Mein letzter Opel

Vom Fahren: Der beste Freund des Menschen - trotz Abwrackprämie

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„Bei der Objektprägung wird ein Lebwesen auf ein bestimmtes Objekt geprägt, etwa auf einen Artgenossen“ so erklärt es Wikipedia..... Bei der Einschulung im Jahr 19?? sollte jedes Kind das Auto der Familie zeichnen, unseres war immer ein Kapitän von Opel, und etwas verschämt erklärte ich dazu, dass es ein Firmenwagen sei, uns also nicht gehöre. Den Fahrer, der meinen Vater gelegentlich bringt oder abholt, verschweige ich lieber ganz....

Militärisch präsentiert sich die Opel-Hierarchie meiner jungen Jahre: Kadett, Kapitän, Admiral........ Ursprung einer Wanderung durch viele Marken, deren Fortschreibung abschließt mit dem gut abgehangenen Corsa, der jetzt, einen Tag vor Weihnachten, dem Zündschlüssel nicht mehr gehorchen will....... so beendet ein eigenwilliger Zufall mein Automobilistenleben mit meiner ersten Automarke, die doch gerade selbst um ihren Platz in der Zukunft kämpft.

Volkswagen, Karmann, Toyota, Ford, Peugeot, Volvo oder Mercedes-Benz standen im Laufe der Jahre als weitere Hersteller in meinen verschiedenen KFZ-Briefen, im Wechsel nicht begründet durch Image-Gewinn oder Finanzschwankungen, sondern eher einem aleatorischen Strukturprinzip folgend..... nur wenige Erinnerungen sind mit dem Namen Opel verknüpft.

Nicht Rennfahrer war mein Berufswunsch, sondern Autodesigner: Als Junge von vielleicht vier Jahren skizzierte ich auf dem Papier meine Lieblingsformen, eckige Scheinwerfer vorne und runde Doppelleuchten für das Heck.... später ging mein Großvater mit mir zum Opel-Händler gegenüber, dem wir das Blatt überantworteten mit der Empfehlung, dass die Firma Opel doch so ein Auto bauen möge. Ob das Blatt jemals den Weg nach Rüsselsheim fand, weiß ich nicht, aber der nächste Opel Rekord hatte tatsächlich hinten die runden Doppelleuchten...... vielleicht vergilbt heute noch eine ungelenke Kinderzeichnung in irgendeinem Zeichenschrank der Design-Abteilung...?

Mein erstes eigenes Auto war dann der betagte Opel Kadett meiner Mutter, den sie mir großzügigerweise zum bestandenen Führerschein schenkte. Die lackierten Blechansichten im Innenraum verzierte ich mit selbstklebender Folie in grünem Marmor-Design, außen personalisierte ich das Gefährt mit eigenwilligen Motiven, die böse Geister vertreiben sollten.... leider nicht erfolgreich, da im zweiten Winter ein irreparabler Totalschaden zum Verlust des Fahrzeugs führte: da ging er hin, mein Erster......

Als Fortschreibung dieser liebenswürdigen Familientradition habe ich unserer erstgeborenen Fahranfängerin ebenfalls das aktuelle Auto versprochen, den schon erwähnten Opel Corsa Baujahr ’93. Der Zufall trieb dieses Vehikel vor etwa zwei Jahren in meine Arme, als eine Freundin es bei ihrer greisen Mutter konfiszierte, aber keine eigene Verwendung dafür finden mochte.

In der Geschichte unserer vierköpfigen Familie ist (oder sollte ich schon sagen, war?) besagter Corsa das kleinste Fahrzeug, da wir in der Regel auf Reise- und besonders auf Umzugstauglichkeit geachtet haben, um gegen die wechselvollen Unwägbarkeiten der Existenz schnell reagieren zu können. Aber mit den Veränderungen des wirtschaftlichen Horizonts verflüchtigten sich nach und nach die Zweit- oder gar Drittmobile, die Aufgabe des Wohnmobils schließlich ließ die Option auf eine glückliche Hippie-Existenz am sonnig-südlichen Meer verlöschen.

In diesem Jahr ist um Ostern die TÜV-Prüfung fällig, in der das aktuelle Fahrzeug um Haaresbreite strandet.... für die Wahrnehmung der staatlichen Wrack-Subventionierung fehlt Liquidität wie auch Investitionsvermögen. Zeitgleich gibt unsere Spülmaschine den Spülwillen auf, was bedauerlich, nicht jedoch erstaunlich ist, hat sie doch das Alter erreicht wie unsere Älteste.....

Die Subventionierung von Spülmaschinen hat die Bundesregierung bisher leider nicht als Konjunkturanreiz entdeckt, so waschen wir Geschirr, Besteck und Töpfe seit Monaten von Hand ab.

Jetzt also, einen Tag vor Weihnachten, gibt uns das Zündversagen einen guten Grund, keinen Weihnachtsbaum zu kaufen........wir holen die kleine Topffichte vom Balkon herein und schmücken sie wieder. Wenn sie uns noch einige Jahre zum Fest begleiten wird, sollten wir ihr einen schönen Namen geben, Fortuna zum Beispiel......

Wer mit der Hand spült, braucht gewiss kein Auto.... sollte der Wagen nicht mehr anspringen, werden wir im nächsten Jahr als mustergültige Bundesbürger freundlich entspannt daran mitwirken, die CO²-Einsparziele zu erfüllen. Hoffentlich kommt die bereits gezahlte Kraftfahrzeugsteuer zurück, man hört ja Beunruhigendes über den Zustand der öffentlichen Kassen....

Aber warum rumpelt die Waschmaschine neuerdings so hinterhältig, zwölf Jahre sind doch kein Alter......?


Hier endet der 56. Eintrag: Dieser Blog mischt Fiktion und Realität. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind zufällig und in der historischen Überlieferung nicht verbürgt. Ich bin nur der Navigator, mein Name sei NEMO:

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Geschrieben von

archinaut

Ein Blick weitet den Horizont: Dieser Blog zieht um die deutschen Häuser

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