»Jede Nacht träume ich von einer neuen Krise«

Grexit Warum alle, die vom Grexit reden von Geld keine Ahnung haben

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Der Banker – Master of The Universe, 2013

Im aktuellen Spiegel Interview, Nr.30/18.07.2015, äußert Wolfgang Schäuble (CDU) Zweifel am Hilfspaket für Griechenland und zieht einen GREXIT in Erwägung. Damit ist er allerdings nicht allein, auch Oskar Lafontaine (die Linke) ebenso wie Bernd Lucke (ehemals AfD) und der Ökonom Hans-Werner Sinn, sie alle loben den GREXIT – den Austritt Griechenlands aus der Europäischen Gemeinschaft – als sei es ein veritables Wundermittel gegen die Finanzkrise. Das ist falsch. Wie diese Interviews mit Börsenmarklern deutlich zeigen.

Mehr noch, nicht nur ist es falsch auf das Ausscheiden eines Mitglieds der europäischen Gemeinschaft zu spekulieren, es ist sogar brandgefährlich. Die GREXIT-Phantasie ist noch viel viel wahnsinniger als der ganze Rest dieses andauernden Finanzmassakers. Ein GREXIT wäre das Ende vom Euro, weil:

1. Man sich bei einem GREXIT weiterhin der Illusion hingibt, es ginge nur um nationale Probleme; nur Griechenland hätte diese Schwierigkeiten. Stimmt aber nicht. Portugal ist genauso angeschlagen; Italien, Spanien und Frankreich sind ebenfalls viel zu hoch verschuldet.

2. Die Finanzmärkte haben sich momentan lediglich auf ein Opfer – Griechenland – geeinigt. Sobald Griechenland austreten würde, wäre das nächstschwächste Glied in der Kette dran. So funktioniert das Börsenwesen. So werden Renditen erzielt.

Und genau da liegt das Problem. Wir brauchen ein neues Geldsystem. Dringend. Uns fliegt gerade alles um die Ohren, und man tut so als sei alles kein Problem. Der König hat keine Kleider an.

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»... Einen Grexit herbeizuführen, wie das linke wie rechte Protagonisten von Oskar Lafontaine bis Hans-Werner Sinn gern hätten, oder eine Verstaatlichung der Banken – das sind keine ernstzunehmenden Alternativen. Ein bankrotter Staat kann keine bankrotten Geldhäuser übernehmen. Gleichermaßen gilt: Eine importabhängige und kaum exportfähige Wirtschaft lässt sich nicht durch Abwertungsmanöver sanieren – von den Menschenopfern eines ökonomischen Zusammenbruchs ganz abgesehen.« (aus Der Wahnsinn hat Methode, der Freitag)

Und für Deutschland gilt: Ein auf Export basierender Überschuss bricht mit den kollabierenden Wirtschaftsräumen der südlichen EU-Länder ein.

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1 // Rainer Voss, ehemals führender Investmentbanker Deutschlands spricht über Mechanismen und die Denkweise einer ganzen Industrie. Er weiß, wie es sich anfühlt, »Master of the Universe« zu sein. Er kennt das Bankensystem von innen, war lange Zeit selbst ein Teil davon. Bis auch ihn die Krise traf. Er wurde entlassen.

Voss, der Insider, sagt: »Es geht nicht um Banken-Bashing sondern um ein Umdenken; einen Prozess der Neustrukturierung des globalen Finanzsystems. Ein Prozess des Umdenkens.«

2013 gewann der Film von Regisseur Marc Bauder u. a. den Hauptpreis der Reihe »Semaine de la Critique« auf dem Filmfest von Locarno; 2014 den Deutschen-, sowie den Europäischen Filmpreis, Bester Dokumentarfilm

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2 // Vielleicht erinnern sich einige noch an das BBC-Interview mit dem der Trader Alessio Rastani, das so ziemlich alle sprachlos zurück ließ. Hier legte einer zum ersten Mal ganz offen die Mechanik der Märkte frei als er sagte, »er träume jede Nacht von einer Rezession, einer großen Krise, wie dieser« da sich in Krisen so großartige Möglichkeiten auftäten. Das sei sein Job, so funktionieren die Märkte.

BBC Interview with Trader Alessio Rastani, 2011

Alessio Rastani giving Advice, TED, 2014

»If you sit and wait for the government to sort this out, you're gonna wait a long, long time. How long do you want to wait? The big boys control what's going on here. So act now.« Alessio Rastani

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Geschrieben von

silvio spottiswoode

»Ohne Griechenland kann man Europa umbenennen, etwa in Horst.« (Nils Minkmar)

silvio spottiswoode

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