Europa. Schon tot

Flüchtlingsplan Ab heute gilt der von EU und der Türkei ausgehandelte "irrsinnige 1:1 Plan" (Pro Asyl). Staatlicher Menschenhandel einer Friedensnobelpreisträgerin

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Kommentar

Die Europäische Union ist im Grunde genommen doch längst klinisch tot. Die sogenannten politischen Eliten dieses bröckelnden europäischen Hauses haben es nur noch nicht gemerkt. Oder sie versuchen den so oder so kommenden Zusammenbruch noch irgendwie hinauszuschieben, indem sie verbissen eine Runde um die andere im Hamsterrad drehen. Angetrieben alle von jeweils egoistischen Interessen. Das Ding muss ja früher oder später auseinander fliegen! Die Europäische Idee ist pervertiert. Sie wir in ihr Gegenteil verkehrt! Durch die Vertreter einer geschichtsvergessenen agierenden Politikerriege, die sich seit Jahren von der Finanzmafia am Nasenring durch die Manege ziehen lässt. Und so gepresst den Neoliberalismus zur anscheinend allein seligmachenden Ideologie erhoben hat. Die dabei freigesetzten Kräfte lassen die Gesellschaften in zwei Teile zerbersten. Und die Schere zwischen den beiden Segmenten - Arm und Reich - klafft immer weiter auf. Und absurd genug: statt Armutsbremsen wurden Schuldenbremsen eingeführt.

Die EU starb bereits im vergangenen Sommer

Gestorben war für mich EU samt zugrunde liegender europäischen Idee gewissermaßen bereits, als man im vergangenen Sommer nach dem Referendum in Griechenland so erpresserisch mit der linken Tsipras-Regierung umsprang. Eigentlich schon viel früher. Ich schrieb damals (hier):

„Dass man aber nun auch noch einem tief in Not geratenem Mitgliedsland wie Griechenland, das bei weitem nicht nur selbst Schuld an seiner Misere hat – wie oft der Eindruck erweckt wird – schlägt dem Fass den Boden aus! Auf welche Werte will sich die EU des Jahres 2015 denn künftig überhaupt noch glaubwürdig berufen?

Ich schreibe es offen hinaus: Indem man einem Mitgliedsland Solidarität und nötige Unterstützung schroff, im Ton überheblich und auf arrogante Weise verweigert, hat man der EU, dem dahinter stehenden Europäischen Gedanken den vielleicht entscheidenden Todesstoß versetzt.“

Aber nimmt einen das Wunder? Der EU mangelt es an Entscheidendem: An Solidarität! Da war man früher ehrlicher. Das Ding hieß EWG: Europäische Wirtschaftgemeinschaft.

Am Umgang mit Flüchtlingen wird das glasklar deutlich. Statt Fluchtursachen endlich zu bekämpfen, will man die Geflüchteten aus den Augen und aus dem Sinn haben. Sah die Bundesregierung betreffs der einst im letzten Jahr in Budapest gestrandeten Menschen noch eine humanitäre Katastrophe herauf dräuen, sind Regierungssprecher Seibert (hier) die Geflüchteten im Matsch von Idomeni nun nicht einmal ein paar Krokodilstränen wert. So what …

Der vorletzte Todesstoß für die EU?

Politik ist ein schmutziges Geschäft. Dies gab mir einst einmal ein Tscheche im Riesengebirge mit auf den Weg. Nie stimmte dieser Satz so wie in diesen Tagen!

Nun ist der sogenannte „türkische „Merkel Plan“ - „eine Showveranstaltung auf hohem Niveau“ nannte das Jens Berger auf den NachDenkSeiten unter Dach und Fach. Für die EU rapid schnell in Sack und Tüten gebracht worden. Der letzte Todesstoß für die EU? Dass dieser Plan gar nicht so türkisch oder stark auf Merkel zurückgeht, hat Jens Berger im Gegensatz zu unseren Leitmedien öffentlich gemacht. Der Plan wurde demnach am 4. Oktober 2015 (sic!) im Kern von der European Stability Initiative (ESI) fertiggestellt, Sei es drum.

Nun ist der Plan in der Welt. Und ab heute soll er umgesetzt werden.

Pro Asyl spricht von eine irrsinnigen 1:1 Deal:

„Für jeden syrischen Bootsflüchtling, den die Türkei zurücknimmt, darf ein anderer syrischer Flüchtling per Resettlement legal nach Europa ausreisen. Dieser bizarre Ansatz wird von der EU-Kommission weiterhin vertreten. Also nur wenn ein syrischer Schutzsuchender sein Leben bei der Überfahrt riskiert und dann per Schnellverfahren zurückverfrachtet wird, entsteht ein Resettlement-Platz für einen anderen Schutzsuchenden aus Syrien. Von diesem Irrsinn abgesehen: Für die anderen Bootsflüchtlinge – beispielsweise aus Afghanistan, dem Irak, dem Irak oder Eritrea – gibt es keine legalen Wege.“

Friedensnobelpreisträgerin“ in staatlichen Menschenhandel verwickelt

In der Tat schlimm! Wohin sind wir gekommen? Staatlicher Menschenhandel! Wohl bemerkt: mit dem Segen der „Friedensnobelpreisträgerin“ Europa. Am entscheidenden Hebel in Sachen 1:1 Deal sitzt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, Der autokratisch agierende, immer mehr zum Diktator tendierende starke Mann der Türkei, welcher die Kurden im eigenen Land zusammenkartätschen lässt – die Bundesregierung verbeißt sich Kritik – unliebige Journalisten einknasten und kritische Zeitungen mal eben unter Staatskontrolle stellen lässt. Ein gefährlicher Deal der EU mit der Erdogan-Türkei, die durch eine unverantworliche Politik erhebliche Schuld am Wiederaufkommen des Terrors in eigenem Lande trägt.

Wenn das man nicht das Ende der EU ist, dann weiß ich nicht. Wollen wir ein solches Europa? Ein Europa, wo nur noch von Obergrenzen statt Menschen, die unsere Hilfe brauchen, die Rede ist. Apropos Menschen: Glaub denn irgendwer, durch das neue Flüchtlingsregime würden die grundlegenden Probleme gelöst? Die Flüchtenden werden neue – wahrscheinlich gefährlichere – Routen nehmen, um ihre Ziele zu erreichen. Es dürfte wieder mehr Tote geben. Und die Flüchtlinge – werden sie weniger werden? Nichts ist gut. Wer kann mir die europäischen Werte nennen, die noch gelten?

Europa muss neu begründet werden

Und die Rechtspopulisten in Europa werden auch mit dieser Schweinerei an den Flüchtenden keineswegs zufrieden sein und noch Abschottung fordern. Der Ökonom Heiner Flassbeck könnte mit seiner Befürchtung einer trüben Zukunft recht behalten: „Die Nationalisten werden Europa den Todesstoß geben.“ Es wäre dann der dritte und endgültig tödliche.

Dieses Europa jedoch mit seinen geschichtsvergessenen, unverantwortlichen politischen Eliten an der Spitze, die ohne jegliche Visionen von einer Katastrophe in die andere stolpern, hat diesen Todesstoß förmlich herausgefordert. Sehenden Auges!

Europa muss neu begründet werden. Von Unten. Es muss ein Europa der Menschen, der Gerechtigkeit und der Solidarität sein. Ansonsten können wir es lassen.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

asansörpress35

Politischer Mensch, der seit der Schulzeit getrieben ist, schreibend dem Sinn des Lebens auf die Spur zu kommen.

asansörpress35

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