Einsatz für den öffentlichen Nahverkehr: Wir ergreifen die Initiative, um mit neuen Angeboten den Busverkehr zu fördern, steht auf dem Plakat im Wartezimmer, ganz oben die Überschrift: Unternehmensleitbild der Q-Bus Verkehrsgesellschaft mbH.
Er wartet auf seinen Termin beim Chef des Unternehmens. Die Stahlrohrmöbel der Wartezone dünsten die unverwüstliche Schäbigkeit einer niemals alternden Moderne aus, hinter dem hohen Kunststofftresen waltet abwartend eine vergraute weibliche Person unbestimmbarer Funktion. Missbilligend hat sie ihn betrachtet, als er diese heiligen Hallen betrat und sich fröhlich vorstellte: Guten Tag, ich komme von Bauprojekt Quedlinburg und habe jetzt einen Termin bei Herrn Knapsen!
Nachdem die Empfangsdame eine längere Weile fast erfolglos den nahezu jungfräulichen Terminkalender ventiliert hatte, meldete sie ihn schließlich telefonisch beim Chef der Verkehrsgesellschaft an und beschied ihm noch einen kurzen Moment zu warten.
Sie können jetzt zu Herrn Knapsen!
Bei Herrn Knapsen, dem Geschäftsführer der Q-Bus Verkehrsgesellschaft, wiederholt er kurz seinen Wunsch: Da ich ganz frisch bei Bauprojekt bin, aber auch neu in der Region, besuche ich zur Zeit alle Bauherren der letzten Jahre, sagt er, vielleicht haben Sie ja eine neue Aufgabe, die wir als Ingenieure und Architekten für Sie vorbereiten können?
Herr Knapsen wartet unbeweglich auf die weiteren Einlassungen. Der neue Architekt hat Bilder von anderen Projekten und Planungen mitgebracht, die er zeigt und erläutert, so auch einen Straßenbahnhof, der bald gebaut wird.
Geschäftsführer Knapsen räuspert sich und blinzelt höflich über die ausgelegten Bilder.
Übrigens finde ich den Namen Ihrer Gesellschaft gut, sagt der Architekt, man erkennt gleich, wo die Busse herkommen!
Endlich eine vorsichtige Reaktion, die Andeutung eine Erinnerung: Wir waren in Berlin bei der Treuhand, um ein Angebot für unsere Quedlinburger Verkehrsbetriebe zu übergeben, der Landrat, der Anwalt und ich, sagt Herr Knapsen, und auf dem Rückweg fragte der Landrat, was wir von dem neuen Namen halten, der ihm gerade eingefallen ist...seitdem trägt die Gesellschaft den Namen Q-Bus.
Der Architekt entwickelt munter: Vor einem Jahr hätte ich nicht gewusst, wo diese berühmte kleine Stadt genau liegt.... jeder weiß, dass Quedlinburg sehr schön ist, aber nur wenige finden her! Ist das nicht schade?
Herr Knapsen wartet ohne jede Regung.
Der Name Q-Bus ist besonders einprägsam.... auf jedem Busbahnhof bundesweit könnte es ein Schild mit Ihrem Logo geben, unter dem der Bus nach Quedlinburg abfährt, man muss nicht wissen, wo die bekannte Stadt liegt, sondern löst einfach sein Ticket und steigt ein.... das Q-Ticket für den Q-Bus, ein lohnender Tagesausflug!
Wir dürfen nicht durch die Nachbarlandkreise fahren, räuspert sich Geschäftführer Knapsen, außerdem sind alle Busse im Einsatz.
Der Architekt schweigt jetzt lieber.
Ist der Bauleiter Gräbermann eigentlich noch bei Bauprojekt? fragt Herr Knapsen. Der neue Architekt bejaht.
Schicken Sie ihn doch mal bitte zu mir, er hat mir vor drei Jahren versprochen, dass er das Pflaster in der engen Kurve auf dem Busbetriebshof nachbessern lässt...... aus Kulanz. Wir bekommen nämlich keine Fördermittel mehr...
Hier endet der 215. Eintrag: Dieser Blog mischt Fiktion und Realität. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind zufällig und in der historischen Überlieferung nicht verbürgt. Ich bin nur der Navigator, mein Name sei NEMO:
Ich schreibe um unser Leben. Bitte bleib dran.
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Dieser Blog mischt Fiktion und Realität. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind zufällig und in der historischen Überlieferung nicht verbürgt. Ich bin nur der Navigator, mein Name sei NEMO:
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Kommentare 4
lieber archinaut, deine texte zeigen zumeist, in der mischung von realität und fiction, eine in der wurzel traurige wirklichkeit, hier die des sich verkaufen müssens und des wettbewerbs, eines wettbewerbs, in den auch die kommunen und all jene gezwungen werden, die eigentlich das "geschäft" der sozialen daseinsvorsorge betreiben, das eben nicht nach rein marktwirtschaftlichen kriterien zu händeln ist (all das ist ja nun nichts neues, aber es macht mich traurig zu sehen, wie sich leute und institutionen unsinnig in dieser art wettbewerb verheizen und allmählich ihrer bestimmung, ihres charakters verloren gehen ...) - was heißt, diese texte sollte man lesen, auf sich wirken lassen, und es wäre schön, entwickelte auch das fernsehen und der deutsche film wieder einen instinkt für solche sachen, statt ständig diesen degeto-normenbrei zu reproduzieren ...
Lieber archie, da kann ich jayne nur beipflichten. Danke für das (gewohnte) Qualitätsblog. Ich habe mein Leben lang noch lein eigenes Auto gehabt und weiss wirklich, was diese Leistungen der Busunternehmen des ÖPNV bedeuten. Hier im Ruhrgebiet ist man da eher verwöhnt und diese Leistungen haben sich in den letzten 30 Jahren doch sehr verbessert. Ich kann mir aber lebhaft gut vorstellen, dass es in Quedlinburg anders ist und dieser Missstand verdient solche kritischen Zustandsbetrachtungen wie hier abgeliefert.
Herzliche Grüße
por
Liebe jayne,
freue mich über Deine Gedanken zu diesem kleinen Stückchen.... Du hast recht, das Phänomen, dass sich einige Behörden und Institutionen zu "Unternehmen" aufpimpen, hat gelegentlich skurrile Folgen... in der Innenwirkung (Identifikation der Mitarbeiter) wie auch in der Außendarstellung...
Lieber por,
auch über Dein Interesse und über Deine Gedanken freue ich mich..... interessant finde ich auch, dass Du und jayne ganz unterschiedliche Aspekte aus der Geschichte lesen...
Herzlichst
archie