12,5 % Erwerbslose

Arbeitslosenzahlen Zu den offiziellen 2,9 Millionen Arbeitslosen kommen noch 6 Millionen Menschen, die von Hartz-IV leben hinzu

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Zum Thema Armut in Deutschland gibt es zur Zeit eine Reihe großartiger Artikel und Interviews.

Der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler Stefan Sell sagt in seinem Interview »Es geht darum, den Begriff Armut zu töten«, hier im Freitag, die Arbeitslosenzahlen würden bewusst geschönt, indem man einfach die Hartz-IV-Empfänger rausrechnet.

Dass also in der Statistik von 2,9 Millionen Arbeitslosen lediglich die Arbeitslosengeld-Bezieher erfasst werden, die 6 Millionen Menschen, die von Hartz-IV leben aber nicht. Tatsächlich schockiert mich diese Erkenntnis ein wenig, da ich bisher wirklich ganz naiv dachte diese würden alle zusammen in der Arbeitslosenstatistik mit erfasst.

Faktisch haben wir also keine 2,9 Millionen Menschen ohne Arbeit, sondern 8,9 Millionen.

Rechnet man dann noch alle jene hinzu, die berechtigt wären Beihilfen zu beantragen, dies aber aus unterschiedlichsten Gründen einfach nicht oder nicht mehr tun, dann hat Deutschland insgesamt ca. 10 Millionen Erwerbslose. Bei einer Gesamtbevölkerung von 80 Mio. also 12,5 % der Bevölkerung.

Was dann das Problem gleich in ganz anderem Licht erscheinen lässt.

Stefan Sell im Interview:

»Ein Bestreben der Politik scheint nun, die Armutszahlen nach unten zu reduzieren?«

»Das ist vor allem ein symbolischer Kampf. Das läuft nach dem Motto, was ich nicht sehe und was ich nicht höre, das gibt es auch nicht. Wir sollten die Wirkung eines solchen Ausblendens aus der öffentlichen Debatte nicht unterschätzen. Nehmen Sie nur dieses Beispiel: In den Medien wird immer nur die Zahl der offiziell registrierten Arbeitslosen genannt. Da befinden wir uns auf einem Rekordtief von 2,9 Millionen Arbeitslosen. Wenn man den Leuten dann sagt, dass es über sechs Millionen Hartz-IV-Empfänger und viele andere gibt, die arm sind, sind sie immer überrascht, dass diese Zahl so hoch ist. Es ist ein Kampf um die Deutungshoheit über die Zahlen. Denn höhere Zahlen würden die Menschen beunruhigen und würden vielleicht den einen oder anderen zu der Frage treiben, ob man in unserer Gesellschaft nicht zum Beispiel mehr umverteilen könnte oder sogar müsste.« (Das Interview in Gänze kann ich unbedingt empfehlen; ist hier nachzulesen.)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

silvio spottiswoode

»Ohne Griechenland kann man Europa umbenennen, etwa in Horst.« (Nils Minkmar)

silvio spottiswoode

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