FDP: "Freiheit? Dialog? Panzerexport!"

Leopard's nach Riad? Beunruhigend: Deutschland nimmt inzwischen den dritten Platz unter den mit Waffen handelnden Nationen dieser Welt ein.

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“Ohne Rüstung Leben” will Krieg verhinder, Gewalt reduzieren und Frieden schaffen

Eines Umdenkens, wie es die Ökumenische Aktion „Ohne Rüstung Leben“ bereits seit Jahrzehnten unermüdlich versucht zu befördern. „Ohne Rüstung Leben“ will nach eigener Darstellung „Krieg verhindern, Gewalt reduzieren und Frieden schaffen. Impuls für die Gründung von Ohne Rüstung Leben“ sei „ein Appell der Weltkirchenkonferenz 1975 in Nairobi“ gewesen: „Die Kirche sollte ihre Bereitschaft betonen, ohne den Schutz von Waffen zu leben und bedeutsame Initiativen ergreifen, um auf eine wirksame Abrüstung zu drängen.“

Wie tönten Medien und Politiker in den Tagen, da die Sowjetunion und der von ihr kontrollierte Ostblock in die Knie gezwungen, totgerüstet war! Allseits war von Abrüstung die Rede. Ein glänzende Zeit schien zu beginnen. Der Weltfriede war anscheinend machbar. Jetzt, wo die Konfrontation der Systeme ein Ende gefunden hatte. Indes, wir wissen inzwischen: Der Weltfriede ist heute gefährdeter denn je. Andere Konfrontationen traten auf. Oder wurden geschaffen? Weil der Westen einen neuen Feind brauchte; und die Rüstungsindustrie Absatz und Profit? Die Akteure von „Ohne Rüstung Leben“ sind beunruhigt: „Die Meldungen der letzten Tage sind alarmierend, denn es scheint, als wolle die Bundesregierung die Leopard-Lieferung über Spanien verwirklichen. Gleichzeitig wird vermutet, dass der Panzerhunger der saudischen Herrscher noch größer ist, weil sie jetzt sogar 600 bis 800 der Vielzweckfahrzeuge kaufen wollen.“

Deutsche Panzer für die Diktatur der Saudis?

Saudi-Arabien, eine fürchterliche Diktatur von USA Gnaden, wo Folter und Unrecht an der Tagesordnung sind. Wo eine rückwärts gerichtete Richtung des Islam herrscht, die Ähnliches vertritt wie die hierzulande von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) vehement bekämpften Salafisten. Und den grausam regierenden Herrschern dieses einst mit Hilfe der USA installierten Landes wollen wir Leopard-Panzer liefern? Panzer, die auch bestens zur „Aufruhrbekämpfung“ (also auch, um Demonstrationen niederzuschlagen) im Inland geeignet sind und in einem Firmenvideo auch so beworben werden. Kann das eine deutsche Bundesregierung gutheißen, die andere Länder dieser Welt – zu Recht – kritisiert, weil sie die Menschenrechte missachten und undemokratisch verfasst sind?

Nicht jeder gedenkt diesen Kriegswaffenexport geräuschlos hinzunehmen

Betreffs des Widerstandes gegen das Panzergeschäft tut sich einiges, meldet „Ohne Rüstung Leben“: „Die Aktion des Zentrums für politische Schönheit bewirkte, dass einer der Miteigentümer an Krauss-Maffei-Wegmann, Burkhart von Braunbehrens, sich gegen den Panzerexport ausspricht.

Interessante Artikel und Sendungen aus den Medien zum Thema (via „Ohne Rüstung Leben“ Stuttgart)

tagesschau.de, 20.06.2012

tagesschau.de, 18.06.2012
campact-Aktion gegen die Leo-Lieferung vorm Kanzleramt

Rüstungseigentümer zum Panzerdeal

Im Interview bestätigt B. von Braunbehrens, dass er sich mit einem Brief an Bundespräsident J. Gauck gegen die Panzerlieferung an Saudi-Arabien ausgesprochen hat. Einen Panzerverkauf im Rahmen der Exportrichtlinien findet er aber prinzipiell ok. Auf die Frage “Die deutsche Rüstungsindustrie profitiert seit Jahrzehnten vom griechisch-türkischen Wettrüsten – Sie auch? antwortet er vielsagend: “Das muss man annehmen.” taz.de 1806.2012

25.000 Euro-Kampagne und B. v. Braunbehrens´ Reaktion
In die Meldung um die Ausweitung des Panzer-Geschäfts fällt auch die aktuelle Diskussion um die Internetkampagne 25.000-Euro des Zentrums für politische Schönheit (Mitglied der Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel). Darin werden die Miteigentümer an Krauss-Maffei-Wegmann wegen ihren Waffengeschäften angeprangert. B. v. Braunbehrens äußert sich in Reaktion darauf in der ZDF-Sendung “aspekte.” aspekte vom 15.06.12

Berichte über die Aktionen, Termine und über die Rüstungsunternehmen gibt es auf der Internetseite http://panzerknacken.blogsport.de/

Mit zivilem Ungehorsam gegen Leopard-Panzerlieferung an Saudi-Arabien

Organisationen der Friedensbewegung planen Aktionen bis hin zum zivilen Ungehorsams, um die Lieferung von Leopard-Panzern an Saudi-Arabien zu verhindern. In einem Artikel für die aktuelle Ausgabe der “Zeitung gegen den Krieg” hat Jürgen Grässlin wesentliche Fakten zu Rüstungslieferungen an Saudi-Arabien im Allgemeinen und zum Panzergeschäft im Besonderen zusammengetragen. Auch vor dem Hintergrund der im nächsten Jahr anstehenden Bundestagswahl plädiert er für entschiedene Aktionen gegen das Mord(s)geschäft. mehr

Ohne Rüstung Leben“ weist via Website daraufhin, was jede(r) für sich unternehmen kann, um gegen den Export Hightech-Panzern vom Typ Leopard 2 A7+ nach Saudi-Arabien zu protestieren

  • Unterzeichnen der Online-Petition von avaaz.org (mehr)
  • Dem Bundestagsabgeordneten Ihres Wahlkreises einen Brief schreiben. Hier ein Briefentwurf, der durch eigne Anmerkungen ergänzt werden kann. (mehr)

Online-Petition an Kanzlerin Merkel und den Bundessicherheitsrat (via „Ohne Rüstung Leben“)

Während mutige Menschen in der arabischen Welt Diktatoren entmachten, will Angela Merkel die Despoten in Saudi Arabien mit Leopard-Kampfpanzern ausrüsten, die optimiert sind für die Bekämpfung von Volksaufständen in städtischen Gebieten — es sei denn, öffentlicher Druck kann den Plan vereiteln.

Zur Information: Deutschland darf gesetzlich keine Waffen in Krisenregionen liefern, und ganz bestimmt nicht nach Saudi-Arabien, das mit seinen Panzern die brutale Niederschlagung von Demokratie-Protesten in Bahrain unterstützte. Aber Merkel scheint vor der mächtigen Waffenlobby einzuknicken. Hier geht es zum Unterschriftenformular bei avaaz.org

Der Panzer-Export ist m. E. durch nichts zu rechtfertigen

Zwar mögen strategische Interessen im Spiele sein: Saudi-Arabien ist ein regionaler Gegenspieler des Iran. Was nicht zuletzt das Wohlwollen, das die Israelis dem bundesdeutschen Panzer-Geschäft entgegenbringen erklären dürfte. Lernt Politik nie dazu? Wir erinnern uns vielleicht noch daran, dass der Westen einst auch den später als „Hitler“ verteufelten Saddam Hussein und den Irak aufrüstete, um den Iran zu schwächen, bzw. auszuschalten. Welch irrationale Herangehensweise von Politik! Mit welch gravierenden Folgen für die Zukunft!

