Die Architektur ist schuld. Der Berliner Hauptstadtstandort, der großpreußisch protzige Größenwahn des neuen Auswärtigen Amtes. Wegen der feudalen Architektur, wegen der unmenschlich überdimensionierten Räume; den kalten, hermetisch abweisenden Fassaden; wegen der kruden Vorwüste der Machtdemonstration in Form von phantasieloser Architektur – und nur deswegen – bekommen die Politinsassen »Nationbuilding« Ideen. Die Gebäude färben ab auf die Gedanken der Menschen, das Äußere formt das Innere, die Bauten prägen das Verhalten der Politiker, die in ihnen arbeiten. Der Ort, das Umfeld, die Deutsche Hauptstadt, Berlin, mit seiner traumatischen Geschichte, seiner Herrschaftsarchitektur, provoziert immer aufs neue diesen Drang zur Bedeutsamkeit. Eine Bescheidenheitsschmelze. Dieses Wichtig- und Besserseinwollen, das schon im Ort und seiner Architektur angelegt ist. Der unbedingte Wille zur Wirkung, zum Repräsentieren, der sich mit Berlin verbindet. Dieses wir-sind-wieder-wer, schaut-uns-an, neue Selbstbewusstsein. Wäre die Regierung noch in Bonn, es wäre nie soweit gekommen. Die Tranzparenz-Architektur ebenerdiger, lichtdurchfluteter Bungalows hat abgehobene Selbstüberschätzung stets verhindert. Kaum sind die Politiker wieder in Berlin, da bricht er wieder an die Oberfläche, der deutsche Größenwahn. Da wird von »der neuen Rolle Deutschlands in der Welt« gesprochen und man produziert ganz ungeniert »alternativlos« diplomatische Bankrotterklärungen am laufenden Band. Mit Bonn als Hauptstadt wäre das undenkbar gewesen. Berlin und die Architektur sind schuld!
Für Janto Ban
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