Rolle der sozialen und alternativen Medien

24. Friedensratschlag Dr. Sabine Schiffer sprach in Kassel u.a. über die Notwendigkeit Medien kritisch zu rezipieren und darüber wie Fallstricke vermieden werden können

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Am zweiten Tag vom 24. Friedenspolitischen Ratschlag zog ein interessanter Vortrag der Sprachwissenschaftlerin und Medienpädagogin Dr. Sabine Schiffer die TeilnehmerInnen an. Schiffer leitet ebenfalls das Institut für Medienverantwortung. In Kassel sprach sie über „Die Rolle der sozialen Medien und alternativen Medien für die Friedensbewegung“.

Am zweiten Tag vom 24. Friedenspolitischen Ratschlag zog ein interessanter Vortrag der Sprachwissenschaftlerin und Medienpädagogin Dr. Sabine Schiffer die TeilnehmerInnen an. Schiffer leitet ebenfalls das Institut für Medienverantwortung. In Kassel sprach sie über „Die Rolle der sozialen Medien und alternativen Medien für die Friedensbewegung“.

Die Notwendigkeit, Medien kritisch zu rezipieren

Die Medienpädagogin empfahl eine kritische Rezeption von alternativen Medien. Eine Empfehlung freilich, die generell für den Umgang mit allen Medien gilt. Als Beispiel unter mehreren führte sie das sehr stark frequentierte Portal „KenFM“ an, dass äußerst erfolgreich von Ken Jebsen betrieben wird. Jebsen käme das Verdienst zu, sehr interessante lange Interviews – jedoch weniger gute Talkshows - zu produzieren. Und zu diesem Behufe Gesprächspartner „aus der Versenkung geholt“ zu haben, welche es in den öffentlich-rechtlichen Sendern nicht zu finden gebe bzw. nicht die dort nicht mehr vorkämen. Hinzu kämen weitere nicht weniger interessante Sendungen aus dem Hause KenFM, welche zweifelsohne Lob verdienten. Jedoch habe sich Jebsen auch schon vergriffen. Etwa indem der den umstrittenen, inzwischen verstorbenen, Journalisten Udo Ulfkotte ein Podium bot. Ulfkotte hatte rechtspopulistische Thesen vertreten und die Angst vor dem Islam geschürt. Schiffer: Allerdings müsse vermerkt werden, dass der frühere, von Attac kommende, Pedram Shayar (u.a. „Der rote Tisch“) – nun Redakteur bei KenFM –etwas politische Orientierung ins KenFM-Programm bringen wollte. Letztlich habe es sich aber nicht zum Optimalen entwickelt, meinte Sabine Schiffer.

Selbst den von Vielen zu Recht hochgeschätzten, tagtäglich gut frequentierten NachDenkSeiten passierten schon einmal Ausrutscher, „wenn es aus“ dessen Herausgeber, Albrecht Müller, „ausbricht“. Auch bei der Nutzung von Russia Today müsse kritisch hin(geschaut) werden. Russia Today habe beispielsweise der AfD und Pegida bei der Berichterstattung großen Raum gegeben.

Erschrocken zeigte sich Sabine Schiffer darüber, dass sich auch in linken Pubikationen, etwa im Tagesschau-kritischen Buch „Die Macht um acht“, die Epoch Times als Quelle verlinkt vorfand. Schiffer: „Die Epoch Times ist Falun Gong.“ Eine Sekte die ganz stark antichinesische Politik mache. Quellenprüfung ist immer angesagt und dann stelle man fest, dass Wikipedia keine seriöse Quelle sei.

Auch das von dem Leipziger Frank Höfer betriebene Portal NuoVisa.TV werfe in der kritischen Betrachtung Schiffers Probleme auf. Dort kämen u.a. auch Beiträge

[caption id="attachment_3778" align="alignleft" width="440"]https://clausstille.files.wordpress.com/2017/12/20171203_102312.jpg Dr. Sabine Schifferin informiert über fragwürdige Medien. Fotos (2): C. Stille[/caption]

vor, die aus der esoterischen Ecke kämen. Auch SchrangTV kam bei der Bewertung Dr. Schiffers nicht gut weg. Diese Kanäle pflegen ein bestimmts Framing. Bei Nuoviso seien neben gut recherchierten Beiträgen auch Videos über Kornkreise und andere umstrittene Theorien zu finden – was auf die seriösen Themen abfärbe und sie entwerte. Sie folgten halt einem Schubladendenken, folgten einem bestimmten Deutungsraster. Es käme immer darauf an sich als Medienmacher, als Medium zu fragen: „In welchen Rahmen stelle ich mich?“ Auch die Bildzeitung stellt sich ja in einen bestimmten Rahmen. Dagegen sei kein Medium gefeit. Käme etwa ein journalistisch gut gemachter Beitrag in einem Medium vor, dass über Kornkreise berichte, werfe das eben Fragen auf.

