Dortmund und eine Tabakmesse in Indonesien

Protest Ende Februar organisiert eine Dortmunder Stadttochter die "Inter-tabac ASIA" in Indonesien. Dagegen regt sich Protest.

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Was haben eine Messe "Inter-tabac ASIA" in Indonesien, Dortmund und der Oberbürgermeister der Stadt, Ullrich Sierau (SPD), miteinander zu tun? In meinem Artikel "Dortmund soll Inter-tabac ASIA absagen" kann es nachgelesen werden. Die im verlinkten Beitrag erwähnte Petition gegen die Organisation dieser Messe ist unterdessen von fast 12 000 Menschen, darunter allein 8000 Indonesier, unterzeichnet worden. Am gestrigen 3. Februar sollten diese Unterschriften Oberbürgermeister Ullrich Sierau im Rathaus der Stadt Dortmund, Postadresse: Friedensplatz 1, überreicht werden. Bereits früher lehnte Sierau ab sich zur Causa zu äußern, beziehungsweise die Petitionsunterschriften entgegenzunehmen.

Kritik auch von der Bundesebene

Untermauert wurde diese Ablehnung in einem TV-Beitrag des WDR. Darin hatten sogar die Mitglieder des Deutschen Bundestages Lothar Binding (SPD), Dr. Harald Terpe (Bündnis 90/Die Grünen) und Ulla Jelpke (DIE LINKE) missbilligt, dass die stadteigene Firma Westfalenhallen Dortmund GmbH mit der Durchführung besagter Tabakmesse in Indonesien den Konsum von Tabak fördert. Hintergrund: "Das Land kennt kaum wirksame Gesetze, um die Menschen - allen voran die Kinder und Jugendlichen - vor den Gefahren des Tabakkonsums zu schützen." (aus Presseerklärung von Dortmund Kills/Forum Rauchfrei) Im WDR-Beitrag stellte sich ebenfalls die Jugendärzte Westfalen-Lippe gegen den Dortmunder Oberbürgermeister.

Die Übergabe der Unterschriften war für gestern 11 Uhr im Rathaus vorgesehen

Ein Team des WDR wartete mit Kamera und Mikrofon im Anschlag. Weitere Pressevertreter hatten sich eingefunden. Ebenso die Organisatoren und Unterstützer der Petition, Johannes Spatz (Forum Rauchfrei), Max Vollmer (Deutscher Jugenschutzverband) und last but not least: Yosef Rabindanata Nugraha, eigens angereist aus dem fernen Indonesien. Selbst mit 12 Jahren zur Zigarette verführt, gelang es dem jungen Mann erst mit fast zwanzig Jahren wieder vom Glimmstengel wegzukommen.

Wenig amüsantes Spiel: "Such den Oberbürgermeister!"

Wie leider zu erwarten gewesen war, fand sich Oberbürgermeister Ullrich Sierau nicht am vorgesehenen Treffpunkt ein. Soviel zum Thema Bürgernähe. Statt seiner erschien Udo Bullerdieck, Leiter der Pressestelle des Rathauses Dortmund.Und zwar mit abweisend-miesepetrigem Blick. Ein bürgerfreundliches Gesicht sieht anders aus.

Die Organisatoren der Petition fragten den Mann freundlich nach dem Aufenthaltsort des Oberbürgermeistes. Bullerdieck bot an, die Unterschriften anzunehmen. Doch die drei Herren mit den Unterschriften bestanden darauf, diese dem OB persönlich zu übergeben. Der wäre nicht da, hieß es abweisend. Wo er denn sei, wollten die Männer mit den Unterschriften wissen. Brüsk hallte es ihnen entgegen, das ginge sie nichts an. Johannes Spatz zeigte sich nicht nur entsetzt über diese seiner Meinung nach bürgerunfreudliche Behandlung. Sondern er fand zudem, selbige sei keineswegs mit den Regeln demokratischer Umgangsformen in Übereinstimmung zu bringen. Man ließ nicht locker. Da das Rathaus ja ein öffentliches Gebäude sei, fiel Max Vollmer nun ein, werde man jetzt darin nach dem Oberbürgermeister suchen. Udo Bullerdiecks Stirn warf einmal mehr Falten, erinnerte - naheliegend - an wütend zusammengeknüllte Pressemeldungen. Trotzig gab er zurück: "Bitte, suchen Sie." ab. Was er nicht sagte, aber vielleicht dachte: Ihr werdet ihn sowieso nicht finden.

