Hetär* der Hedonisten (Teil III)

Desperate Despoten: Erklärt der Geist aus der Flasche den Weg in die Zukunft?

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Bei dem Berliner Despoten Wow I. hing der Haussegen mächtig schief, er rannte den ganzen Tag schon durch sein rotes Rathaus und polterte überall herum: „Undankbares Gesindel! Was erlaubt sich meine Bevölkerung! Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul!“

Endlich hatte er die staubige, alte Flasche gefunden. Er klopfte drei Mal auf den Korken und murmelte den bewährten Zauberspruch der Altvorderen: „Humboldt, Humboldt, Tätärä!“ Weißer Rauch und wildes Brausen erfüllte das Amtszimmer, und aus der Flasche stieg seine schärfste Waffe: der Alte Humboldt! Der rieb sich verwundert die Augen, fragte mit verschlafener Stimme: „Ihr habt mich gerufen, Despot Wow?“ und hoffte insgeheim auf einen Fehlalarm. „Bestimmt wollt Ihr mit meinem Bruder reden?“

„Alter Humboldt, Ihr müsst mir helfen!“ forderte der Gnädigste Herr ungnädig, „ich habe meinen Bürgern eine neue Zentralbibliothek versprochen, damit sie die teuren Bücher nicht mehr kaufen müssen, sondern sich bilden können ohne dafür zu zahlen! Aber diese Undankbaren wollen keine neue Bibliothek, sie wollen offensichtlich dumm und ungebildet bleiben! Tu etwas, Du bist der Geist aus der Flasche!“

Das mit dem Geist schmeichelte dem Alten Humboldt natürlich, aber etwas besorgt war er schon, dass die Stadt Berlin in den letzten 200 Jahren offensichtlich noch keinen fähigen Bildungsfachmann hervorgebracht hatte.

„Gerne will ich etwas für Euch tun,“ murmelte der Flaschengeist, „aber zuvor muss ich Euch ein paar Fragen stellen.“

„Immer zu, Meister Humboldt!“ rief der Despot ungeduldig, „drei Fragen sind Euch gestattet! Danach: Action!“

„Ihr seid zu gütig, gnädigster Despot,“ murmelte der Alte Humboldt und überlegte fieberhaft, wie er die gewonnene Zeit sinnvoll nutzen könnte.

„Eine Bedingung möchte ich Euch noch stellen,“ fragte er vorsichtig, „wenn Ihr eine der drei Fragen nicht beantworten könnte, möchte ich mich wieder in meine gemütliche Flasche zurückziehen.....“

„Nur zu, ich warte auf Deine erste Frage!“

„Man sagt, dass die neue Bibliothek viele Millionen kosten wird. Woher soll das Geld kommen?“ fragte der Alte Humboldt.

Der Despot lachte: „Hörst Du die trunkenen Gesänge aus dem Ratskeller? Seit Wochen zechen die Brüder vom Gral der Hedonisten dort unten Tag für Tag. Ich habe ihnen den Boden der Stadt als Sicherheit für ein Darlehen versprochen, davon werde ich nicht nur die neue Bücherei bezahlen, sondern auch die Gehälter und Pensionen der Bibliothekare bis ans Ende meiner Regierungszeit!“

„Ein weitsichtiger Plan,“ stimmte Humboldt zu. „Werdet Ihr Eure Pläne zum Wiederaufbau des Schlosses für die Bibliothek verschieben?“

„Aber was fällt Euch ein, Alter Humboldt! Selbstverständlich werde ich beide Vorhaben gleichermaßen nach Kräften vorantreiben.... die Bücherei für die Berliner, das Schloss aber für die Touristen!“ Und für mich, wenn ich mich endlich in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden kann...... regieren nervt! dachte er bei sich im Stillen, aber das wollte er dem Alten Humboldt nicht auf die Nase binden. Seine geheime Hoffnung war nämlich, dass die Gerüchte über den neuen Bibliotheksbau die unter der Steuerfron ächzenden Bürger Berlins ablenken könnte von der größenwahnsinnigen Schlossrekonstruktion, die mindestens doppelt so teuer wie die Bibliothek werden würde. Leicht verärgert forderte er Humboldt auf: „Eine Frage könnt Ihr mir noch stellen! Dann bin ich an der Reihe, Euch zu fragen!“

Bedächtig kostete der Alte Humboldt die Formulierungen für die dritte Frage an den Despoten: „Wann habt Ihr das letzte Mal ein Buch gelesen?“

Wie geht es weiter?

Wer wird die Knute des Despoten brechen?

Hat der Alte Humboldt einen guten Rat für Wow I.?

Mehr dazu in Kürze in diesem Logbuch!

* Hetär (mask. zu Hetäre): Auch wenn die männliche Form nicht überliefert ist, ist sie im Zuge des Gender-Mainstreamings einzuführen...


Hier endet der 213. Eintrag: Dieser Blog mischt Fiktion und Realität. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind zufällig und in der historischen Überlieferung nicht verbürgt. Ich bin nur der Navigator, mein Name sei NEMO:

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Hier die Chronik der Peinlichkeiten:

Prolog: Kannibal Sarrazin

Hetär der Hedonisten Teil 1

Hetär der Hedonisten Teil 2

Hetär der Hedonisten Teil 3

Hetär der Hedonisten Teil 4

Hetär der Hedonisten Teil 5

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Geschrieben von

archinaut

Ein Blick weitet den Horizont: Dieser Blog zieht um die deutschen Häuser

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