„Die Welt“ verleumdet „Die Grünen“

Wahlkampf BTW 2013 Mit kinderschändischen Treiben von vor 33 Jahren versucht die WELT erneut Stimmung gegen Die Grünen zu schüren. Diesmal erinnert sich ein anonymer 48 Jähriger.

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Schon der alte Marx wusste, dass man den steinernen Verhältnisse die eigene Melodie vorspielen muss, um sie zum Tanzen zu bringen. Bezogen auf die Grünen, kann das eigentlich nur heißen die Betroffenheit an den Start zu bringen. Das war schon damals ganz erfolgreich, um aus den pazifistischen Grünen, Krieger für die Menschenrechte zu machen.

Schon immer hatten die Grünen einen Faible für persönliche Betroffenheit. Diese bietet nämlich die Möglichkeit, politische Urteile über den Weg der Empathie zu erlangen. Man fühlt mit jemanden, der seine Betroffenheit offenbart. Das erscheint nicht abwegig. Im Gegenteil. Aber das Mitfühlen kann natürlich nie die eigene Analyse ersetzen. Bei den Grünen - und nicht nur da - schon. Als es darum ging im ehemaligen Jugoslawien in den Krieg einzugreifen, gab es eine Zangenbewegung. Einerseits die erschütternden Berichte aus dem Bürgerkrieg (Kroaten, nichtserbische Bosniaken, Kosovoalbaner) und andererseits die auf diesem Hintergrund scheinbar plausible Ableitung aus dem Nationalsozialismus, dass heute „Nie wieder Ausschwitz“ heißen muss, in den Krieg selbst und aktiv durch die Bundeswehr einzugreifen zu lassen.

Die Methode „Betroffenheit mobilisieren, um die Analysefähigkeiten zu blockieren“, ist also bewährt und Mittel der Wahl, um Grüne kalt erwischen zu können. In diesem Wahlkampf nun soll das Leid von sexuell missbrauchten Kindern gegen die Grünen in Stellung gebracht und ihr wichtigstes politisches Kapital, ihre Glaubwürdigkeit erschüttert werden.

Der jüngste Versuch „Die Praxis der Grünen „verschlägt mir die Sprache“ ist ein Interview in der Welt vom 13.09.2013. Der anonym bleibende Mann der dort interviewt wird, lebte nach eigenen Angaben mit seiner Mutter in einer Kommune der Emmaus-Gemeinschaft auf dem Dachsberg in Kamp-Lintfort. Einer der dort damals eine große Rolle spielte, ist der verstorbene Hermann Meer, der 1980 auch im Landesvorstand der Grünen in NRW saß.

Aus der Tatsache, dass Meer nicht nur Pädophiler war, sondern hieraus auch kein Geheimnis machte wird nun die Verantwortung der Grünen konstruiert. Ein wenig auch gestützt aus der Haltung des damaligen Vorstandskollegen Eckhard Stratmann, der sich heute Vorwürfe macht, damals das päderastische Gerede einfach hingenommen zu haben.

Allerdings geht es dem Anonymus nicht wirklich um seine Geschichte, von der man praktisch auch nichts erfährt, sondern um Wahlkampf gegen die Grünen: „Mein Entschluss, mit meinen Erfahrungen von damals an die Öffentlichkeit zu gehen, hatte nicht das Geringste damit zu tun, dass nun Wahlen anstehen. Als die ersten Hinweise auf die pädophile Vergangenheit der Grünen in der Presse auftauchten, merkte ich, wie ausweichend und abwiegelnd prominente Grüne damit umgehen.
Da war mir klar: Wenn du da jetzt nichts zu sagst, dann kannst du dir selbst nicht mehr in die Augen sehen“.
Der heute 48 Jährige Lektor war zum Zeitpunkt der Gründung der Grünen 15 Jahre alt. Trotzdem fragt die Welt: „Ihre Biografie und die anderer damals Minderjähriger wurde massiv von den Pädophilen bei den Grünen beeinflusst. Müsste es aus Ihrer Sicht einen Runden Tisch zur Aufklärung geben oder einen Entschädigungsfonds?

Die Emmaus-Gemeinschaft von Meer ist keine grüne Kommune gewesen, sondern geht auf die Ideen des französischen Armenprister Abbé Pierre zurück. Die Kommune gab es vor Gründung der Grünen und so wäre es logisch, sich mit der Forderung nach runden Tischen der Aufklärung an die Emmaus Organisation zu wenden. Aber es ist ja Wahlkampf und die Welt, die sich des 48 Jährigen bedient, möchte in der allerletzten Phase des Wahlkampfes die Verunsicherung noch einmal in die Grünen eindringen lassen.

Wie bereits ausgeführt macht es Grüne tendenziell wehrlos, wenn die „Betroffenheit“ bei ihnen an die Tür klopft. Natürlich nicht die Funktionäre, die wissen schon wenn jemand mit der dicken Keule vor der Tür steht, dass man ihm nicht auch noch die Tür öffnet und freudig den Kopf hinhält, aber grüne Mitglieder sind freundliche Menschen, den geht es nah, wenn Ihnen vorgehalten wird: „Vielleicht sollte irgendjemand von den Grünen mal den Mut haben, mit einem der Opfer von damals zu sprechen“ und im gleichen Atemzug davon gesprochen wird, die Grünen seien zynisch.

Tatsächlich offenbart der Anonymus nichts von sich, was man auch nur ansatzweise als intim bezeichnen könnte. Es dürfte auch nicht wirklich von Interesse sein, denn als sich die Grünen gründeten, war er kein Kind mehr. Der heutige § 176 StGB sieht eine Strafbarkeit bei einvernehmlichen Sex zwischen 14 Jährigen und Volljährigen auch nicht vor. Da Vorkommnisse von vor 33 Jahren ja in die Jetztzeit gezerrt werden, muss das auch der Maßstab sein und nicht der homophobe Paragraph von vor 30 Jahren.

Was bleibt ist ein schauerliches Stück Hetze, dass - ohne mit der Wimper zu zucken - das reale Leid von geschändeten Kindern instrumentalisiert, um es gegen eine Partei im jetzigen Wahlkampf zu wenden, deren Programm und Personal der Welt nicht passt.

Sie unterscheidet sich damit in nichts von der Bildzeitung und ihren allerschlechtesten Traditionen.

Satire darf alles, an Journalismus sind andere Maßstäbe anzulegen.

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