Das Versagen der Öffentlich-Rechtlichen

Pressefreiheit Heute ist Tag der Internationalen Pressefreiheit. In Deutschland herrscht Pressefreiheit. Warum wird sie aber nicht richtig genutzt? Zum Beispiel von ARD und ZDF?

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Heute ist der Internationale Tag der Pressefreiheit. Der wurde von der UNESCO initiert. Deren Verfassung weist einen Artikel auf, welcher die Förderung der Presse- und Meinungsfreiheit als ein Leitziel der Organisation definiert. So weit. So schön. So gut. Gut? Der Journalist und Publizist Paul Sethe meinte "Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten." Deutschland ist momentan in puncto Pressefreiheit auf Rang 14 in der Welt. Ist das nun gut oder eher schon bedenklich?

Im Grunde genommen: Unsere Presse ist frei

Dies mag jede/r für sich selbst entscheiden. Fakt ist: Hier in Deutschland ist die Presse im Grunde genommen frei. Was nicht heißt, dass Journalisten hierzulande nicht dann und wann in der Ausübung ihrer Tätigkeit Behinderungen ausgesetzt werden. Wozu gehört, auch einmal mit Prozessen überzogen zu werden, wenn journalistisch-kritisch in ein Wespennest gestochen wurde.

Korrektiv in der DDR vonnöten

Pressefreiheit gab es auch in der DDR. Und das war die Freiheit das zu schreiben, was das allmächtige Zentralkomitee der SED für richtig betreffs des politischen (Klassen-)Standpunktes für vertretbar erachtete. Damit Journalisten nicht etwa versehentlich davon abirrten, erließ das ZK entsprechenden Sprachregelungen, die zu beachten waren.

Übrigens soll da auch mal ein Pflicht zur Auschreibung von "Zentralkomitee" anstelle von "ZK" existiert haben. Ob nun absichtlich oder nicht, hatte offenbar ein Setzer aus "ZK" "KZ" gemacht, so dass in einer Zeitung zu lesen gewesen sein soll: "Das KZ der SED ...".

Mehr oder weniger verstanden es auch die Leser damit umzugehen: Man überlas all zu dicke Propaganda oder eben zwischen den Zeilen. Es herrschte zweifelsohne eine gewisse Gleichrichtung. Man könnte auch "Gleichschaltung" sagen, dann aber tun sich sofort Parallelen zur Nazizeit auf.

Jemandem wie mir und gewiss vielen anderen ebenfalls diente zur DDR-Zeit das "Westfernsehen" (in der Regel die ARD) sozusagen als Korrektiv zu Meldungen der Staatsmedien, die einen nicht ganz koscher vorkamen. Nun will ich nicht behaupten, dass schon damals die Westmedien immer hunderprozentig wahrheitsgemäß berichteten. Jedoch kamen wir DDR-Menschen im großen und ganzen immer ganz gut mit dieser Konstellation zurecht. Und war man nicht ganz auf den Kopf gefallen, konnte man sich bestimmte Ereignisse im Lande und der Welt ganz ordentlich zusammenreimen.

Freilich brauchten wir damals und heute ebenfalls nicht weniger immer auch den eignen Kopf. Nämlich um selbst zu denken und abzuwägen, was denn nun im einen oder anderen Fall genau Sache ist.

DerJournalismus ist auf den Hund gekommen

Pauschal stimmt es nicht. Wie nie etwas pauschalisiert stimmt. Aber ich behaupte, der Journalismus hierzulande ist in den vergangenen Jahrzehnten nach Wende und sogenannter Wiedervereinigung der beiden Deutschländer so ziemlich auf den Hund gekommen. Will sagen: ist oberflächlicher und unkritischer geworden. Das hat viele Ursachen.

Aber dürfen wir es deshalb hinnehmen? Ein deutliches Nein! Vor allem nicht, wenn wir Derartiges bei öffentlich-rechtlichen Medien wahrnehmen.

Schon wieder sind Korrektive nötig

Ich empöre mich! Schon wieder wird es für mich (und vielen anderen Menschen dürfte es nicht anders gehen) notwendig mit Korrektiven zu arbeiten. Konkret, um herauszufinden wie etwas wirklich gewesen ist.

