Aufklärer im Hangar

Dornier-Museum In Friedrichshafen eröffnet der Luftfahrtkonzern Dornier ein eigenes Technikmuseum. Dort geht es auch um die Vergangenheit des Rüstungsunternehmen im Zweiten Weltkrieg

Das Genre Technikmuseum ist nicht unproblematisch. Gerade die großen Firmenmuseen der Autokonzerne zeigen, wie man es nicht machen sollte. Schicke, teure Architektur umhüllt chromblitzende Ausstellungen, die mit modernsten Marketingmethoden die Produkte vergangener Jahrzehnte präsentieren. Was die Herzen vieler Oldtimerfans höher schlagen lässt, bedeutet leider häufig einen Verlust an Distanz und Kontextualisierung. Oft genug meint man eher in historisierenden Verkaufsräumen von Porsche oder BMW als in einem Museum zu stehen. Dass Technikgeschichte auch anders funktioniert, kann man in manchen staatlichen Museen dieser Art erleben. Man besuche beispielsweise die großen Häuser in Berlin, Mannheim oder München, dann bekommt man andere, wissenschaftlich abgesicherte und reflektierte Zugänge zum Thema.

Die Macher des neuen Dornier-Museums in Friedrichshafen am Bodensee wollten sich hier konzeptionell nicht ganz entscheiden. Die frisch berufene Museumsdirektorin Christina Becker war zuletzt beim Porsche-Museum in Stuttgart-Zuffenhausen tätig. In ihrer neuen Aufgabe in Friedrichshafen will sie Porsche nicht kopieren, sondern eine Institution aufbauen, die auch die jeweilige Einbettung der Unternehmensgeschichte in Epoche, Gesellschaft und Kultur präsentieren soll.

Ein neues Zuhause für eine der großen Visionen des 20. Jahrhunderts, den menschheitsalten Traum vom Fliegen, soll das Dornier-Museum werden, das nun seit vergangener Woche seine Hangartore geöffnet hat. Friedrichshafen ist dafür die passende Adresse. Die Industriestadt am Bodensee war und ist eines der Zentren, wenn es um die europäische Entwicklungs- und Ingenieurskunst geht. Der spätere Luft- und Raumfahrtkonzern Dornier entstand dort unter Leitung des schwäbischen Ingenieurs Claude Dornier (1884-1969) aus einer Abteilung des Pionierunternehmens Luftschiffbau Zeppelin GmbH heraus. Ab den zwanziger Jahren entwickelte und baute Dornier eigene Verkehrsflugzeuge und wurde so wichtiger Teil der aufstrebenden Luftfahrtindustrie. Unter den Nationalsozialisten produzierte Dornier Rüstung für den Zweiten Weltkrieg, nach 1945 entwickelte das Unternehmen weiter Technik für die zivile und militärische Luftfahrt sowie für die Raumfahrtindustrie. In den achtziger Jahren verlor Dornier seine Eigenständigkeit und gehört heute zum EADS-Konzern.

Der Museumsbau ist einem Hangar nachempfunden. Im Stil bekannter Technikmuseen füllen Großexponate wie der Senkrechtstarter Do 31, ein Alphajet, Satelliten, Aufklärungsdrohnen und Raketensysteme die Halle. Den Wissenskern bildet aber eine eingehängte „Museumsbox“, in der mit modernsten musealen Mitteln die Unternehmensgeschichte sowie ihre Einbettung in die allgemeine technische und gesellschaftspolitische Zeitentwicklung geleistet werden. Hier findet die notwendige Erdung der Technikträume statt: Dornier war eben nicht nur Pionierunternehmen, sondern auch nationalsozialistischer Musterbetrieb und High-Tech-Schmiede für den Krieg. Bis heute sind die Dornier-Nachfolger wichtiger Teil der europäischen Rüstungsindustrie.

Unabhängig von allen formulierten Ansprüchen ist die Museumsgründung zuallererst Teil eines kollektivbiografischen Prozesses der Familie Dornier und ihrer ehemaligen Mitarbeiter. Während der Impuls und die notwendigen Gelder von der Familie kamen, trugen die Mitarbeiter entscheidend zum Exponaten- und Geschichtenschatz bei. Die Bedeutung dieser Gemeinschaft wurde während der Eröffnung mehrfach beschworen. Silvius Dornier, Initiator des Projektes und langjähriger Firmenvorstand, ordnete die technische Pionierleistung seines Vaters in einen arbeitsteiligen Prozess und eine Unternehmenskultur mit Sinn für Arbeit, Sparsamkeit und Vertragstreue gegenüber Partnern ein. Die Besucher dürfen gespannt sein, wie sich dies in der Ausstellungsarbeit niederschlägt.

Dornier-Museum Friedrichshafen, geöffnet täglich von 9:0017:00 Uhr, Eintritt: 9

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