Die Öffentlich-Rechtlichen hätten hingegen ihre Staatsverträge, denen sie verpflichtet seien und auf deren Einhaltung man sich berufen könne, was aber oft genug folgenlos bliebe.

Tipp an die Mediennutzer zur Unterscheidung von Spreu und Weizen: Genau schauen, welche Medien behaupten im Besitz der Wahrheit zu sein und welche wirklich glaubhaft nach Wahrheit suchen.

Sabine Schiffer informierte über die fragwürdige sogenannte Antizensurkoalition (Schiffer erklärte deren Grundidee so: „Alles was nicht in den allgemeinen Medien vorkommt, ist wahr“) des nicht weniger fragwürdigen Schweizer Laien- und Sektenpredigers Ivo Sasek, zu dessen Medienimperium auch Klagemauer-tv gehört.

Es sei eben für die ZuseherInnen manchmal gar nicht einfach die Medien zwecks deren Glaubwürdigkeit einzuordnen. Weshalb man genau schauen solle, welche Medien rund heraus behaupteten im Besitz der Wahrheit zu sein und welche glaubhaft danach suchten.

Positiv bewertete Dr. Sabine Schiffer das Format von Tilo Jung („Jung & naiv“), in dem Politik hervorragend dokumentiert werde.

Schwierig sei es für Journalisten geworden, die allzu kritisch berichteten oder die in den Ruch gekommen seien, „Verschwörungstheoretiker“ zu sein – und sei der Vorwurf auch noch so abwegig.

Frieder Wagner („Deadly Dust“) der früher für den WDR gearbeitet habe, bekäme von dort eben keinen Auftrag mehr. Um seinen Film zu promoten, müsse er nun eigenes Geld in die Hand nehmen. Ebenso Gaby Weber (Filme von hier auf „YouTube“) sei inzwischen weitestgehend auf sich selbst gestellt.

Kontaktschuld, Usurpation und plötzlich ist man „gelabelt“

Sehr aufwändig, so Sabine Schiffer, sei es mit Medien umzugehen. Sicher auch, was die Arbeit der Friedensbewegung anbetrifft. Leicht nämlich könne man halt in einen bestimmten Frame geraten, welcher einen zum Verschwörungstheoretiker mache oder gar in die Nähe von Rechten rücke. Da reiche manchmal schon ein Foto, dass jemand mit bestimmten Leuten entsprechenden Kalibers abbilde. Stichwort: Kontaktschuld. Oder, wenn gefilmt dann könnten einen Kontaktschuldfilme schon in Teufels Küche bringen.

Was die Medienarbeit der Friedensbewegung anbelagt, so gebe es Luft nach oben. Schiffer finde es zum Beispiel „dämlich“, ein Foto mit beispielsweise drei Leuten auf einer spärlich besuchten Demo ins Netz zu stellen. Das könne mehr Schaden anrichten als von Nutzen zu sein oder gar die Dokumentationsarbeit der Geheimdienste machen.

Schwierig wäre es gegen Verlinkungen eigener Texte auf fragwürdigen Seiten anzugehen. Verlinken sei, so Schiffer, eine Strategie der Rechten, wogegen man sich aus Zeitgründen kaum wehren könne. Wer aber Kooperationen ermitteln will, der müsse mindestens prüfen, ob ein Link „erwidert“ wird – sprich, ob es eine gegenseitige Verlinkung gibt. Rasch greife auch die Usurpation für gegen einen selbst gerichtete Zwecke. Ehe man sich versehe, sei man plötzlich „gelabelt“.

Sabine Schiffer wies auf die seinerzeit viel Staub aufgewirbelt habende Querfrontstudie der Otto-Brenner-Stiftung und auf ein von ihr dazu verfasstes Gutachten hin und auf die Dokumentationsseite, wo beide OBS-Arbeitspapiere zu finden sind – denn die Otto-Brenner Stiftung habe nach erfolgreichen Abmahnungen das Dokument verändert und wieder hochgeladen. Als Betroffener benötige man schon einmal teuren juristischen Beistand. In den meisten Fällen könne aber nichts gegen subtile Nahelegungen getan werden und kann nur auf die Medienkompetenz der Rezipienten von Schmähschriften hoffen. Der Schaden ist meist ohnehin schon eingetreten.

Ein sehr interessanter Vortrag von Dr. Sabine Schiffer, der einige Schwierigkeiten im Umgang mit den sozialen Medien und alternativen Medien nicht nur ausschließlich für die Friedensbewegung deutlich machte und Ansätze zur weitgehenden Vermeidung derselben lieferte.

Hinweis: Der Beitrag wurde am 14.12.2017 überarbeitet.

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Geschrieben von

asansörpress35

Politischer Mensch, der seit der Schulzeit getrieben ist, schreibend dem Sinn des Lebens auf die Spur zu kommen.

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