Das Meer sah früher nicht anders aus als jetzt, der guten alten Ostsee sind wir wohl herzlich egal, damals wie heute... sie trägt unsere Schiffe mit Gleichmut und spült in der Nacht auf den Strand, was sie nicht behalten will.... und wenn ich damals sage, meine ich das Jahr, in dem wir das erste Mal diesen Ort hier mit seinem eigentümlich klangvollen, vielleicht sogar etwas unheimlichen Namen erreichten: Heiligendamm... der Sage nach ein Ort, an dem die Grauen Mönche von Doberan allein durch die Kraft ihrer Gebete einen Schutzdamm gegen die Ostseeflut aufgeschichtet hatten, den Heiligen Damm.
Wir kamen von Westen, in Hamburg waren wir zur Hochzeit einer Freundin aus meiner Jugendzeit eingeladen, das Jawort gaben sich die hoffnungsvollen Brautleute auf einem historischen Dampfer, sie glücklich strahlend in weiß und er in einer alten Kapitänsuniform, dunkelblau mit kleinen goldenen Ankern auf den Knöpfen, bestimmt zweihundert fröhlich lärmende Gäste stießen nach der Zeremonie auf das frischgebackene Ehepaar an und in der träge fließenden Sommerluft mischten sich die flüchtigen Parfums mit den Aromen der Schiffskalfaterung und des augustschwangeren Elbstroms.... durch den Sekt und die Sommerwärme waren wir schnell in jener eigentümlich schwebenden, absolut verantwortungslosen Stimmung, in der man alle, aber auch alle Sorgen vergessen möchte... und die selbst viele Jahre später noch in der Erinnerung einen bestimmten Tag leuchten lässt wie ein helles Feuer im kalten Nebel.
Ohne jeden Neid durften wir erkennen, dass unsere liebe Freundin sich mit ihrer Wahl ein warmes Plätzchen an der hanseatischen Sonne erheiraten wollte, in die Familien, wo man alte Schiffe pflegt.... und die Sektlaune half uns darüber hinweg, dass wir uns ganz leicht deplaziert fühlten in dieser edel betuchten, etwas zu lauten Gesellschaft: Unsere Tochter war fast ein Jahr alt, seelenruhig entschlief sie dem Lärm traumschwer auf meinem linken Arm, und wir waren noch gar nicht verheiratet....
Der brautgeschmückten Freundin wünschten wir ein langes und beglückendes Leben mit ihrem feschen Kapitän und erzählten, dass wir am nächsten Tag schon nach Osten aufbrechen und Stück für Stück die uns noch unbekannten Gestade jenseits der Trave, östlich von Lübeck erobern wollten, die vielbesungenen Strände der unlängst verschiedenen Demokratischen Republik.
Das Leben ist eine Reise
Weiße Stadt – Im Lauf der Zeit
Stärker als der Tod – Hochzeit Blau
Hier endet der 252. Eintrag: Dieser Blog mischt Fiktion mit Realität. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind zufällig und in der historischen Überlieferung nicht verbürgt. Ich bin nur der Navigator, mein Name sei NEMO:
Ich schreibe um unser Leben. Bitte bleib dran.
Klick zum Gästebuch
Dieser Blog mischt Fiktion mit Realität. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind zufällig und in der historischen Überlieferung nicht verbürgt. Ich bin nur der Navigator, mein Name sei NEMO:
Ich schreibe um unser Leben. Bitte bleib dran.
Kommentare 10
gern gelesen, archie.
die ostsee als vertreterin der gleichgültigen natur. oder das meer, das mehr ist, wie wir von kay kloetzer wissen.
War ich gerade an der Ostsee, ach , ich sitze immer noch beim Ali im doofen Pott ;O).
Einfach toll, lieber archie! Großartig!
... oh, ein seltener Gast,
schön, dass Du vorbeischaust, h.yuren!
.....was, Du bist schon an der Ostsee?
Warte, wir kommen gleich nach!
Herzlichst ;-))
archie
:O)
Liebe Grüße
por
;-))
Oh je, wer eine Bindung mit so viel Tremmolo beginnt, wird möglicherweise scheitern - hoffentlich nicht! Man lese nach: Guy de Maupassant: La vie d´une femme. Ich finde die Bindung wird am besten zu viert begossen, das Paar und die Trauzeugen - jeder kriegt vier Kugeln Eisbecher in einer Milchbar. Nicht der Schampus muss / müssen fließen sondern die Tränen, dann wird es gut.
Aber die Ostsee, die mag ich!!!!! So viele unterschiedliche Küsten auf engem Raum - köstlich!
Ja, das hat Stil:
"jeder kriegt vier Kugeln Eisbecher in einer Milchbar."
..und das Paar kriegt einen Ring aus dem Kaugummi-Automat!
(Kaugummi hält besser als Klebstoff;-))
Einer meiner Lieblingsautoren, Anatole France, hat das mit der Ehe, d.h. das voluntaristische Glücklichseinvermuten, so beschrieben. Sein Held, Professor am Lyzeum, redet mit seiner Frau schon seit jahren kein Wort mehr, er hatte sie mit seinem bestem Schüler überrascht (übrigens machte ihm seine Frau einen Vorwurf daraus, indem sie ihm sagte, dass eine Französin das Recht habe informiert zu werden, wenn der Gemahl zu früh nach Hause zu kommen gedenkt, das ist das Toleranzedikt, das ja auf andere Weise auch dem Gemahl zu Gute kommt).
na ja , das nur nebenbei. Der Held spaziert nun auf den Ramparts der Stadt herum und reflektiert. Vor allem dann, wenn seine drei Töchter - lauter eitle, dumme Hühner - beabsichtigen ihn plagen zu wollen, d.h. nett sind um Geld aus ihm herauszupressen. Auch das nur nebenbei.
Er, M. Bergeret, trifft dort den Obdachlosen (B), den im Leben gescheiterten, und die beiden führen Gespräche über alles mögliche. Nun über häusliches Glück
A, der Prof.: Sie lieben die Freiheit, sie sind frei. Sie leben ohne zu arbeiten. Sie sind glücklich!
B: Es gibt welche, die glücklich sind, ich gehöre nicht dazu.
A: Wo sind sie denn, Ihre Glücklichen?
B: Auf einem Bauernhof, in einer Wohnung in der Stadt.
A erhebt sich, drückt A ein Zehn Sou Stück in die hand und sagt:
So, Sie denken, mein Lieber, dass das Glück befindet sich unter einem Dach, vor einem Kamin im Wohnzimmer, auf dem Esstisch und - schließlich - im Bett unter einem Federbett. Ich dachte, mein Lieber, dass Sie klüger wären.
Liebe Zeitleser,
ein zeitloser Dialog,
herzlichen Dank dafür!
archie