Aufstehen

Auf der Reise: Mit jedem Tag beginnt ein neues Leben

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Sonnenaufgang hinter Mangroven und Palmen, unter einem mächtigen Baum wache ich auf im Sommer 197?: Nächtliche Schemen, auch ein Hund sind durch flüchtige Traumwolken geschlichen, der Park ist öffentlich, am Rand einer gepflegten Rasenfläche löse ich mich aus dem Schlaf...

Es ist noch früh, eine ältere Lady spricht mich an, aus einiger Entfernung: „Nachts kommen die Cops und vertreiben die Hippies aus dem Park, hast Glück gehabt, wenn sie Dich nicht erwischt haben, sei vorsichtig, besser gehst Du jetzt....“

Aufstehen: Coconut Grove heißt diese Gegend von South Miami, die Häuser nicht mehr als drei Geschosse, viel Grün, Restaurants, Cafés und Kunstgewerbe, Motoryachten am Flussufer, Florida ist der sunshine state, carribbean flavoured.

Am Pavillon kriegt man coffee to go, in der frühen Sonne hocken welche, auch zwei Mädchen, jemand spricht mich an..: Willste meine Sonnenbrille kaufen? Für drei Dollar gehört’se Dir, fast geschenkt..“

Slow motion...der Typ wirkt sediert, aber wir kommen in’s Gespräch. „Aus Deutschland...... hast bestimmt gut Geld dabei?“ „Nein, ich suche einen Job!“ Dennis mustert mich vorsichtig, abschätzig..... „Wo wohnst’n?“ Ich zucke mit den Schultern....nach einer Weile murmelt er: „Vielleicht gibt’s da was, hab’n Job im Fontainebleau, drüben in Miami Beach, da suchen’se noch Leute für die Saison.“ „Aber ich habe nur ein Touristenvisum...“ „Zeigmal..“ er dreht den grünen Pass hin und her, mustert lange die Stempel, Luxemburg, New York, Bermudas, Bahamas, Miami.... „kannste verkaufen, kriegste fünfzig dafür...“, er denkt eine Weile nach, bevor er mir den Pass zurückgibt. „Hab’ frei heute, will’n paar Freunde treffen...“

Aufstehen: meinen Seesack hole ich aus dem Busch im Straßengraben, an der Greyhound Station nehme ich ein Schließfach. Mein neuer Gefährte redet langsam, marschiert aber schnell geradeaus, wenn seine Entscheidung klar ist..... erzählt kurz von Dave und Jerry, die wir gleich treffen. „Dave war in Vietnam, kriegt’ne Rente als Kriegsveteran, davon kann er Sprit und Steuer für den Van zahlen...“

Jerry sitzt im Klappstuhl vor dem Lieferwagen und starrt finster auf den Kanal, Dave liegt drin auf den Schlafsäcken. Sie leben hier auf dem Parkplatz: „Dave will, dass ich angeln soll, er will alles bestimmen, bloß weil er die Kohle hat...... ein Fischrestaurant aufmachen, aber hinterher muss ich den Fisch selber fressen, weil wir keine Gäste haben...... und ich hasse Fisch!“


Aufstehen: Sie rauchen jetzt irgendwas, ich stehe allein am Wasser und denke an die letzten Wochen, an die Trailer-Siedlung zwischen den Kanälen von Key Largo, an das Schnorcheln im Riff, an das großzügige Paar Gus und Elaine... über lange Wochen haben sie mich als Gast geduldet, zum Abschied gestern das Zelt angeboten: „Die Chefs kommen, verstehst Du, die mögen keine fremden Gesichter... wir bringen Dich noch zum Greyhound!“ Gus importiert kolumbianisches Grass mit einer Charteryacht nach Florida, die Empfindlichkeit seiner Geschäftspartner will ich gerne respektieren.... time to leave anyway.

Das Zelt habe ich ausgeschlagen, jedes Kilo zählt.

Wolkenlos wölbt sich der freundliche Himmel über Florida. Finde ich bald ein anderes Dach? Dennis hat wohl ein Zimmer downtown Miami.

Ja, morgen werde ich nach Miami Beach gehen.......


Hier endet der 78. Eintrag: Dieser Blog mischt Fiktion und Realität. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind zufällig und in der historischen Überlieferung nicht verbürgt. Ich bin nur der Navigator, mein Name sei NEMO:

Ich schreibe um unser Leben. Bitte bleib dran.


Nachtrag: ein Jahr später ergänze ich diesen Blog durch eine Fußnote

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Dieser Blog mischt Fiktion und Realität. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind zufällig und in der historischen Überlieferung nicht verbürgt. Ich bin nur der Navigator, mein Name sei NEMO:

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Geschrieben von

archinaut

Ein Blick weitet den Horizont: Dieser Blog zieht um die deutschen Häuser

archinaut

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