Rechte Mehrheit, linke Mandatsmehrheit!

BTW 13 Wahlergebnis +++FDP raus +++ AfD fast im Bundestag+++ die Linke drittstärkste Kraft+++Union verpasst knapp die absolute Mehrheit+++SPD holt ihr zweitschlechtestes Ergebnis seit 1949++

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Rechte Mehrheit, linke Mandatsmehrheit!

Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images

Grüne verlieren moderat, aber gegenüber Umfragen nach Fukushima dramatisch+++Piraten sind Geschichte, bevor sie angefangen hat+++

Der neue Bundestag hat acht Mitglieder mehr als der alte, es gibt 32 Überhangmandate. Die Union schickt 311 Abgeordnete ins Parlament. Die SPD hat 192 Sitze, Die Linke wird 64 Abgeordnete und Die Grünen 63 Mandatsträger stellen, macht zusammen 319 der 630 Mandate.

Das Ergebnis lässt nüchtern betrachtet drei Optionen zu. 1. Eine Koalition der Verlierer, bestehend aus SPD, Die Linke und Grünen. 2. Schwarzgrün und 3. die Große Koalition. Letztere dürfte momentan die Wahrscheinlichste sein, Nr. 2 die in den nächsten Tagen bei Union und Grünen am heißesten diskutierte Variante und die dritte Option dürfte schon wegen der geringen Mehrheit von nur acht Mandaten nahezu ausgeschlossen sein. Außerdem will sie niemand wirklich.

SPD und Grüne haben sie zuvor immer ausgeschlossen und die Linke dürfte auch kein Interesse daran haben, testen zu lassen wie stabil sie als Regierungsfraktion wäre.

Die große Koalition ist möglich und auch wahrscheinlich. 184 Mandate über der Mehrheit wäre auch für schwierige Abstimmungen hinreichend komfortabel, allerdings hat die letzte große Koalition der SPD das historisch schlechteste Ergebnis beschert. Indes ist bei der SPD sicher, dass sie sich im Zweifel eher am abstrakten Staatswohl als am eigenem oder Interesse ihrer Wähler ausrichtet. Die große Koalition dürfte von daher das Wahrscheinliche sein, dass am Ende passiert und auch über die geringsten Akzeptanzprobleme beim Wähler verfügt. Bevor es aber soweit ist, wird es eine intensive Debatte der politischen Beobachter über schwarzgrün geben.

Bei der CDU und den Grünen dürfte die Diskussion hierüber schon losgegangen sein. Zwar war es bei den Grünen eigentlich schon abgemachte Sache, die Messer rauszuholen und ein kleines Schlachtfest an den vermeintlich Schuldigen ihrer Misere zu veranstalten. Schließlich hatte nach der Wahl des ersten grünen Ministerpräsidenten in Baden-Würtenberg, der grünen Seele stolzer Flug vor lauter Sternen die Erde gar nicht mehr gesehen und war jetzt brutal zur Landung gezwungen worden. Aber die Grünen sind auch pragmatisch und könnten sich wohl auch vorstellen in eine Regierung Merkel einzutreten.

Da wäre es wohl nicht geraten, jetzt den Vormann Trittin durch den grünen Fleischwolf zu drehen, denn irgend jemand müsste in so einer Regierung ja auch die Belange der kleinen Partei vertreten und dies ist ohne Jürgen Trittin nur schlecht vorstellbar.

Die Regierungslinke hat sich zwar - wie alle in den Grünen - auf rotgrün festgelegt, aber das geht ja nun nicht und da ist Kreativität gefragt und die ist dann eher pragmatisch geprägt und nährt sich Merkel mit neuem Blick.

Sollte Merkel eine Mehrheit von 55 Abgeordneten als ausreichend erscheinen, so hätte die Idee einer Koalition mit der Partei, die gerade noch in der Nähe der Kinderschänderei angesiedelt wurde, durchaus ihren Reiz. Den Hunger der eigenen Partei nach Beute, könnte zweifellos in einer kleinen Koalition besser befriedigt werden, als das mit der SPD möglich wäre. Außerdem könnte man den Grünen den Bereich der Energiewende übergeben und sie erklären lassen, warum das Projekt nun doch langsamer vorangehen wird, als zuvor verkündet.

Das Problem der Grünen ist nur, sie ist als Partei zwar nicht wie die FDP vernichtet aber waidwund und angeschossen ist sie schon. Der Wahlkampf der letzten Tage und das jetzige Ergebnis haben ihr enorm zugesetzt und der Reflex der Parteirechten, dies alles bei der innerparteilichen Konkurrenz abzuladen ist mit „groß“ nur unzureichend beschrieben.

Wenn also der Geruch der Beute nicht den Geruch der Wunde überdecken kann, dann wird es mit den Grünen keine sinnvollen Verhandlungen zur Bildung einer Bundesregierung geben können, zumal bei den Grünen auch nicht so schnell vergessen sein wird, wie die CSU den Wahlkampf gegen grün angelegt hat.

Für die Union ist die Sache naturgemäß einfacher, da sie aus der Position der Stärke ihre Differenzen zu den Grünen stärker rationalisieren könnte. Ob sie aber das Risiko eingehen wird, mit stark demoralisierten Grünen ein Bündnis eingehen zu wollen oder dies eher unter dem Aspekt des eigenen Übergewichts darin betrachtet, bleibt abzuwarten.

Nicht unterschätzt werden darf bei der ganzen Betrachtung, dass die AfD zwar nicht in den Bundestag eingezogen, dafür aber innerhalb der Union ein umso stärkerer Faktor geworden ist bzw. noch sein wird.

Hätte die AfD über 5 Prozent bekommen, so hätte ihre Entzauberung noch in der Wahlnacht begonnen. Nun aber wird die AfD sich dem Bundestag über die Tingeltour durch fast alle Landtagswahlen nähren und hat so die Chance, die Substanz aufzubauen, die sie benötigt um erfolgreich Bundespolitik zu machen.

Nicht wenige in der Union und in der Fraktionsgemeinschaft im Bundestag werden ihre Politik verstärkt mit Blick auf die Konkurrenz von rechts ausrichten. Gemäß dem Diktum des Übervaters der Christlich Sozialen Union, dass es rechts von der Union keine demokratisch legitimierte Partei geben dürfe. Eine Koalition mit den Grünen könnte da als kontraindiziert gelten. Bei geschickter Orchestrierung könnten sich aber auch beide Parteien eine bessere Erkennbarkeit, in der Zusammenarbeit so unterschiedlicher Partner versprechen.

Das wesentlichste Argument gegen die kleine Koalitionslösung dürfte sein, dass der gewaltige Sieg der Union bei dieser Wahl nicht in Großzügigkeit gegenüber den kleineren Partner umsetzbar wäre. Damit hatte damals Ole von Beust die Grünen in Hamburg in ein Bündnis bekommen. Außerdem verfügen die Grünen momentan nicht über das Selbstbewusstsein ihre Absage an schwarzgrün als Geschwätz von gestern abzutun.

Von daher stehen die Zeichen mal wieder auf schwarzrot. Das ist solide und bewährt. Die Deutschen mögen das.

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