Backpfeifen nützen nichts

SPD Wie es aussieht macht die SPD den Steigbügelhalter für eine neue Regierung Merkel. Wie von Gysi vorhergesagt rappelt es nun im SPD-Karton. Aufrappeln oder untergehen?

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Die SPD hat sich maßgeblich von den Schröderianern zum Backpfeifengesicht machen lassen. Aber ich fürchte, selbst auf diese harte Art und Weise ist die Alte Tante momentan nicht mehr vernünftig rot zu kriegen. Die SPD hat mit einer fragwürdigen Politik viel Flurschaden angerichtet. Und deshalb haben sich viele Stammwähler von der Partei abgekehrt. Einst treue Mitglieder haben die SPD in Scharen verlassen. Warum? Schlicht: Die Partei ist nicht mehr sozialdemokratisch!

Den linken Flügel ausgerissen

Der Kabarettist Werner Schneyder erklärte den desolaten Zustand der SPD in einem seiner Programme sinngemäß einmal so: Die deutschen Sozialdemokraten haben sich den linken Flügel ausgerissen. Der Partei geht es wie einer Fliege, der man solches antat. Die SPD dreht sich seither nur noch im Kreise. Das ermüdet offensichtlich. Nur noch ein leises, schwerfälliges Summen ist zu hören. Darin man soziale Töne nur schwach erahnen kann.

Wer glaubt noch daran, sie je in Politik umgesetzt zu erleben, die mit geschwollener Brust postulierten sozialen Vorhaben? Noch dazu in einer Großen Koalition mit der Union? Wer von uns ist noch so naiv. Einen politischen Richtungswechsel - will die SPD den überhaupt? Sie könnte ihn einleiten. Schon jetzt. Die linke Mehrheit ist da im Deutschen Bundestag. Es jammert einen! Dieser Anblick, den wir uns doch bloß bildlich vorstellen müssen.

Die rechtsflüglige SPD quält sich und ihre nur noch wenigen verbliebenen Wählerinnen und Wähler. Ihre leidgeprüften Genossinnen und Genossen an der Basis. Ach! Das tut einem doch als alten Sympathisanten der SPD in der verwundeten Seele weh. Wie den Sozis, die längst keine Sozis mehr sind, helfen? Allein: Die SPD lässt sich ja nicht helfen. Bald wird ihr womöglich nicht mehr zu helfen sein. Dürfte sie doch schon in Bälde den Steigbügelhalter für die Union machen und der gefährlichste Frau Europas, Angela Merkel, abermals zum Amte der Bundeskanzlerin verhelfen. Gut, es ist von Differenzen, gar von Verhandlungsabrüchen, bei den Koalitionsverhandlungen die Rede.

Aber zweifelt noch jemand daran, dass die GroKo - die Große Koalition - am Ende zustande kommt?

Für die lasche Presse hierzulande scheint diesbezüglich kein Zweifel mehr daran zu bestehen. Und die Umfragen sprechen ja auch eine deutliche Sprache: Die Mehrheit der Deutschen, hört und liest man bis zum Erbrechen fast, wollen die Große Koalition. Wer sind eigentlich die Deutschen? Mich hat jedenfalls niemand gefragt. Aber lassen wir das. Man weiß ja wo man wohnt.

"Sie kennen mich", drohte Angela Merkel am Ende des Duells mit Peer Steinbrück (wer war das gleich noch?) Ja, Frau Merkel, wir kennen Sie! Mittlerweile. Aber auch Sie finden die Deutschen ja gut. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird es also zur Großen Koalition kommen.

Gar nicht gut ist das für Europa. Und absolut gar nicht gut für viele Menschen hierzulande. Aber wenn es die Deutschen doch so wollen?

Bangen mit Willy Brandt und der SPD

Doch zurück zum alten Backpfeifengesicht SPD. Ich gebe zu, mir 1972, da ich ein glühender Symphatisant Willy Brandts und der SPD gewesen bin, nicht habe vorstellen können, dass diese Partei sich dereinst einmal selbst entlaiben würde. Damals als die Union ein konstruktives Misstrauensvotum gegen Brandt angestrengt hatte, führte ich verbotenerweise ein kleines Miniradio namens "Kosmos" sowjetischer Produktion im ESP-Unterricht (ESP: "Einführung in die Sozialistische Produktion") mit mir. Ich bangte ehrlich um die Kanzlerschaft Willy Brandts und litt still mit ihm und seiner Partei. Und war dann letztlich glücklich als der Deutschlandfunk via meines Mini-"Kosmos" vermeldete, das konstruktive Misstrauensvotum gegen Brandt sei gescheitert.

Will die SPD überhaupt?

Heute verbietet sich mir jedes Mit-Leid, jedes Bangen um die nicht mehr sozialdemokratisch handelnde Partei. Warum auch mit einer (S)PD leiden bzw. auf sie politische Hoffnungen verschwenden, die den Eindruck vermittelt eine Kanzlerschaft überhaupt nicht zu wollen?

Hat die SPD einen an der Waffel?

Ab morgen bis zum Samstag findet in Leipzig der ordentliche Bundesparteitag der SPD statt. "Spiegel Online" dazu: "Ein Tabu fällt. Die SPD weicht kurz vor dem Parteitag ihren harten Kurs gegenüber der Linkspartei auf und öffnet sich für neue Koalitionsoptionen. "Wir sind gesprächsbereit", heißt es bei den Sozialdemokraten. Was steckt hinter dem Manöver von Parteichef Gabriel?"

Darf man eigentlich fragen, ob die SPD einen an der Waffel hat? Gewiss. Aber es wird zu nichts führne. Im Jahre 2017 will die SPD es vielleicht einmal mit der Linkspartei versuchen. Oder wollen die führenden "Sozial"demokraten sich nur ein Türchen aufmachen, für den Fall die "GroKo" hält nicht vier Jahre? Der Fraktionschef der Partei DIE LINKE, Gregor Gysi lag wohl richtig mit seiner Vermutung vor der Bundestagswahl, dass es danach mit ziemlicher Sicherheit rappeln würde im SPD-Karton. Doch zu was führt dieses Rappeln? Vorerst wahrscheinlich in die Große Koalition. Und die Frage ist ja: Ist es ein Auf-Rappeln? Wenn das leicht hörbar gewordene Rappeln im SPD-Karton indes doch wieder nur von dem ihres linken Flügels beraubten Parteikorpus herrührt, der mit dem rechten Flügel sinnlos herumrudert, dann gute Nacht SPD, die alte Tante!

Eine neue SPD-Führung wäre eigentlich dringend vonnöten. Die alte ist doch längst untragbar geworden. Die neue täte gut daran über eine Transplantation nachzudenken, um wieder "flugfähig" zu werden. Ansonsten fahre dahin SPD, in den Orkus der deutschen Parteiengeschichte. Im augenblicklichen Zustand nützte selbst das kräftigste Backpfeifen deiner selbst nicht, um dich wieder vernünftig, rot und sozialdemokratisch zu kriegen.

Demnächst haben übrigens die SPD-Mitglieder das Wort in Sachen Große Koalition. Werden sie Mut beweisen oder einfach nur funktionieren?

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Geschrieben von

asansörpress35

Politischer Mensch, der seit der Schulzeit getrieben ist, schreibend dem Sinn des Lebens auf die Spur zu kommen.

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