“Freedom House” und das Demokratie-Rating von “The Economist” stellen Riad schlechte Zeugnisse aus

Um sich noch einmal zu vergewissern, um was für ein Regime es sich bei dem in Saudi-Arabien handelt, hilft es den aktuellen Bericht der Nichtregierungsorganisation „Freedom House“ zu studieren. Dieser stuft das Land auf einer Skala von 1 (größte Freiheit) bis 7 (geringste Freiheit) so ein: bezüglich politischer Rechte: nicht frei (Stufe 7). Und bezüglich der Freiheitsrechte rangiert Riad ebenfalls auf Stufe 7 (nicht frei)! Im Demokratie-Rating des britischen „The Economist“ dümpelt Saudi-Arabien auf Platz 161 (von insgesamt 167 Ländern. Damit zählt Saudi-Arabien zu den zehn autoritärsten Staaten der Welt.

Laut „amnesty international“ sind in Saudi-Arabien allein im Jahr 2010 mindestens 82 Menschen hingerichtet worden. Die Tendenz bei der Verhängung und dem Vollzug der Todesstrafe zeigt einen Anstieg gegenüber den Vorjahren.

Und was sagt die Bundesregierung zum Leo-Panzerexport? Nichts. Sie schweigt

Unbestätigten Meldungen zufolge will Saudi-Arabien den Deal bis zum 20. Juli diesen Jahres in trocknen Tüchern haben. Es pressiert also! Nicht nur „Ohne Rüstung Leben“ fordert deshalb: „Legt den Leo an die Kette!“

Könnte FDP-Orginalton sein: „Unsere Außenpolitik dient der Freiheit“

Mit der Postkarten-Protestaktion „FDP Freiheit? Dialog? Panzerexport! – Die Lieferanten unternimmt „Ohne Rüstung Leben“ den Versuch, einem der drei Koalitionspartner die freiheitlich-liberale Maske vom Gesicht zu reißen. „Unsere Außenpolitik dient der Freiheit“, lautet es und: „Nur Dialog schafft Vertrauen …“ Derlei Sätze, so steht es geschrieben, trügen „FDP-Politiker gerne zur Schau. Geht es um Panzerexport steht jedoch das Wohl des Produzenten, den Eigentümerfamilien von Krauss-Maffei oder den Aktionären von Rheinmetall, im Vordergrund. Freiheit und Dialog“ spielten dann den Waffen-Empfangsländern „keine Rolle mehr.“ Die Lieferung von vielleicht 600 – 800 Leopard-2-Kampfpanzern obliegt innerhalb der Bundesregierung Wirtschaftsminister Philipp Rösler. Der Mann für’s grobe Panzergeschäft also. Während sein Parteifreund Fachmann für einzufliegende Teppiche ist. Was für eine Truppe, diese FDP!

Andere nicht besser als FDP

Auch wenn „Ohne Rüstung Leben“ hier die FDP kritisch aufs Korn genommen hat – von der manche sich ganz andere „Lieferungen“ versprochen haben dürften – sollten sich CDU und CSU nicht in der Rolle der Besseren wähnen. Die SPD kritisiert das Kriegswaffengeschäft. Und die Grüne Claudia Roth hebt mit gewohnter Betroffenheitsmine drohend den Zeigefinger. Würde Rot-Grün in Regierungsverantwortung solchen schmutzigen Waffenexporten widerstehen? Man darf nach bestimmten, in der nahen Vergangenheit gemachten, Erfahrungen zumindest leichte Zweifel daran haben …

Bange Frage zum Schluss: Ist Deutschland schon wieder wer in der Welt? Jedenfalls rangieren „wir“ inzwischen auf dem dritten Platz unter den Staaten in puncto Waffenhandel weltweit. Dies an sich ist m. E. schon schlimm genug, oder? Grund stolz darauf zu sein gibt es nun wirklich nicht. Und wer anders denkt, sollte sich mal an den Kopf fassen!

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Geschrieben von

asansörpress35

Politischer Mensch, der seit der Schulzeit getrieben ist, schreibend dem Sinn des Lebens auf die Spur zu kommen.

asansörpress35

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