Europas Schande und Friedrichs eiskalte Hand

Flüchtlingspolitik Seit 1988 sind ca. 19.000 Flüchtlinge im Meer ertrunken. Anläßlich der neuerlichen Katastrophe von Lampedusa kamen die EU-Innenminister zusammen: Europas Schande bleibt.

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Nach der Konferenz der EU-Innenminister, die in Reaktion auf die furchtbare Flüchtlingskatastrophe vorm italienischen Lampedusa anberaumt worden war, ist klar: Die EU-Staaten werden ihre Tore für Flüchtlinge nicht ein Stück weiter öffnen. Die Festung Europa soll weiter abgeschottet bleiben. Nicht einmal eine frühere Möglichkeit - die es Menschen im Ausland gestattete Asyl in Botschaften von EU-Ländern zu beantragen - gedenken die EU-Innenminister wieder zu eröffnen. Die Folge dieser Entscheidung: Es werden also auch weiterhin Menschen im Mittelmeer jämmerlich ertrinken oder an anderen Stellen auf dem Landwege zu Tode kommen. Eine Anzeigen der Linken im Europaparlament beziffert in einer Anzeige im "neuen deutschland" die Zahl der ertrunkenen Bootsflüchtlinge im Zeitraum von 1988 bis 2013 auf 19.000. So weit, so schlimm.

Den Vogel, oder soll man deutlicher schreiben: den Flüchtling?, schoss der bundesdeutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich nach der EU-Innenminister-Konferenz in seiner Stellungnahme vor der Presse ab. Natürlich gehört auch Friedrich zu den, welche das Politmagazin Monitor "Beileidsheuchler" nennt. Die vor Lampedusa zu Tode gekommenen Flüchtlinge tun auch dem trockenen Juristen leid, aber ...

Die Schuld an deren Tod tragen in dessen Augen freilich die bösen Schlepper. Denen, so tönte Hans-Peter Friedrich, müsse endlich das Handwerk gelegt werden. In seiner tumben Denkungsart kommt der deutsche Innenminister überhaupt nicht auf die Idee, die Ursachen für den nicht versiegenden Flüchlingsstrom zu benennen. Täte er es wider besseres Erwarten, müsste er zugeben, dass, wenn diese bekämpft würden, auch die bösen Schlepper arbeitslos würden. Lieber plappert Friederich den immer gleichen Unsinn daher. Er runzelt anscheinend besorgt (um wen? Die Flüchtlinge? Wer's glauben mag) die Stirn und mit den Augen eines Naivlings blickt der Minister, dabei einigermaßen unbedarft wirkend, in die Kameralinse.

Friedrich bleibt sich treu. Er fordert Härte gegen "Armutseinwanderer". Ist ihm der schauerliche Ertrinkungstod nicht hart (und final) genug? Dumm nur, dieser kommt ja gegen Armutseinwanderung aus Europa, vor allem aus Bulgarien und Rumänien, nicht zum tragen. Denn diese Menschen kommen ja über Land. Der wachsende Missbrauch der Freizügigkeit innerhalb der EU bereite immer mehr Städten und Kommunen in Deutschland Probleme, sagte Friedrich der "Welt". Friedrich plädierte für mehr Härte gegenüber wirtschaftlichen Migranten. Für mehr Härte und Anstrengung im Kampf gegen die Armut hörte ich CSU-Mann Friederich dagegen noch nie plädieren.

Stattdessen hat er sich als Folge der Flüchtlingskatastrophe vor Lampedusa gegen eine Lockerung der strengen deutschen Einwanderungsgesetze ausgesprochen.

Die Linkspartei nennt Friederich darob einen "Hassprediger". Ein unverschämter Stempel, meinen manche nun. Doch wer einmal die Bezeichung nachklingen lässt und den Nachdenkapparat bemüht, könnte darauf kommen: da ist, was die Wirkung von Friederichs Aussagen anbetrifft durchaus etwas dran.

Wobei wir beim Stammtisch wären. Diesem dürfte dieser Innenminister freilich noch zu zahm sein. Dennoch: Die Gläser diverser Stammgäste in den Kneipen dieser Republik dürften aneinander gestossen worden sein.

Die EU-Justizkommisarin Viviane Reding kennt "ihren" Friedrich. Eingedenk von Hans-Peter Friederichs gruselig-kruden O-Tönen sprach sie von "Bierzelt-Aussagen". Die kenne sie von ihm. Aber sie werden der Sache in keiner Weise gerecht. Und den Toten vor Lampedusa schon gar nicht. "Eine Schande für Europa" nannte der Papst die neuerliche Katastrophe vor der kleinen italienischen Insel. Mehr als treffend! Wer sich als Europäer fühlt und denkt, sollte alles tun, um dieser Schande endlich ein Ende zu bereiten.

Von einem Innenminister vom Schlage Hans-Peter Friedrich indes sind Schritte in diese Richtung nicht zu erwarten. Denn eiskalt agiert dessen Händchen in dieser wie in anderen Sachen, die in sein Ressort fallen. Fremdschämen ist angesagt.

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Geschrieben von

asansörpress35

Politischer Mensch, der seit der Schulzeit getrieben ist, schreibend dem Sinn des Lebens auf die Spur zu kommen.

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