Es geht los...

Rovaniemi Ein viertel Jahr Forschen in der Hauptstadt Lapplands im Hohen Norden Finnlands soll gut vorbereitet sein.

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Es geht los...

Foto: Fred Dufour/AFP/Getty Images

Es geht los... Erstmal mit dem Packen. Eigentlich das Schlimmste beim Reisen, denkt man sich zumindest beim Packen. Packen für 3 Monate ist so eine Sache. Was braucht man, was nicht. Listen schreiben, wieder streichen, überlegen, aufschreiben und wieder streichen. So geht es dahin bis man die Einsicht gewinnt, dass man jetzt endlich mal anfangen sollte zu packen. Gut, nochmal schnell bei Finair nachschauen, wie viel man mitnehmen darf. 23 Kilo im Koffer, 8 Kilo Handgepäck – Mist! Das ist wenig für 3 Monate und dann noch das ganze schwere Winterzeug. Mei, muss gehen. Also Kleiderschrank auf und Sachen raus auf's Bett und abhacken. Wo ist denn...? Suchen, nicht finden, suchen, nicht finden, verfluchen und dann nochmal suchen und... finden, na endlich. Es wird immer mehr und der Koffer, der zuerst so groß aussah, schrumpft dahin.

Aber erst mal eine Pause, sich hinsetzen und an der E-Zigarette ziehen. Pfff, was weiß man schon groß über die neue Heimstätte für die nächsten 3 Monate? Immerhin ein viertel Jahr und dass irgendwo zwischen dem nördlichen Ende der Ostsee und der russischen Grenze in Mitten von abertausenden Birken. Helsinki kennt man, Linus Torvalds sei Dank. Aber Rovaniemi, diese Stadt im Nirgendwo im schönsten IKEA Schick der 1980iger Jahre gehalten, zumindest suggeriert das einem Street View von Google Maps. 60.000 Menschen, davon 10.000 Studierende, die im Wald am Polarkreis sitzen und allzu bald ist man einer von denen. Hockt dann im Arctic Centre und macht ein Forschungspraktikum. Man wollte ja selber über die politische und wirtschaftliche Entwicklung der europäischen Arktis promovieren. Und so kommt man dann auch nach Finnland, dem Land, das für konservative Politiker herhalten musste, damit sie vor einer halben Ewigkeit dem Bundeskanzler Brandt vorwerfen konnten, er wolle die Bundesrepublik „finnirisieren“. Hätte er das nur auch selber gewollt, denkt man sich, bevor man abschweift, ob man wirklich soviel mitnehmen muss.

Der Koffer fühlt sich, jedoch mag einen anscheinend die Waage aus dem Bad. Sie bleibt immer hübsch und nett unter den besagten 23 Kilo. Also soweit alles klar um morgen in Flieger zu steigen und in neuer Umgebung weiter über Kapitalströme, politische Entscheidungsprozesse, physische und informelle Infrastruktur, Peak Oil, neue Handelsrouten und und und nachzugrübeln und das Ganze noch getränkt mit Globalisierung und Weltwirtschaftskrise. Aber bevor alles los gehen kann, muss noch die eine entscheidene Frage gelöst werden. Wie bekomme ich jetzt den Koffer zu?

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Geschrieben von

Arctic Matters

Das Reisetagebuch von Christoph Hentschel, eines Doktoranden im hohen Norden Finnlands.

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