Claus Weselsky sprach mit #neulandrebellen

Gewerkschaftsarbeit In der Tarifauseinandersetzung mit der DB AG 2014 wurde uns der GDL-Chef medial beinahe als Irrer dargestellt. Mit #neulandrebellen sprach er über Gewerkschaftsarbeit

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Wir alle dürften uns noch an den Streik der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer im Herbst 2014 erinnern. Vielleicht unmittelbar als davon Betroffene Fahrgäste der Eisenbahn. Oder als interessierte Bürgerinnen und Bürger. Hoch her ging es damals. Und die Medien spielten seinerzeit nicht gerade eine positive Rolle. Unvoreingenommen und schon gar nicht neutral berichteten die meisten über den Tarifkonflikt der GDL mit der Deutschen Bahn AG. Für den Spiegel durfte eine Journalistin namens Yasmin El-Sharif einen Beitrag verfassen, welchem die Redaktion des Nachrichtenmagazins die Überschrift „Deutschlands dümmste Gewerkschaft“ verpasst hatte. Der Untertitel war nicht weniger abwertend: „Die Lokführer schmettern das neue Tarifangebot der Deutschen Bahn ab - sie wollen lieber streiken. Das ist ihr gutes Recht. Dumm nur, dass sie damit ihre eigene Entmachtung betreiben“.

Für die konservative FAZ verstieg sich Corinna Budras am 10.10.2014 völlig: „Stoppt diesen Mann! Claus Weselsky ist Chef der Lokführer-Gewerkschaft. Das ist ihm zu wenig. Nur deshalb legt er Deutschland lahm. Ein Wutausbruch“. - Irre!

Um die Forderungen der GDL zu diffamieren schreckten Medien nicht vor übelster Stimmungsmache gegen deren Vorsitzenden Claus Weselsky zurück

Um was es der GDL im Herbst 2014 gegangen ist, ist auf deren Website nachzulesen. Einig der Gewerkschaftsforderungen konnten die Mainstream-Medien letztlich zwar nicht völlig von der Hand weisen. Dennoch wurde kaum etwas unterlassen, um den Streik in der Öffentlichkeit zu diffamieren. Wohl wissend, die zunehmend verärgerten, vom Streik Betroffenen Fahrgäste hinter sich zu wähnen. Breitseite auf Breitseite wurde auf Claus Weselsky, den Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) abgefeuert. Nicht selten ist gar der Eindruck erweckt worden, Weselsky führe eine Art Privatkrieg gegen die Deutschen Bahn AG. Fein ging es da nicht zu. Eher übelst und auf die widerlichste Art. Weselsky wurde in ein Licht gerückt, das ihn als Egomanen – wenn nicht sogar als eine Art Psychopath erscheinen ließ. Nicht einmal vor der Privatsphäre des Gewerkschaftsvorsitzenden und der seiner Verwandtschaft wurde haltgemacht. Erinnern wir uns? Selbst im Bekanntenkreis verfing nicht selten die Medien- und Politikerhetze gegen den Vormann der GDL. Kaum jemand stellte sich in diesem heißen Herbst die Frage, warum es denn die GDL-Mitglieder zulassen sollten, dass Weselsky „seinen“ Privatkrieg – wie es manche Medien darstellten gegen die DB AG führt, um sich angeblich selbst zu profilieren. Zumal ja zum Vorstand der GDL noch mehr Personen gehörten. Aber das zählte eben nicht.

Fakt ist: Mit dem Streik der GDL im Herbst 2014 lösten Claus Weselsky und die GDL heftige Debatten aus

Es bot sich an, endlich einmal tiefer in Sachen GDL und Claus Weselsky, noch immer deren Vorsitzender, zu loten.

Telefoninterview mit Claus Weselsky

Für die #neulandrebellen führte Tom Wellbrock „zwischen einer kurzen Nacht und der nächsten Schlichtungsrunde“ ein Interview mit Claus Weselsky. Ich kann allen Gewerkschaftsmitgliedern und auch sonst allen interessierten Menschen nur empfehlen, anzuhören, was Claus Weselsky zu sagen hat. Vielleicht wird da auch wieder einigen Menschen klar, welchen Sinn und Zweck Gewerkschaften in der Gesellschaft erfüllen bzw. einmal erfüllt haben. Und was sie einst und deren Mitglieder – nicht selten gar blutig und unter Verlust des eigenen Lebens – für mehr Gerechtigkeit in der Arbeitswelt und damit für die Gesellschaft leisteten. Und eigentlich heute wieder leisten müssen, um zu verhindern, dass das Erreichte nicht wieder zurückgedreht wird (was ja in der Tat geschieht und weiter versucht wird zu tun) und erhalten bleibt. Und da leisten gerade Einzelgewerkschaften wie die GDL nicht wenig. Und zwar im ureigensten Sinne ihrer Mitglieder! Vor allem wenn wir dagegen bedenken, wie Großgewerkschaften regelmäßig nur alle zwei Jahre gerade mal um die zwei Prozent mehr Geld (knapp ein Inflationsausgleich) „herausholen“. Diese Einzel- und Kleinstgewerkschaften sind bestimmten Politikern und Unternehmensvertretern ein Dorn im Auge. Weil sie oft großen Druck auf die Arbeitgeberseite auszuüben imstande sind. Weshalb mit dem Tarifeinheitsgesetz die Existenz von Gewerkschaften infrage gestellt werden soll. Die Notwendigkeit von Gewerkschaften sollten wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit in unserer Gesellschaft gerückt werden. Momentan sind (Stand 2016) nur noch um die 15 Prozent der Arbeitnehmerschaft in Gewerkschaften organisiert (hier). Das ist bitter.

Hier das Interview, das Tom Wellbrock mit Claus Weselsky via Soundcloud führte.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

asansörpress35

Politischer Mensch, der seit der Schulzeit getrieben ist, schreibend dem Sinn des Lebens auf die Spur zu kommen.

asansörpress35

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden