Kaikki parhaat!

Fahnentag Fahnentage gab es in der DDR und gibt es in Finnland. Aber was hat es damit auf sich?

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Man steht morgens auf, schaut verschlafen aus dem Fenster und muss unweigerlich an „Ich trage eine Fahne und diese Fahne ist rot, die Vater schon trug durch die Not.“ denken. So geht nämlich der Refrain eines alten, manchmal vielleicht doch zu sentimentalen Arbeiterliedes. Aber warum muss man das? Weil direkt vor seinem Fenster eine riesige weiße Fahne mit blauem Kreuz weht. Als geschichtsbewusster Mensch, denkt man dann weiter: "Ahhh, Fahnentag?! Samma denn hier in der DäDäRä?" Nee, aber wie im ersten sozialistischen Staat auf deutschem Boden, namens DDR gibt es auch in Finnland sogenannte Fahnentage. Daher ist das Folgende für Bürgerinnen und Bürger der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik alter Kaffee und sie können zum übernächsten Absatz springen.

Fahnentage sind Tage, wo man arbeiten geht, aber es trotzdem was zu feiern gibt. Anders als in der (Alt-)BRD, wo dies meist irgendwelche christlichen Feiertage sind, die von bösen säkularen Aufklärern wie Maximilian von Montgelas ihrer Festlichkeit beraubt bzw. befreit wurden, handelt es sich um profane Dinge, die man mit dem Schaustellen nationaler Identifikationssymbole, also mit dem Hissen der Landesfahne an öffentlichen Gebäuden geehrt wird. In der DDR waren das meist die verschiedenen Berufsgruppen, Schreiner, Mediziner, Traktoristen etc. pp. Damals hatte jede Berufsgruppe ihren Tag, an dem man sich selber feierte mit einem Betriebsausflug oder ähnlichem. Da die DDR stolz auf ihre arbeitende Bevölkerung war, hisste man für sie die Fahnen, also war Fahnentag. Nachdem es sehr viele Berufsgruppen auch in der DDR gab, konnte man schon witzeln, dass in der DDR jeden Tag Feiertag war, weil praktisch jeder Tag im Jahr der Fahnentag für irgendeine Berufsgruppe war.

In Finnland geht man mit solch Ehrerbietungen sparsamer um. Insgesamt 16 Fahnentage gibt es. Da gibt es beispielsweise den Tag der Vereinten Nationen, den Unabhängigkeitstag, Tag der Arbeit, Veteranentag und Tag der finnischen Kultur oder den der finnischen Sprache. Heute ist Aleksis Kivi Tag, der Tag der Finnischen Literatur. Der Tag ist nach dem finnischen Nationaldichter Aleksis Kivi (1834 – 1872) benannt. Kivi, der eigentlich unter seinem schwedischen Namen Stenvall geboren wurde, war der erste Finne, der nicht auf Schwedisch, der bis dahin üblichen Literatursprache in Finnland, schrieb, sondern auf Finnisch. Seiner schriftstellerischen Tätigkeit, bemüht der finnischen Sprache Geltung zu verschaffen, stieß zu Lebzeiten auf wenig Widerhall in der finnischen Oberschicht. So verstarb Kivi mit gerade mal 38 Jahren verarmt und an Depressionen leidend. Seine letzten Worte sollen, ironischer Weise auf Schwedisch, „Lever, lever!“ (dt. Leben, leben) gewesen sein.

Heute ist er der Stammvater der finnischen Literatur oder wie Deutsche es gerne ausdrücken, er ist der finnische Goethe. Somit auch sein Werk hoch geehrt, wie wir am eigenen Fahentag sehen können.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Arctic Matters

Das Reisetagebuch von Christoph Hentschel, eines Doktoranden im hohen Norden Finnlands.

Arctic Matters

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden