TV Vik Toria

Bürgerfernsehen Mainstream-Medien bedürfen der Gegenöffentlichkeit. Der "Störsender" will das leisten. Aber auch viele kleine Störsender können etwas bewirken. Etwa das TV mit Vik Toria.

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Vik Toria ging vergangenen Sonnabend erstmalig auf Sendung. Im Internet. Bambuser.com macht es möglich. Jeder kann das.

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Auch die Occupy-Bewegung könnte von kleinen "Störsendern" profitieren, Foto: privat

Kürzlich berichteten ich hier über das Vorhaben “Störsender.tv” mit Dieter Hildebrandt und Dieter Hanitzsch – viele andere Künstler haben bereits ihr Interesse am Mitstören bekundet – via Crowdfunding als Internetsender ins Netz zu bringen. Obwohl dieser Störsender noch gar nicht arbeitet, keinesfalls sicher ist, ob die nötigen 125.000 Euro bis zum 10. Februar 2013 zusammenkommen, hat er ganz offenbar schon Austrahlung auf die Netzwelt.

Gegenöffentlichkeit

Dank unterschiedlicher neuer Medien und deren vielfältigen Möglichkeiten kann eigentlich heute jeder Fernsehsendungen und Hörstücke ohne besonders großen Aufwand produzieren. Von zuhause aus oder sogar via Smartphone. Es kommt nur darauf an welchen Anspruch die Nutzerinnen und Nutzer an ihren jeweiligen Kanal und dessen Möglichkeiten haben. Über Lifestream lässt sich über Veranstaltungen berichten. Es kommt nur auf die Standfestigkeit und Qualität des Streams an. Wobei dies natürlich wesentlich von der Kapazität und Geschwindigkeit der jeweiligen Internetverbindung der Empfänger abhängt. Nicht zuletzt sehen soziale und Protestbewegungen wie etwa Occupy diese neuen technischen Möglichkeiten als Chance ihre Anliegen zu verbreiten. Berichterstattungen über Demonstrationen, Interviews aus erster Hand bzw. moderierte Sendungen darüber, die zudem Informationen verbreiten, die für die Aktivisten – aber auch für interessierte Bürgerinnen und Bürger – von Interesse sind. Derartige Sendungen können sogar Informationsergänzungen zu Mainstream-Medien liefern. Sie können als Gegenöffentlichkeit fungieren. Als Bürgerfernsehen. Schließlich mussten wir erleben, wie alte TV-Schlachtrösser wie die öffentlich-rechtlichen Nachrichtensendungen von ARD und ZDF in Bezug auf die Berichterstattungen über Massen-Sozialproteste etwa in Spanien äußerst zurückhaltend agierten. Was gegenüber der Tagesschau vergangenen Jahres gar zu einem Shitstorm geführt hatte.

Möglich macht es Bambuser.com

Der “Störsender” wirkt also schon. Gestern ging bescheiden aber hoch motiviert Vik Toria von zuhause aus erstmalig auf Sendung. Möglich macht es Bambuser.com. Vik Toria aus Deutschland geht mit dem Anspruch “Interaktives Fernsehen, Nachrichten und Polit-Talk” auf Sendung. Sie nennt es einen “Versuch objektiv zu berichten, was in den Nachrichten kaum oder gar nicht erscheint. Gemeinsam diskutieren über Proteste, Politik und Wirtschaft.” Ihren Kanal und damit auch Vik Torias erste Sendungals Aufzeichnung erreichen Sie auf Bambuser.com hier.

Vik Torias Themen

Themen der Livesendung waren u.a. die Proteste in Indien wegen der vergewaltigten Studentin, der rassistische Überfall auf eine männliche Putzkraft in einer Berliner Diskothek, Silvester im Gefängnis (Solidaritätsaktion), der NSU-Skandal sowie die Wahlen in Deutschland. Überdies informierte Vik Toria über internationale Aktionen und lokale Proteste, Demonstrationen, Gedenken und Mahnwachen. Möglich, dass künftig auch über das BGE (Bedinungsloses Grundeinkommen) oder über Anarchie diskutiert werden wird. Gewiss keine Mainstream-Themen. Aber Mainstream und Neoliberalismus beherrschen seit mindestens zwei Jahrzehnten im Überfluss unsere Gesellschaft. Da wird sie gewiss auch Diskussionen über andere Formen des Miteinanders vertragen. Zumal der derzeitige Zustand unserer Gesellschaft sicherlich nicht gerade danach ruft unbegrenzt – dabei weiter den Holzweg beschreitend - Richtung Abgrund ausgebaut zu werden.

Fernsehen interaktiv

Interessant an dieser Form des Fernsehens: sie ist interaktiv. Denn während der Sendung können über ein Chatfunktion Fragen gestellt bzw. Anmerkungen gemacht werden. Bei der Ur-Sendung gestern zeigte sich jedoch, dass deren Wahrnehmung die Moderatorin ablenkt und “Löcher” im Ablauf der Sendung enstehen lässt. Wie Vik Toria bereits gestern erwähnte, wird aber da vielleicht schon bei der nächsten Sendung am kommenden Samstag Abhilfe geschaffen: Jemand wird moderieren, den Chat eine andere Person betreuen. Vik Toria nannte es gestern selbst so: Die Sendung bot eine “Bunte Tüte” voller interessanter und bewegenden Themen. Die Themen reichten von der Energiewende, über Occupy bis hin zu internationalen Meldungen und Informationen betreffs bewegender Einzelschicksale (Alfon Libertad in Spanien) in Verbindung mit Protesten (Idle No More in Kanada) und einer Hausbesetzung ( Villa Amalias in Griechenland). Näheres dazu sehen Sie in Vik Torias Sendung via Bambuser.com. Interessanter würde es m.E. für die Zuschauer, wenn auch Einblendungen vorgenommen werden könnten. Allerdings konnten Informationen, die dafür in Betracht gekommen wären, gestern auch über Vik Torias Notizen im Detail auf Facebook nachgelesen werden.

Viele kleine Störsender

Ein interesanter erster Versuch mit eignem Fernsehkanal auf den Plan zu treten. Neue Medien mit ihren unterschiedlichen und vielfältigen technischen Möglichkeiten machen es möglich. Die gestrige Sendung Vik Torias lief ganz gut. Man spürte, da steckt viel Engagement und Lust drin etwas mitzuteilen, was andere Medien aus welchen Gründen auch immer sozusagen hinten herunterfallen lassen. Ablauf und die Struktur der Sendung sind ausbaufähig. Wir dürfen gespannt darauf sein. Indes: der “Störsender” mit Dieter Hildebrandt möge kommen. Schaden kann es aber auch nicht, wenn viele kleine Störsender in die Welt kommen. Um sie im Sinne der Allgemeinheit verändern zu helfen. Vik Toria ist sozusagen seit dem 5. Januar on TV. Ihre nächste Sendung steht am kommenden Sonnabend 15 Uhr an. Gut so. Gespannt sein darf man auf Nachahmer.

Hier Vik Toria auf Facebook.

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Geschrieben von

asansörpress35

Politischer Mensch, der seit der Schulzeit getrieben ist, schreibend dem Sinn des Lebens auf die Spur zu kommen.

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