Das wenig amüsante Spiel "Such den Oberbürgermeister!" nahm seinen Lauf. Es ging quasi über Stock, Stein und Etage für Etage weiter und weiter nach oben. Der Leiter der Pressestelle und dessen Adlatus folgten den lästigen Bürgerinnen und Bürgern stets wachsamen Auges auf dem Fuße. Als eine steinerne Wendeltreppe erklommen war, stand man vor einer Glastür mit güldenen Lettern. Sie ergeben das Wort "Oberbürgermeister". Dahinter dessen "Gemächer" also? Johannes Spatz hatte sofort eine Wechselsprechanlage ausgemacht. Er drückte wacker den Knopf und sprach: "Wir hätten gerne den Herrn Oberbürgermeister gesprochen." Keine Antwort. Dann der Pressestellenleiter: "Die ist tot!" Gefehlt hatte in dem Satz nur noch ein schadenfrohes "Hähä!" Johannes Spatz glaubte den Grund für nicht funktionierende Anlage zu kennen und fragte ironisch: "Tot gemacht?" Herr Bullerdieck gequält: "Die ist tot. Schon länger."

Nicht nur die Wechselsprechanlage war tot, sondern auch hinter der Glastür zu den "Gemächern" des Stadtfürsten herrschte sozusagen tote Hose. Schließlich erwogen die Überbringer der Unterschriften ein anderes Zimmer daneben aufzusuchen, in welches gerade der Stadtkämmerer eingetreten war. Udo Bullerdieck war sofort auf dem Sprung und drohte für den Fall des Falles vom Hausrecht Gebrauch machen zu müssen. Auch von "Polizei rufen" war die Rede. Der Presseverantwortliche der Stadt erklärte gegenüber der Presse mit kraus gezogenen Stirnfalten entschuldigend, die Westfallenhallen Dortmund GmbH seien bereit gewesen, die Unterschriften anzunehmen. Aber auf das Angebot seien die Petenten ja nicht eingegangen. Von der Übergabe gestern wollte Bullerdieck nur halboffiziell, gewissermaßen nebenbei erfahren haben.

Da war nichts zu machen. Der OB hatte sich versteckt, verleugnen lassen oder hielt sich zur fraglichen Stunde tatsächlich nicht im Hause auf. Das üble Spiel "Such den Oberbürgermeister!" war nicht zu gewinnen gewesen. Dies mit Unverständnis zur Kenntnis nehmend, entschied man sich letzlich, die Unterschriften dem Bürgermeister und zweiten Stellvertreter des Oberbürgermeisters der Stadt Dortmund, Manfred Sauer (CDU) zu überantworten. Doch da auch dieser weder sicht- noch greifbar war, nahm in dessen Vorzimmer wenigstens dessen persönlicher Referent den Packen Papiere in Empfang.

Max Vollmer: Die Stadt Dortmund keinesfalls von Verantwortung befreit

Im Anschluss versammelten sich die Organisatoren der Petition und die anwesenden Pressevertreter im Rathaus-Café im Erdgeschoss zu einem Pressegespräch. Max Vollmer wollte der Stadt Dortmund die Entschuldigung, dass die Westfallenhallen Dortmund GmbH ja ein eigenständiges Unternehmen sei und somit die Stadtspitze nicht zuständig sei, nicht durchgehen lassen. Die Stadt sei als Gesellschafterin ihrer Tochter keinesfalls von Verantwortung befreit.

Yosef Rabindanata Nugraha: Jugendliche in Indosnesien stark von Zigarettenreklame beeinflusst

Yosef Rabindanata Nugraha stellte noch einmal die Verhältnisse in Indonesien dar. Dort seien 22,5 Prozent der Raucher Jugendliche. Davon sind 41 Prozent männlichen und 6 Prozent weibliches Geschlechts. Beeinflusst sind 85 Prozent der Jugendlichen vorallem von Zigarettenwerbung, der sie überall ausgesetzt sind. Mit dieser knalligen Reklame wird den Jugendlichen suggeriert: wenn ihr raucht, dann seid ihr so erfolgreich wie die Menschen im Westen. Zu diesen Jugendlichen gehörte einst auch Yosef selbst. Er war auf diese Werbung angesprungen und hatte mit 13 Jahren mit dem Rauchen begonnen.

Johannes Spatz: Stadt sieht nur den Profit

Johannes Spatz kritiserte, dass der Oberbürgermeister sich überhaupt nicht an irgendwelchen ethischen Normen orientiere. Sondern offenbar nur das Geschäft über die Stadttochter im Auge habe. "Er sieht nicht die smoking babys in Indonesien. Er sieht nicht, dass er ein Promoter ist für Leid und Tod in Indonesien." Die Messegesellschaft sage selbst, dass Indonesien ein boomendes Land sei, "dass man dort einen riesigen Absatz erwarten kann" und werbe damit. Spatz findet es unverantwortlich in einem Land wo Kinder mit zwei, drei Jahren rauchen eine von Dortmund aus eines Tabakmesse zu organisieren. Und zudem völlig skrupellos, dass sich der Oberbürgermeister dieser Stadt nicht damit auseinanderzusetzen gedenke. Stattdessen schiebe Sierau die alleinige Verantwortung für diese Zustände auf die Politik in Indonesien ab. Der OB behaupte kein Gesetz zu brechen. Spatz: "Das stimmt so nicht." Seit dem 1. Januar 2014 gebe es auf Bali ein Gesetz, das dass Rauchen in öffentlichen Einrichtungen verbiete. Der Gouverneur habe sich mehrmals auf dieses Gesetz berufen. Am vergangenem Samstag erst habe dieser abermals gesagt, dass er diese Messe nicht auf Bali haben möchte. Dass die Westfalenhallen Dortmund GmbH dennoch weiter an der Messe festhalte, beweise, so Spatz, dass man unverbesserlich sei, nur den Profit sehe und nicht den Wunsch der Bevölkerung von Indonesien.

Yosef Rabindanata Nugraha: "In Indosnesien werden Bürger resektvoll empfangen"

Über den Dortmunder Bürgermeister sagte Yosef Rabindanata Nugraha, dieser vertrete eine absolut unethische Haltung. Da er ihn als Indonesier, der 8000 Landsleute vertrete, die ihre Unterschrift unter die Petition gegen die Tabakmesse gesetzt hätten, nicht empfange. Dieses Verhalten unterscheide sich sehr von dem eines Bürgermeisters in Indonesien. "In Indonesien werden Bürger resektvoll empfangen." Als er habe erfahren müssen, dass Max Vollmer als deutscher und noch dazu Dortmunder Bürger und er als Indonesier nicht respektvoll empfangen wurden, da sei er sehr enttäuscht gewesen.

Eine Fragerin wandte ein, dass die Messe sich ja gar nicht explizit an Kinder wende, sondern an Fachbesucher. Max Vollmer vom Deutschen Jugendschutzverband dazu: Dies stimme. Jedoch sei die Messe ein Hilfsmittel für die Tabakindustrie noch mehr als schon bisher in Indonesien Fuß zu fassen.

Yosef kämpft hauptsächlich gegen diese Messe, weil er befürchtet, die Tabakmesse haben letztlich negativen Einfluß auf Kinder und Jugendliche, die man als künftige Kunden im Auge habe. Schließlich sei das ein wachsender Markt, während der Tabakkonsum der Erwachsenen stagniere bzw. dieser Markt gesättigt sei.