Um bei den Öffentlich-Rechtlichen zu bleiben: Schon im Zusammenhang mit Weltwirtschafts- und Finanzkrise wurde schon recht einseitig, bisweilen unkritisch-vernebelnd, was die wahren Ursachen derselben sind, berichtet.

Ich schnappatme

Der momentane Gipfel ist nun für mich jedenfalls in der Berichterstattung über die Ukraine-Krise erreicht.

Ich schnappatme. Hätte ich einen, würde mir längst der Papierkragen geplatzt sein.

Viel zu oft muss ich mir von Korrespondenten - die nicht selten aus Hotels fernab des Geschehens reportieren - einen vom Pferd erzählen lassen. Und dafür zahle ich noch eine "Geräteabgabe"?!

Nun kann auch der beste und gewissenshafteste Reporter im Moment der Schalte nicht immer genau wissen, was konkret passiert ist. Nicht schlimm. Dann aber muss er das sagen. Uns Zuschauern müssen die Fakten in die Hand gegeben, übermittelt werden, die momentan recherchiert und verifiziert sind. Vermutungen müssen als Vermutungen benannt werden. Aussagen der jeweiligen Kontrahenten und Akteure in der Ukraine-Krise, die vielleicht längst schon zum Bürgerkrieg geworden ist , ebenfalls. Dann muss ich mir als Zuschauer/Hörer aufgrund dessen versuchen ein Bild zu machen. So sollten Nachrichten funktionieren. Kommentare sind etwas anderes, das versteht sich.

Desinformation und Hetze

Was aber mussten wir in letzter Zeit in Sachen Ukraine-Krise verstärkt erleben? Desinformation, an NATO-Propaganda Grenzendes, ja auch etwas, das man als Hetze wahrnimmt.

Zuschauerreaktionen im Netz werden zunehmend wütender. Die Redaktionen von "Tagesschau" und "heute" antworten zumeist, die Kritik könnten sie nicht teilen. Sie bemühten sich. Doch Mühe allein genügt eben nicht.

Dem ehemaligen Tagesschau-Redakteur Volker Bräutigam ist der Kragen geplatzt

Unterdessen ist auch dem einstigen Tagesschau-Redakteur Volker Bräutigam der Kragen geplatzt.

Der Journalist sieht in der von Berichterstattung einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Staatsvertrages des Norddeutschen Rundfunks, vor allem gegen den Programmauftrag ("objektiver und umfassender Überblick"), die Programmgrundsätze ("internationale Verständigung fördern, für die Friedenssicherung eintreten") sowie die Programmgestaltung ("zur Wahrheit verpflichtet", "sachlich und umfassend zu unterrichten"). (mehr hier, Quelle: Stimme Russlands)

An die "Werte(n) Kolleginnen und Kollegen" schreibt Volker Bräutigam,

"Die Verpflichtung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu tatsachengerechter, um Objektivität bemühter Nachrichtengebung berücksichtigen Sie im Rahmen Ihrer Ukraine-Berichterstattung mittlerweile offenbar allenfalls noch zufällig.

Wann endlich machen Sie Schluss mit dem Trauerspiel, z.B. von den in der Ostukraine festgesetzten Offizieren aus Deutschland und weiteren EU-Staaten als von "OSZE-Militärbeobachtern" zu schwadronieren? Es sollte Ihnen doch bekannt sein, dass die OSZE keine verdeckten Militärmissionen ausführt, das stünde schließlich im völligen Gegensatz zu ihrer Gründungscharta! Auch hat die Organisation selbst längst klargestellt, dass es sich bei der fraglichen Gruppe eben n i c h t um Leute handelt, die im Auftrag der OSZE unterwegs waren. Es handelt sich um in Zivil und mit verdecktem Informationsbeschaffungsauftrag durch die Ostukraine reisende Offiziere, die das Label der OSZE lediglich als Deckmantel missbrauchten. Vulgo: Spione. Das Herumeiern der Sprecher der Berliner Ministerien der Verteidigung und des Äußeren spricht doch Bände!

