Lisa und der Schwarze Block - Ein Kommentar

Harbour Front Im September findet in Hamburg das Harbour Front Literaturfestival statt. Auf ihm stellen u.a.  eingeladene Debütant:innen ihre Erstlingswerke vor.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Gekrönt wird dieser Wettbewerb mit der Vergabe des mit 10.000 Euro dotierten Klaus-Michael-Kühne-Preises.

Die ganze Veranstaltung ist mittlerweile zur Farce verkommen. Zwei Teilnehmer:innen sind ausgeschieden. Lisa Eckhart und Autor Sascha Reh. Auch Letzterer nicht, ohne klar zu machen worum es ihm geht: „Er bezog bei Facebook dazu Stellung mit einem Posting, das an den Veranstalter gerichtet ist: "Da auch ich mit meinem neuen Text ebenfalls an der political correctness kratze, fühle ich mich von Ihrer Hasenfüßigkeit mitbetroffen. Ich bedauere, mich für eine Absage entscheiden zu müssen, denn ich hatte mich sehr auf die Lesung bei Ihnen gefreut. Schade, dass Sie nicht mehr Mut gehabt haben“ (NDR 90,3 am 10.08.2020).

Angefangen damit, das die Veranstalter des des Harbour Front e.V. nicht mit offenen Karten spielen, sondern die Ausladung von Lisa Eckart auf die Betreiber:innen des Nochtspeichers schoben. Allerdings wurde zu diesem Zweck die „Drohung des Schwarzen Blocks“ erfunden und mit großer Geste in die Welt getragen. So u.a. von Nikolaus Hansen (Deutschlandfunk Kultur 06.08.2020), dem Programmverantwortlichen bei Harbour Front Literaturfestival e.V. c/o Kühne+Nagel (AG & Co.) KG.

Der Nochtspeicher hatte allerdings um das Stattfinden der Lesung (Debütantensalon, 3. Abend, 2. Teil) an einem anderen Ort gebeten, weil sie befürchteten, dass die Erfahrung, die sie bereits 2016 mit einer Lesung Harald Martensteins machen durften, sich wiederholen könnte. Besorgte Nachbarn hatten auf den Grad der Polarisierung in der Debatte um Eckhart hingewiesen. Der Nochtspeicher war besorgt und ging mit Recht davon aus, dass ein Leichtes sein müsse, die Veranstaltung mit Eckhart z.B. in die Hafencity zu verschieben.

Da bereits das Veranstaltungsdesign verändert worden war, weil zwei Debütant:innen sich geweigert hatten mit Lisa Eckhart gemeinsam zu Lesen und diese Abmeldung vom Wettbewerb in einen Imperativ zur Organisierung einer Sonderbehandlung von Eckhart gedeutet wurde, wäre also die Separierung in Räume in der Umgebung des Harbour Front e.V. kaum weiter aufgefallen. Anfänglich hatten die Veranstalter:innen des Harbour Front Literaturfestivals übrigens noch behauptet, dass alle anderen Kandidat:innen sich weigern würden, mit Eckhart gemeinsam aufzutreten.

Deswegen hat man auch Eckhart gebeten, sich selbst aus den Wettbewerb zu nehmen und als diese diesem gutgemeinten Vorschlag nicht nachkam, wurde sie kurzerhand ausgeladen. Wohlgemerkt war das nicht gegen Eckhart gerichtet, sondern gegen den „Schwarzen Block“, dem so der Kristallisationspunkt seiner Empörung genommen ward.

Später, als man bemerkte, dass selbst unter Nichtinfragestellung der Räuberpistole vom „Schwarzen Block“, die Unterwerfung unter angekündigte Störungen mit Kapitulation nicht wirklich cool ist, wurde nach „Lösungen“ gesucht. Mit der Corona-typischen Kommunikation via Videoschalte schien sie gefunden worden zu sein. Allein der Verlag von Eckhart lehnte dies in ihren Namen ab. Eckhart hat sich nunmehr entschieden, das zu tun, was ihr die Veranstalter von Anfang an rieten. Allerdings tut sie es nun unter ihren Bedingungen und die Veranstalter:innen des Festivals stehen nun da, wie der Namensgeber des Preises nach dem Nichtaufstieg des HSVs in die 1. Bundesliga.

Wenn es je einen Preis für Verschlagenheit und Heuchelei geben sollte, dann hat ihn Nikolaus Hansen und alle Cons. des Harbour Front Literaturvestivals verdient verdient. Die verbliebenen Autoren – mit Ausnahme der zwei, die sich weigerten mit Lisa Eckhart aufzutreten – wären indes gut beraten, aus dieser traurigen Veranstaltung auszusteigen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden