Grüne, habt ihr sie noch alle?

Redeverbot Es heißt die Grünen seien erwachsen geworden. Eine Grüne will Ex-Kanzler Redeverbot erteilen. Eine andere begibt sich mittels Fotomontage auf niedriges Niveau.

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Grüne, habt ihr sie noch alle?

Foto: Philipp Guelland / AFP / Getty Images

Hol mir mal 'ne Flasche Bier! Oder vielleicht doch gleich 'ne Pulle Wodka? Was ist nur aus manchen Grünen geworden? Ich schreibe in Erinnerung einer vom großen Theatermann George Tabori erzählten Anekdote aus dessen Leben, bewusst "manchen", denn die Grünen gibt es nicht. George Tabori kam einst als Kind von der Schule nach Hause und sagte seinem Vater, etwas, das er in der Schule aufgeschnappt hatte. Nämlich: "Alle Rumänen sind schwul." Darob erhielt er vom Vater eine Ohrfeige, welcher die Worte "Merk dir, die gibt es nicht!" Und so ist es eben auch bei den Bündnisgrünen. Bestätigen Ausnahmen die Regel?

Für den Frieden traten die Grünen damals ehrlich und kampfentschlossen auf

Komische Vögel waren Grüne ja schon von Beginn ihrer Existenz an. Aber gegen harsche Kritik, die ihnen entegegenschlug, verteidigte ich sie. Grüne Frauen strickten auf Parteitagen oder stillten ihre Kinder. Warum nicht? Auch grüne Männer kamen unangepasst daher. Frauen und Männer vereinte, dass sie die verkrusteten Strukuren der alten Bundesrepublik aufbrechen, den Muff unter den Talaren ordentlich auslüften wollten. Und nicht zu vergessen: Für den Frieden traten die Grünen damals ehrlich und kampfentschlossen auf. Dafür bekamen sie ordentlich Prügel von den Konservativen. Und auch die Medien wollten mit diesen vermeintlichen Schmuddelkindern nicht spielen.

Heute sind die Grünen "erwachsen"

Heute aber, liest und hört man, die Grünen seien erwachsen geworden. An was machen dies die Schreiber und Sprecher solcher Texte fest? Nun, vielleicht daran: Grüne Frauen sieht man so gut wie gar nicht mehr stricken. Und auch den Frieden definieren die Bündnisgrünen heute anders als dazumal. Unter Rot-grün taten sie gar beim ersten deutschen Kriegseinsatz nach 1945 ordentlich mit. Das (völkerrechtswidrige) Bombardieren Serbiens fand die Grünen-Spitze überhaupt nicht anrüchig. Ganz im Gegenteil. Es geschah ja aus "humanitären" Gründen. Ergo: Für den Frieden. Und dafür waren ja die Grünen (einst) einmal.

Bekanntlich war der vorgebliche Sozialdemokrat Gerhard Schröder damals Bundeskanzler.

Gerhard Schröder zur Causa Ukraine/Krim

Nun äußerte sich Schröder auf einer Matinee der „Zeit“ über die Spitze der EU-Kommission in Brüssel zur Causa Ukraine. Und kritisierte „man habe nicht im Entferntesten kapiert (…), dass das ein kulturell gespaltenes Land ist und dass man mit einem solchen Land so nicht umgehen kann”. Weiter fügte Schröder hinzu: „Ich frage mich, ob es richtig war, ein kulturell gespaltenes Land wie die Ukraine vor so eine Alternative zu stellen: Assoziierung mit der EU oder Zollabkommen mit Russland“. Vielmehr hätte die EU “beide Richtungen” möglich machen sollen.

Der "Genosse der Bosse" bekannte schließlich noch ehrlich, damals selbst das Völkerrecht missachtet zu haben: „Natürlich ist das, was auf der Krim geschieht, ein Verstoß gegen das Völkerrecht“. Als Bundeskanzler habe er beim Jugoslawien-Konflikt ebenfalls gegen das Völkerrecht verstoßen. “Da haben wir unsere Flugzeuge (…) nach Serbien geschickt, und die haben zusammen mit der Nato einen souveränen Staat gebombt – ohne dass es einen Sicherheitsratsbeschluss gegeben hätte.” Schröder riet eingedenk dessen dazu, mit dem erhobenen Zeigefinger vorsichtig zu sein.

Rebecca Harms (Grüne) wollte Gerhard Schröder Redeverbot verpassen - Häh?

Die Äußerungen brachten die Grünen - ihnen voran - Rebecca Harms auf die Palme. Von was Harms auch immer geritten wurde, bleibt schleierhaft. Jedenfalls verfasste sie gemeinsam mit den Konservativen im Europäischen Parlament einen Anhang zu einer Resolution zur Krimkrise, welcher Gerhard Schröder nebenbei einen Maulkorb verpassen sollte.

Unter Punkt 25a sollte dort eingefügt werden:

Das Europaparlament bedauert die Äußerungen des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder über die Krise in der Ukraine, betont, dass er keine öffentlichen Aussagen zu Themen machen sollte, die Russland betreffen, da er sich aufgrund seiner Beziehungen zu dem Unternehmen Gazprom, das eines der bedeutendsten außenpolitischen Instrumente Russlands darstellt, in einem eindeutigen Interessenkonflikt befindet

Häh? Hol mir mal Glas voll Wodka! Eine Grüne, die erst jüngst zur Spitzenkandidatin für die kommende Europa-Wahl nominiert worden ist, will einem ehemaligen Politiker Redeverbot erteilen?!

Merkwürdiges Verständnis von Demokratie

Was ist das denn für ein Verständnis von Demokratie? Wo doch die Meinungs- und Redefreiheit eine hohes Gut in der Demokratie ist! Gewiss: manches Mal hätte man ja Gerhard Schröder allzu gern zugerufen: Halt doch die Klappe, basta! Aber dies trifft für viele andere Politikerinnen und Politiker ebenfalls zu.

Also zurück zur Demokratie: Wir müssen sie ertragen, die Meinungen unserer Politiker und seien sie auch noch so dumm oder krude. Schließlich können wir ebenfalls unsere Meinung sagen oder schreiben. Zur von Schröder geäußerten Meinung ist nebenbei zu sagen: Diesbezüglich ist ihm m. E. durchaus recht zu geben.

Harms scheiterte

Jedenfalls kam das Harm'sche Redeverbot für Gerhard Schröder nicht durch. Der österreichische Sozialdemokrat und Chef der Fraktion der Europäischen Sozialistischen Partei, Hannes Swoboda, sprach sich gegen diesen merkwürdigen Vorschlag aus. Es ginge nicht an, so Swoboda, dass ausgerechnet das Europäische Parlament einem ehemaligen Politiker den Mund verbieten wolle. Dem ist zuzustimmen. Was erlauben, Harms?

Verwirrte Grüne

Ich möchte den Grünen ja nicht zu nahe treten. Jedoch: wenn ihnen inzwischen auch von konservativen bürgerlichen Politikern und Medien zugestanden wird, sie seien "erwachsen" geworden, könnte es sein, dass die Grünen auch diese Schwelle bereits überschritten haben? Einige der Grüne wirken zumindest verwirrt. Marieluise Beck (MdB. Bündnis 90/Grüne) und Ralf Fücks, Vorstand der Böll-Stiftung, düsen nach Kiew und finden die neue, nicht legitmierte Regierung der Ukraine ganz toll. Den Einfluss der Faschisten in der Ukraine reden sie dagegen klein.

Kathrin Göring-Eckardt auf niedrigem Niveau

Und Kathrin Dagmar Göring-Eckhardt vom Vorstand der Bündnisgrünen ist von was geritten gewesen, als sie ein Foto, das offenbar russische Bewaffnete und daneben Sahra Wagenknecht; hineingephotoshopt; abbildet, auf ihre Facebook-Seite gepostet hat. Die Aufschrift auf dem Foto: JETZT NEU: LINKSPARTEI ERSTMALS FÜR AUSLANDSEINSÄTZE. Göring-Eckhard entblödet sich nicht, eien solchen Schwachsinn zu posten. Wie tief kann man als Grüne sinken, um auf ein niedriges Niveau zu rutschen? Gehörte diese Fotomontage nicht verboten? Nein! Sie ist von der im Grundgesetz garantierten Meinungsfreiheit gedeckt. Wir müssen sie ertragen. Es soll bereits ein Shiststorm gegen diese Abbildung eingesetzt haben. Eine mögliche Reaktion von vielen anden.

Fazit

Früher strickten die Grünen, auch Männer, auf Parteitagen. Und grüne Frauen stillten ihre Kinder. Und Grüne, Frauen und Männer, traten für den Frieden ein. Das gefiel mir besser. Ich verteidigte sie gegen üble Kritik. Was ist nur heute aus manchen Grünen geworden? Hilfe! Hol mir mal 'ne Flasche Bier! Und wenn das nicht reicht, 'ne Pulle Wodka noch dazu. Einen Schluck nehmend, rufe ich einigen Grünen zu: Habt ihr sie noch alle?

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Geschrieben von

asansörpress35

Politischer Mensch, der seit der Schulzeit getrieben ist, schreibend dem Sinn des Lebens auf die Spur zu kommen.

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