grenzen überdehnt, sondern niedergetrampelt werden. Hier wird das Recht und das Rechtsempfinden verhöhnt. Wer extremer Rücksichtslosigkeit den roten Teppich ausrollt und damit signalisiert, dass wer sich an Regeln hält, die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat, beteiligt sich an der Zerstörung des gesellschaftlichen Kerns. Dieser besteht darin, dass Verfahren und Regeln das Leben der Menschen bestimmen und diese relativ verlässlich sind und dass wer dagegen verstößt, damit rechnen muss, dass sich die Justiz mit ihm oder ihr beschäftigen.

Bereits ein Treffen unter vier Augen mit einem Verdächtigen in einem Cum Ex-Verfahren, ausdrücklich wegen dieses Verfahrens, ist ein Unding und reicht für sich genommen, dass der betroffene Politiker aus der ersten Reihe der Politik verschwindet. Davon abgesehen hätte, nachdem der Bürgermeister erfuhr, dass M.M.Warburg die Verjährung der Forderung gegen sich erreichen wollte, alles tun müssen, um zu verhindern, dass es dazu kommt. Das ist nämlich die Aufgabe eines Stadtvorstehers, das Wohl der Freien und Hansestadt Hamburg zu fördern (Art. 38 HmbVerf).

In diesem Fall wurde aber ausschließlich versucht Nachteile für Hamburg zu fördern und das am Ende erfolgreich. Zwar kennt man längst noch nicht alle Details, aber was man weiß reicht, um sicher sagen zu können. Christian Olearius war erfolgreich. Geholfen haben ihn der damalige und der heutige Bürgermeister. Würde sich das Verfahren nur in den Stadtgrenzen Hamburgs abspielen, dann wäre M.M.Warburg mit seinen Cum Ex-Betrug final erfolgreich gewesen.

Mühle auf, Mühle zu

Interessant ist auch die Figur, die entwickelt wurde, um diesen Erfolg zu organisieren. Einerseits war dies die mächtige Position des Bankhauses in rechtlicher Hinsicht, die eine Rückforderung zum Vabanquespiel gemacht und andererseits sollte man genau so viel Angst vor dem Erfolg haben, weil dieser die Bank womöglich zahlungsunfähig gemacht hätte. Fuchs und Kommilitone Hase, mächtig und vulnerabel, eine Assoziation von Antagonismen, die normalen Menschen Pickeln verursachen müsste, sind der Kern des Nebelwerfens in diesem Trauerspiel von Kumpanei der Politik mit Nadelstreifenkriminellen.

Der Beginn von Cum Ex liegt nicht in Hamburg und von Anfang an wurde Cum Ex in den Nebel von vielleicht, eventuell und nichts genaues weiß man nicht getaucht. Es hätte für Cum Ex als Einordnung unrechtmäßigen Handels nicht einmal des § 42 der Abgabenordnung gebraucht, der im ersten Satz schon regelt: „Durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts kann das Steuergesetz nicht umgangen werden“, weil jedes Kind weiß, dass man keinen Anspruch auf Erstattung von Steuern haben kann, wenn keine gezahlt wurden.

Ähnlich klar verhält sich die Sache mit Olearius, Scholz und Tschentscher. Mindestens war es unterlassene Hilfeleistung für die bedrohte Steuerkasse oder gar tätige Mithilfe beim Sichern der Beute von M.M.Warburg. Letzteres ist nicht nur wahrscheinlich, sondern belegt sich praktisch über die Wiederholung in 2017 mit größerer Orchestrierung und unter erneuter Einschaltung des ehemaligen zweiten Bürgermeisters und Innensenators Alfons Pawelczyk, sowie Johannes Kahrs.

Das alles, nicht die Details des genauen Ablaufs, sind den Hamburger Journalist:innen bekannt. Zuerst weil eine Medienpartnerschaft aus Süddeutscher Zeitung, WDR und NDR gab, die darüber berichtete und später, weil sich Zeit und Panorama der Angelegenheit annahmen. Seit einiger Zeit berichtet auch das Manager Magazin grundlegend, weil Oliver Hollenstein von der kommunalen Zeit-Redaktion dort mittlerweile Redakteur geworden ist. Die Hamburger Medien greifen, ob der Reichweite der innovativ berichtenden Blätter, die Artikel nach dem Motto auf: die einen sagen so, die anderen so. Die Ungeheuerlichkeit des Vorganges ist offenbar der beste Schutz, dass die Substanz Journalistenhirne erreicht, die der Stallwärme des Hamburgischen Medien- und Politikbetriebes besonders bedürfen. Entweder kann und will man es sich nicht vorstellen. Das setzte zumindest voraus, dass man die Sache an sich begriffen hätte, oder aber man geht von falschen Annahmen aus. Glaubt, dass es sich um Fehler im Dickicht eines überkomplexen Steuerrechts handelt und dass sich die Politik nur Sorgen angehört, aber nicht manipulierend gehandelt hat usw. usf.

Zum Mitschreiben!

In Hamburg haben sich die Grenzen der Kungelei mit den Spitzen der hanseatischen Wirtschaft in einem Umfang verschoben, dass das Bündnis selbst dann nicht aufgekündigt wurde, als diese dazu übergingen, sich selbst zu subventionieren. Auch dann nicht, als die Strafjustiz sich der Sache annahm. Genau an diesem Punkt beginnt der Fehler. Die Unschuldsvermutung hat für die ermittelnde Justiz zu gelten, weswegen auch Entlastendes zu Tage gefördert werden muss. Die Politik hat sich mit Beginn der Ermittlung in eine rein beobachtende Rolle zu begeben. In Hinblick auf Versuche der Räuber, die Beute vor Zugriff des Staates zu schützen, gibt es aber keine Neutralität, weil Hamburger Senatoren das Wohl der Stadt zu fördern haben. Nichts anderes. Wenn sie der Meinung sind, dass M.M. Warburg mit Subventionen geholfen werden muss, so hätten sie es in Brüssel und bei der Hamburgischen Bürgerschaft (Parlament) beantragen müssen. Willentlich eine Verjährung herbeizuführen, kann kein Weg sein, wenn bereits die Strafjustiz ermittelt, weil es nicht nur das Recht, sondern auch das Rechtsgefühl jedes rechtschaffenden und sogar jedes (normal) kriminellen Bürgers verletzt.

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