Weshalb es bei Ihnen offenbar noch nicht einmal zu einem Redaktionsbeschluss reicht, das fraglos illegale Putschisten-R e g i m e in Kiew und seine faschistischen Kumpane in Kabinett und Parlament als das zu benennen, was sie sind - und nicht länger fälschend und anerkennend von "Übergangsregierung" zu berichten und Meinungsmachende Titulierungen wie "Interims-Präsident" und "Regierungschef" zu verwenden - ist nachgerade unbegreiflich.
Mit dieser widerwärtigen Art von willentlich hingenommener irreführender Informationsgebung sägt sich der Journalismus im öffentlich-rechtlichen Bereich letztlich den Ast ab, auf dem er sitzt. Von berufsethischen Fragen gar nicht erst zu reden.

Es grüßt der ehemalige Tagesschau-Redakteur
Volker Bräutigam

Quelle: zeit-fragen-info-blog.de

Butter bei die Fische!

Nun mal Butter bei die Fische! Auf konkrete nicht ausweichende bzw. abwiegelnde Antworten ist man auch als Konsument öffentlich-rechtlicher Medien gespannt wie ein Flitzebogen.

Wer in diesen Angelegenheiten Kritik übt, kriegt ja inzwischen rasch eins übergebügelt. Wird mit dem Stempel "Russenversteher" (die Stoßrichtung ist klar) versehen oder insgeheim verdächtigt zur Fünften Kolonne Wladimir Putins zu gehören.

Denjenigen, die so denken, sollten so handeln wie die Preußen, die angeblich nicht so schnell schiessen. Ich empfehle dazu das folgende tatz-Interview mit einem US-amerikanischen Russlandforscher zu lesen. Und sich hernach fragen, von was oder wem die USA eigentlich betreffs ihres m.E. dummen wie hoch gefährlichen Handelns in der Ukraine-Krise geritten werden? Warum die Konfrontation mit Russland?

Gleich im Anschluss daran könnten (ja: müssten) wir Europäer uns eigentlich fragen, ob das in unser aller Interesse sein kann. Denn, ist es vielleicht nicht sogar so, dass, wie der Ex-Bundestagsabgeordnete Willy Wimmer (CDU) meint, den USA ein uneiniges in Krisen (womöglich in einen Krieg( gestürztes Europa ganz zu passe käme?

Nicht in europäischem Interesse

Eines jedoch ist klar: Uns Europäern kann nicht gefallen, dass Frieden und Demokratie zum Teufel gehen und wir im schlimmsten Falle wieder vor Trümmern stehen und immenses Leid beklagen müssen wie schon einmal 1945. Übertrieben? Ist möglich. Aber muss nicht übertrieben werden, das manche begreifen, dass augenblicklich mal wieder mit dem Feuer gespielt wird in Europa. Fein sollten wir darüber nachdenken, wer die Brandstifter und wer die Biedermänner in der anrollenden Tragödie sind.

Die Medien, die Journalisten sollten ihren Aufgaben nachkommen. Gleichschaltung, oder nennen wir es Gleichrichtung, kann nicht hingenommen werden.

Heute ist Internationaler Tag der Pressefreiheit. Am armseligsten sind wohl diejenigen Journalisten, welche sich die Pressefreiheit selbst einschränken bzw. ohne Not nicht nutzen, um nicht anzuecken.

Bauchschmerzen?

Trotz allem was schief gelaufen ist in der DDR und der DDR-Medienlandschaft: es gab immer Journalisten, die Bauchschmerzen hatten. Haben die ARD- und ZDF-Reporter und Redakteure heute manches Mal auch Bauchschmerzen. Es würde mich brennend interessieren.

Apropos brennend: In Odessa wurden gestern 38 Menschen verbrannt. Sie hatten sich auf der Flucht vor wohl von Kiew geschickten faschistischen Schlägerbanden in ein Gewerkschaftshaus geflüchtet. Wurde dieser Sachverhalt in "Tagesschau" und "heute" so berichtet?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

asansörpress35

Politischer Mensch, der seit der Schulzeit getrieben ist, schreibend dem Sinn des Lebens auf die Spur zu kommen.

asansörpress35

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