Johannes Spatz: Der Oberbürgermeister weiß sehr wohl was er tut

Johannes Spatz erinnerte daran, dass je eher ein junger Menschen mit dem Rauchen anfange, die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass er schwer erkranken bzw. nach langer Marter früh sterben wird. So extrem wie das in Indonesien sei, kenne man das hier überhaupt nicht. In Indonesien komme es nicht selten vor, dass Kinder mit zwei oder drei Jahren ein bis zwei Zigarettenpackungen am Tag rauchen. Auch internationale Organisationen hätten sich bereits mit kritischen Briefen betreffs dieser Tabakmesse an den Dortmunder Oberbürgermeister gewandt. Spatz: Der Oberbürgermeister wisse also sehr wohl was er tue.

Yosef ist "sehr, sehr enttäuscht"

Der Gast aus Indonesien berichtete noch über seine Raucherkarriere, dass er zunächst mit leichten Zigarretten begonnen habe, dann aber zu immer stärkeren gegriffen habe. Zuletzt habe auch zusätzlich Alkohol konsumiert. In diesen gefährlichen Strudel gerieten viele Jugendliche in seinem Land. Yosefs Eltern wussten übrigens nicht, dass ihr Sohn rauchte. Normal sei es dagegen nicht, dass Eltern ihren Kindern das Rauchen erlaubten. Noch einmal betonte Yosef, er sei "sehr, sehr enttäuscht", dass der Bürgemeister ihn nicht empfangen habe.

Johannes Spatz hält es für möglich, dass die Messe noch gestoppt werden kann

Johannes Spatz hat übrigens den Eindruck, dass "diese massiven Proteste" gegen die "Inter-tabac ASIA" dazu geführt habe, "dass der Gouverneur von Bali ein guter Freund von uns geworden ist, dass er diese Messe in keiner Weise auf Bali akzeptieren wird." Bestimmt werde er es nicht so machen, wie bei der Inter-tabac in Dortmund geschehen. Dort hatte sich vor einiger Zeit das zuständige Ministerium in Düsseldorf für ein Verbot der Messe ausgesprochen, dann aber wohl "weichkochen lassen" (die Tabakindustrie ist berüchtigt für ihre Macht). Die Messe wurde gestattet.

Johannes Spatz, ein politischer aktiver Mensch seit Jahrzehnten, gibt sich optimistisch. Er hält es für möglich, dass diese Messe, welche am 27. und 28. Februar auf Bali stattfinden, noch gestoppt wird. Der zuständige Gouverneur trete entschieden dagegen auf. Und die Bevölkerung dort wolle diese Messe nicht.

Der Pressesprecher der Westfalenhallen Dortmund GmbH habe ihm gesagt, sie seien keine Gesetzesbrecher. Für Spatz aber sei klar, dass sie "eindeutig Gesetzesbrecher sind, weil es verboten ist in öffentlichen Einrichtungen zu rauchen". Offensichtlich gehe die Stadttocher "sehr leichtfüssig" mit Gesetzen in anderen Ländern um.

Nachlese im "Taranta Babu"

Am gestrigen Abend fand dann noch eine Informations- und Diskussionsverantaltung zur Causa "Inter-tabac ASIA" im "Taranta Babu" in Dortmund statt. Wenn man so will: eine Nachlese. Das teilnehmende Personal war das gleiche wie am Vormittag. Zusätzlich erschien Ulrike Märkel von den Grünen im Dortmunder Rat. Sie wurde herzlich begrüßt. Immerhin die einzige Politikerin, die sich wagte mit dem Thema öffentlich zu beschäftigen. Nicht einmal DIE LINKE im Rat wollte mit dieser Petition in Verbindung gebracht werden. Im Gegensatz zur Dortmunder Bundestagsabgeordneten der Partei Ulla Jelpke (siehe im Text weiter oben). Wie zu erfahren war, befürchten die kommunalen Vertreter der LINKEn, bei Absage der Messe Verluste im Stadtsäckel, die, um sie zu kompensieren, wiederum Kürzungen an anderer Stelle des Haushaltes nach sich ziehen. Fragwürdig. Johannes Spatz erklärte auf Nachfrage, die etwaigen Verluste würden hochgespielt. Mal ganz abgesehen von der moralischen Frage, die von dieser Causa ausgeht.

Ulrike Märkel (Grüne): "In einem Land ein Tabakmesse zu veranstalten, wo auf den Kinderschutz gepfiffen wird, finde ich nicht richtig."

