WAZ-Konzern und Medienmoral

Meinungsvielfalt Nach der Schließung von Redaktionen der “Westfälischen Rundschau” Anfang dieses Jahres schloß zum 1. Mai 2013 nun auch die WAZ-Redaktion in Recklinghausen.

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Recklinghausen, der bevölkerungsreichste Landkreis Deutschlands verkümmert in weiten Teilen der Regionin einer Hinsicht: Die publizistische Meinungsbildung wird nun von einem einzigen Verlagshaus dominiert. Kolleginnen und Kollegen deutscher Journalistengewerkschaften machten auf der 1.Mai-Kundgebung in Recklinghausen auf ihre Situation aufmerksam.

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Kollegen von DJV und dju in ver.di machen auf ihre Situation und der der Medien im Ruhrgebiet aufmerksam; Foto: ansansoerpress35

Ein Axt treibt ihr Unwesen im Ruhrgebiet. Die WAZ-Axt. Geschwungen von der Funke-Gruppe (vormals WAZ-Mediengruppe), macht sie den Medienwald des Ruhrgebiets kurz und klein. Anfang des Jahres hat die Geschäftsführung der Essener WAZ-Mediengruppe Redaktionen der “Westfälischen Rundschau” plattgemacht. Readers Edition berichtete. Rubbeldiekatz verloren etliche Redakteurinnen und Redakteure ihren Arbeitsplatz. Erfahren hatten sie von der angeblichen “Sanierung” aus der Presse. Wohlbemerkt: Nicht aus dem eignen Blatt. Man verbot den Betroffenen sogar die Berichterstattung in eigner Sach, bzw. zensierte schon verfasste Artikel. Oder kippte sie kurz vorm Andruck aus der Zeitung. Seither ist die “Westfälische Rundschau” (WR) in Dortmund eine Zeitung ohne Redaktion. Und eine Zeitung ohne Redaktion, finden viele Leser, ist keine Zeitung. Zahlreiche Abonnenten kehrten der WR den Rücken. Der Dortmunder Lokalteil wird durch Funke-Gruppe ausgerechnet vom Konkurrenzblatt “Ruhr Nachrichten” zugekauft. Die lokalen Nachrichten, die die “Ruhrnachrichten” mit blauer Druckerfarbe garnieren, erscheinen bei der WR als Beilage im Umfeld der alten WR-Farbe rot. Der Mantel der Zeitung stammt weiter aus Essen. Auf der Strecke blieb die Meinungsvielfalt. Die Proteste gegen das Vorgehen des Essener Verlags waren groß. Auch seitens der Politik.

Die WAZ-Ausgabe „Unser Vest“ wird – wie die Westfälische Rundschau – zur “lokaljournalistischen Mogelpackung”

Die WAZ-Axt wird nun abermals erhoben. Um wieder etwas kurz und klein zu machen. Nun will die Funke-Gruppe die Redaktion der Westdeutschen Allgmeinen Zeitung (WAZ) in Recklinghausen schließen. Darauf machten am Rande der Recklinghausener 1.Mai-Kundgebung und Eröffnung der 67. Ruhrfestspiele Kollegen des Deutschen Journalisten Verbandes (DJV) NRW sowie der dju (Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in der Gewerkschaft ver.di ) aufmerksam. Die WAZ gibt damit die eigene lokale Berichterstattung auf und – der Fall WR in Dortmund lässt grüßen – die Artikel von der Konkurrenz, dem Medienhaus Bauer (Recklinghäuser Zeitung) werden eingekauft. Laut den Informationen der Gewerkschafter bedeutetet das: Die WAZ-Ausgabe „Unser Vest“ werde “damit – wie die Westfälische Rundschau – zu einer lokaljournalistischen Mogelpackung”. Weil das Lokalblatt dann ebenso wie die WR als eine Zeitung ohne Redaktion daherkommt. Eigentlich ein journalistisches Unding. “In Recklinghausen, Marl, Herten, Haltern am See, Datteln, Waltrop und Oer-Erkenschwick wird es künftig nur noch eine einzige Tageszeitung mit einem eigenständigen Lokalteil geben. Meinungsvielfalt gleich Null! Unter der Überschrift “Die WAZ-Axt schlägt wieder zu!”, machen die DJV-NRW- und dju-Kolleginnen darauf aufmerksam, dass damit der “bevölkerungsreichste Landkreis in Deutschland verkümmert”. In weiten Teilen der Region werde dann die “publizistische Meinungsbildung von einem einzigen Verlagshaus dominiert”. Und weiter heisst es: “Die Presse- und Meinungsvielfalt, ein wesentliches Element einer lebendingen Demokratie, wird im Vest Recklinghausen von der WAZ rücksichtslos auf dem Altar einer zweistelligen Rendite geopfert.

Forderung an die Funke-Gesellschafter

Der DJV-NRW und die dju in ver.di fordern u.a. die Funke-Gesellschafter und die Geschäftsführung auf, ihrer sozialen Verantwortung für die Beschäftigten nachzukommen und ihrer demokratischen Verantwortung als Verleger gerecht zu werden:

“Herr Braun, Herr Nienhaus, Herr Ziegler,

nehmen Sie die angekündigte Schließung der Redaktion Unser Vest zurück! Stoppen Sie die Mogelpackung! Investieren Sie in lesernahe journalistische Qualität! Entwickeln Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern innovative mediale Konzepte! Bieten Sie Ihren Mitarbeitern eine Perspektive und eine Zukunft!”

Unterstützer, die Solidarität zeigen wollen, können sich via Medienmoral-NRW melden

Via Medienmoral-NRW und auf Flugblättern werden potentielle Unterstützerinnen und Unterstützer aufgefordert:


“S
tärken Sie unseren Protest gegen die Schließung der WAZ-Redaktion “Unser Vest”! Solidarisieren Sie sich mit den Beschäftigten! Setzen Sie sich für Presse- und MeinungsvielfaltinRecklinghausen ein! Schreiben Sie hier Ihren ganz persönlichen Kommentar an die Geschäftsführung der Mediengruppe. Wir werden die Reaktionen weiterleiten.”

Wird die WAZ-Axt zu stoppen sein? Die Folgen ihres Einsatzes sind nicht von Pappe: Meinungsvielfalt im Eimer. Menschen verlieren ihre Arbeit. Der Verlust der WAZ-Lokalausgabe bedeutetet das Aus für die journalistische unabhängige, hochwertige und enagierte Berichterstattung von neun WAZ-Redakteurinnen und Redakteuren.

Welche Zukunft hat die Papier-Zeitung?

Und wie es den Anschein hat, wird im Ruhrgebiet weiter daran gearbeitet, Medien von “Kostenstellen” zu befreien. Ein Medium fordert Leser auf, Fotos einzuschicken. Die eignen Fotografenstellen werden reduziert. Und die “Ruhr Nachrichten” rufen Interessierte auf für das Blatt zu schreiben. Schöne neue Medienwelt? Schön wär’s! Wenn sich nicht einige Verlage wie die Axt im Medienwalde benehmen würden. Längst schlagen Äxte nicht nur im Ruhrgebiet zu. Welche Zukunft hat die Papier-Zeitung?

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

asansörpress35

Politischer Mensch, der seit der Schulzeit getrieben ist, schreibend dem Sinn des Lebens auf die Spur zu kommen.

asansörpress35

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