Politik ohne Anstand

Cum-Ex Elisabeth Roegele ist Vizepräsidentin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), deren Ziel ist es, im öffentlichen Interesse tätig zu sein.

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"Ihr Hauptziel ist es, ein funktionsfähiges, stabiles und integres deutsches Finanzsystem zu gewährleisten. Bankkunden, Versicherte und Anleger sollen dem Finanzsystem vertrauen können" (Aufgaben & Geschichte der BaFin/Selbstdarstellung).

Am 4. Februar 2015 hat die Bundesregierung über die Berufung von Elisabeth Roegele zur Exekutivdirektorin Wertpapieraufsicht in der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht entschieden. Eine Erwähnung im Rahmen der Regierungspressekonferenzfand dies nicht, dafür wurde über das Transparenzgesetz gesprochen. Mit diesem Gesetz wird für ausscheidende Minister und Parlamentarische Staatssekretäre oder Staatssekretärinnen eine Anzeigepflicht und, sofern sie nach ihrem Amtsverhältnis eine Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes aufnehmen wollen und Interessenkonflikte zu befürchten sind, auch eine Karenzzeit eingeführt.

Das entbehrt nicht einer gewissen Komik. Mit Roegele holte man sich den Interessenkonflikt aktiv ins Haus und heuert den Wolf als Hütehund für die Herde an. Der hatte sich zuvor in seinen Kampf für kriminelle Steuerrückerstattungen vor dem Hessischen Finanzgericht mit Gutachten der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer munitioniert. Die Kanzlei war nicht nur jahrelang als Cum-Ex-Gutachterin für zahlreiche Institute tätig, sondern spielte auch bei den deutschen Rettungsmaßnahmen in der Finanzkrise eine herausragende Rolle. Die Gesetzesentwürfe und die Verordnung zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG), das als „Rettungsschirm“ bekannt wurde, wurden vollständig von Freshfields-Anwälten ausgearbeitet und Unmengen Hamburgischen Steuergeldes wurden via HSH an diese Kanzlei weitergeleitet.

Am 23.11.2018 berichtete das Handelsblatt über die erneute Durchsuchung der Kanzleiräume in Frankfurt a.M. in Sachen Cum-Ex und erwähnten eher nebenbei, dass im Juli 2015 Freshfields in Hamburg seinen 175. Geburtstag feierte. "Als Gratulant kam eigens der damalige Erste Bürgermeister Olaf Scholz(SPD) ins Haus. In seiner Rede sagte der heutige Bundesfinanzminister, Freshfields stehe für 175 Jahre der Integrität und sei dem „unbestechlich gradlinigen Gang verpflichtet. Eine Sozietät, die unsere Gesellschaft immer wieder aktiv mitgestaltet hat.“ So wie Scholz selbst.

Unter seiner Ägide als Erster Bürgermeister wäre es zu keinem Bescheid des Hamburger Finanzamt gegen die Warburg Bank wegen zuvor kriminellen Steuerraubs gekommen. Am 27.02.2018 schrieb das Hamburger Abendblatt: "Das Steuerverfahren gegen die Privatbank M. M. Warburg wird zunehmend zu einem Streitfall zwischen Hamburg und dem Bund. Wie berichtet, hatte das Bundesfinanzministerium die Hamburger Steuerbehörden Ende 2017 angewiesen, von der Bank eine Steuernachzahlung über 56 Millionen Euro einzufordern – weil diese andernfalls verjährt wäre. Hamburg hatte dies von sich aus nicht getan“. Weiter heißt es: "Welche Brisanz der Fall offenbar hat, zeigt nun auch eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Linken-Bundestagsabgeordneten Fabio de Masi. Denn danach ist dies mindestens seit 2013 der einzige Fall, in dem der Bund einem Land eine solche Anweisung erteilt hat, um Verjährungen zu vermeiden. Bisher hatte die Finanzbehörde eher den Eindruck erweckt, als seien solche Anweisungen üblich“.

Im Haushaltsausschusses hatten Senats-Vertreter zuvor dargelegt, dass Hamburg 170 Millionen Euro durch Cum-Ex-Geschäfte verloren hat. "Allerdings heißt es aus der Finanzverwaltung, dass man die nun auf Bundesweisung erhobene Steuernachforderung für nicht durchsetzbar und das Prozesskostenrisiko für zu hoch gehalten habe. Der Bund könne zwar anweisen, aber das Risiko, einen teuren Prozess zu verlieren, trage am Ende die Hansestadt“ (a.a.O.).

Angesichts eines Schaden in ganz Europa im Umfang von mindestens 55,2 Milliarden Euro, ist das eine entspannte Haltung, die Olaf Scholz das via Finanzbehörde an den Tag legen ließ und die er bis heute nicht abgelegt hat. "Der größte Steuerdiebstahl der Geschichte Europas zeigt immer krassere Ausmaße. Und was macht die Bundesregierung? Sie bremst, blockiert und schweigt", kritisierte der grüne Finanzexperte Gerhard Schick lt. NTV vom 22.10.2018. Deutschland wird vorgeworfen, andere EU-Staaten nicht bzw. zu spät informiert zu haben. Besonders laut äußert sich Dänemarks Steuerminister Karsten Lauritzen. "Die dänische Bevölkerung braucht und verdient Klarheit, ob wir bei rechtzeitiger Warnung aus Deutschland den Betrug hätten stoppen können" und fordert daher von Scholz Aufklärung, da die Behörden in Deutschland seit 2012 gewusst haben sollen, dass auch Dänemark im Visier der Steuerräuber war.

Und damit wären wir wieder bei Elisabeth Roegele, eine mutmaßliche Steuerräuberin im Auftrag der Dekabank, die mittlerweile seit dem 1. August 2018 als Vizepräsidentin in der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin fungiert.

Eine Geschichte die bestens geeignet ist das Vertrauen in Staat und Politik weiter zu erschüttern.

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