Die Grüne Ulrike Märkel bewies in ihrem Eingangstatement, dass sie begriffen hat, worum es geht. Eine Messe, die auch in Dortmund als problematisch wahrgenommen wird, in ein Land zu exportieren, wo die Kinderrechte mit Füssen getreten und das Raucherschutzgesetz für Kinder nicht eingehalten werden müsse Kritik auslösen. Märkel: "In einem Land ein Tabakmesse zu veranstalten, wo auf den Kinderschutz gepfiffen wird, finde ich nicht richtig."

Ulrike Märkel erinnerte daran, dass auch die Stadt Dortmund die "Magna Carta Ruhr" unterschrieben habe, worin es u.a. heißt: "Wir unterstützen diese Verpflichtung, stellen uns gegen jegliche Ausbeutung von Kindern und erklären unseren festen Willen, wann immer möglich für Kinderrechte einzutreten." Daran müsse sich die Stadt messen lassen.

Yosef Rabindanata Nugraha: In Dortmund und Indonesien alles dafür tun, dass die Tabakmesse in seiner Heimat abgesagt wird

Yosef Rabindanata Nugraha, dem noch immer die Enttäuschung über die Respektlosigkeit des Oberbürgermeisters in den Gliedern zu stecken schien, problematisierte nun am Abend zusätzlich, dass - wie er erfahren habe - das Ullrich Sierau am Vormittag eine Erklärung gegen Rechtsextremismus unterzeichnet habe. Yosef: "Ich finde das etwas komisch. Denn er hat mich als Ausländer, der extra aus von weit her gekommen ist, nicht empfangen. Aber er unterschreibt am gleichen Tag diese Erklärung". Die Dortmunder Bevölkerung rief Nugraha auf, alles dafür zu tun, dass die Tabakmesse in seiner Heimat abgesagt wird. Der Indonesier meint, dass es wichtig sei, dass in Dortmund Druck auf den Oberbürgermeister ausgeübt werde, um die Messe zu verhindern. Hilfreich sei es auch, wenn von von hieraus getwittert werde, um den Gouverneur in seiner Ablehnung der Messe zu bestärken. Dies habe schon jetzt Wirkung bei ihm gezeigt. Man selber werde vor Ort weiter gegen die Messe kämpfen.

Max Vollmer: Messe gesetzeswidrig

Max Vollmer bestätigte, dass die Petition nach wie vor weiterlaufe. Vollmer erinnerte noch einmal an das Raucherschutzgesetz auf Bali. Demnach dürften nicht einmal Aussteller auf der Tabakmesse Aschenbecher herstellen und dort ausstellen: "Die Messe kann eigentlich gar nicht stattfinden, ohne gesetzeswidrig zu sein." Zu fragen sei, welche juristischen Möglichkeiten (in Indonesien) es gebe, die Messe zu verbieten. Allerdings bestünde auch die Gefahr, dass die Messe etwa nach Djakarta verlegt werde, wo es viele Tabakplantagen gibt. "Egal was passiert. Es wird sich zu einem skandalösen Finale aufschieben", meint Vollmer betreffs des weiteren Verlaufs dieser Causa.

Hilke Schwingeler (Grüne): Unrealistisch, die Messe noch zu stoppen

Für Ulrike Märkel ist klar, dass man verbindlichen Regeln und Richtlinie an diese sich auch städtische Firmentöchter zu halten haben.

Ulrike Märkel und die im Publikum anwesende Kreisvorsitzende der Grünen, Hilke Schwingeler, sprang ihr diesbezüglich bei, hält es für unrealistisch, dass die in Rede stehende Messe noch politisch zu stoppen ist.

Einmal mehr wurde deutlich, wie zähflüssig Politik funktioniert. Johannes Spatz kritisierte das, denn in Sachen dieser Messe sei nun einmal aktueller Handlungsbedarf. Wie könne man denn in einem Aufsichtrat sitzen und mitbekommt, dass Gesetze gebrochen werden und nichts tun? Zumindest müsse man sich doch öffentlich davon distanzieren. Hilke Schwingeler dazu: "Wir können gegen Mehrheiten nicht an." Und gab sie zu bedenken: Ein Aufsichtrat, in dem ja auch Vertreter der Stadt sitzen, ist der Firma verpflichtet und dessen Mitglieder können demnach schlecht gegen etwas stimmen, was der Verluste bringt. Eine Krux.

