Erste Reise (...das Rauschen)

Bon Voyage! Eine Wanderung, ein kleines Kind, eine Frau, ein Mann........

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Ziel ist die Insel Skiros in der Ägäis, eine Kleinfamilie im Sommer 199?

Singe vom Meer, aphrodisische Göttin,

wo einst Homers ruhmvolle Inseln trieben

wolkenlos und sommerblau der Tage Zelt.....

Wir staunen über Bewegungsdrang und Orientierungssinn unserer Tochter, keine drei Jahre alt ist sie damals, barfuss und tänzelnd mit kurzen nackten Beinchen zieht sie uns voran: „Hier lang, hier lang!“ durch Hohlwege und Passagen, entlang an der Plaza, neben der Kapelle ein Tordurchgang, hinunter die Treppen der Stadt am Berg, „hier lang, hier lang!“.... intime, fast private Gassenräume fallen in Kaskaden hinab zu den Olivenhainen und Weiden, über felsige Hänge später zum Ufer, zum Meer, stets und ständig ist sie uns voraus, obwohl sie den Weg erst zwei-, dreimal erlebt hat wie auch wir selbst. Aber in ihrer Erinnerung scheint die komplizierte Strecke ungleich klarer und deutlicher abgelegt als in unserem Gedächtnis, eine kleine, eilige Traumtänzerin folgt ihrem inneren Film ohne jeden Zweifel, trifft ohne Zögern an jeder Gabelung die neue Richtung....

Schwer zu beschreiben ist die komplexe Wahrnehmungshülle, die uns in dieser umfassend verzahnten Räumlichkeit umgibt, durch die sich unser kleines Kind bewegt wie ein Fisch im Wasser, Wände, Terrassen und Wege fließen zusammen in abwechslungsreicher Zuneigung „..ein Ansporn zum Handeln, eine Bühne für Bewegung und Wechselwirkungen.... ein Gesprächspartner für den Körper.“ (Robert J. Yudell in „Architektur für den einprägsamen Ort“).

Eine Freundin hat uns im Bergstädtchen einquartiert, über die Sommermonate wirft sie sich regelmäßig in das tändelnde Treiben zwischen temporären Gästen und Einheimischen... sie sucht das Exil fern der Großstadt, wohl auch als eskapistischen Fluchtort für eine Lebensoption, berückend viril geben sich die Söhne der Göttin Athene. Gassen und Plätze atmen, summen und vibrieren in der Prozession zwischen Nacht und Morgen, durstige, hungrige Sonnenanbeter füllen die Tavernen, Cafés und Restaurants, alle Appartements und die Kassen bis in den September.


Aus dem mählich dunkelnden Dämmerfall meiner Erinnerung glänzt besonders diese eine, unsere erste Reise, und je weiter alles in die Vergangenheit sinkt, desto beständiger leuchtet ein bestimmtes Bild hervor......

Für zwei Tage sind wir dann an die Küste des blauen Meeres gezogen, gastfreundlich schläft das Hotel Xenia aus der Moderne der Sechziger Jahren hinter dem Strand, deutlich erkennbar hat es bessere Zeiten gesehen...... der Portier in ruinöser Livrée wundert sich unmerklich über unser Erscheinen ohne Gepäck, erhitzt und staubig nach einer Wanderung, ein kleines Kind, eine Frau, ein Mann........

Ein Zimmer zum Meer? er lächelt, es gibt keine anderen, und er führt uns durch die mittägliche Stille der schattigen Flure in ein Zimmer, erschöpft setzen wir drei uns auf das breite Bett, erwartungsvoll, aber müde, und der Portier öffnet die beiden Balkontüren und lässt das mächtige blaue Rauschen in unser Zimmer fluten....

Erst kurz vor der Dämmerung sind wir wieder erwacht, wehrlos, hatten das Einschlafen nicht mehr registriert, drei Traumreisende, als Decke nur die mächtige Schallkulisse der anbrandenden ägäischen See, ein tosender Katarakt atmet in unserem Raum, auf Schallwellen eines Sirenengesangs sind wir durch unseren Schlaf geschwommen, und da fühle ich mich eins mit Dir und geborgen im All wie unser Geheimnis, die vierte Seele, unseren jüngsten Liebespfand, eine kleine warme Sonne nistend eine Handbreit unter Deinem Bauchnabel.


Hier endet der 45. Eintrag: Dieser Blog mischt Fiktion und Realität. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind zufällig und in der historischen Überlieferung nicht verbürgt. Ich bin nur der Navigator, mein Name sei NEMO:

Ich schreibe um unser Leben. Bitte bleib dran.

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Geschrieben von

archinaut

Ein Blick weitet den Horizont: Dieser Blog zieht um die deutschen Häuser

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