Petition bei der Abteilung "Bürgerdienste, Beschwerden einreichen

Die grüne Kreisvorsitzende regte an, doch die Kritik an der Organisation der Tabakmesse seitens einer Dortmunder Stadttochter bei der Abteilung "Bürgerdienste, Beschwerden" einzubringen. Damit müsse sich die Politik dann beschäftigen. Und ein ebenfalls im "Taranta Babu" sitzendes Mitglied der Piratenpartei stimmte zu: "Warum nicht die gesamte Petition mit der Kraft der über 11 000 Unterschriften dort einbringen?"

Johannes Spatz: Nicht hinter Richtlinien verstecken, die man erst morgen machen will

"Ich werde ganz unruhig", hakte da Johannes Spatz ein. "Ich mache schon dreißig oder vierzig Jahre Politik. Und die üblichen Politiker verstecken sich immer hinter Richtlinien, die sie erst morgen machen wollen. Und sagen, die anderen sind viel wertvoller, die schaffen es wenn sie eine Petition, irgendwas einbringen. Dann passiert was. Aber bitte nicht wir." Spatz erwartet von den Grünen eine öffentliche Distanzierung in Falle der Tabakmesse.

Ulrike Märkel bekannte, das Thema habe sie "gepackt". Sie und ihre Partei würden es auf jeden Fall "aufs Tablett" bringen.

Verhalten des Oberbürgermeisters passt nicht zur Mentalität der "Ruhris"

Nun ja: Den Vorhang zu und alle Fragen offen? Gestern beschäftigte Interessierte und Pressevertreter (wo eigentlich waren die Vertreter der lokalen Presse) das Thema "Inter-tabac ASIA" zweimal. Einmal am Morgen und das andere Mal abends. Den Oberbürgermeister schien es nicht weiter interessiert zu haben. Schade. Peinlich. Man dürfte nämlich auch in Indonesien von diesem unhöflichen Verhalten des Stadtoberhaupts Notiz nehmen.

Seien wir realistisch: Ullrich Sierau hätte auch nach persönlicher Annahme der Unterschriften die Messe höchstwahrscheinlich nicht gestoppt, bzw. überhaupt stoppen können. Aber als Stadtoberhaupt und Repräsentant der Stadt Dortmund hätte es sich wenigstens geziemt, sich den Messegegnern zu stellen und deren nachvollziehbare Argumente anzuhören.

Gehört es sich fast 12 000 Menschen, die ihre Unterschrift unter die Petition gegen die "Inter-tabac ASIA" gesetzt haben, einfach so beiseite zu wischen? Allein 8000 Unterzeichner dieser Eingabe sind Indonesierinnen und Indonesier. Und Yosef Rabindanata Nugraha war eigens als deren Vertreter nach Dortmund angereist, um alle Unterschriften gemeinsam mit seinem Partner auf deutscher Seite, Max Vollmer, dem Oberbürgermeister persönlich zu überreichen. Dass Nugraha diese offensichtliche Ignoranz des Oberbürgermeisters als ziemliche Respektlosigkeit empfand, ist nur allzu verständlich. Zum multikulturell geprägtem Ruhrgebiet und seinen Menschen, liebevoll auch "Ruhris" genannt - die für gewöhnlich ihr Herz auf der Zunge tragen - passt ein solches Verhalten ganz und gar nicht. Da bleibt ein unangenehmer Nachgeschmack.

Was aus der Messe wird? Wir werden sehen. Und darüber berichten.

Ein Beitrag der WDR-Lokalzeit Dortmund zur Übergabe der Unterschriften vom 3.2.2014.

Fotos (asansoerpress35) zum Artikel vom 3. Februar 2014.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

asansörpress35

Politischer Mensch, der seit der Schulzeit getrieben ist, schreibend dem Sinn des Lebens auf die Spur zu kommen.

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