Bitte nach ihm!

Männersache Frauen prominenter Ex-Politiker streben nun selbst politische Karrieren an. Unser Kolumnist findet das nur konsequent. Viele Männer hätten eh keinen Bock mehr auf Macht

Wenigstens die Frauen stehen in diesen dunklen Zeiten der Demokratie noch ihren Mann. Während Bundes-Christian derzeit am liebsten auf der Eckbank seiner Gäste-Ferienwohnung auf Norderney bei einem Glas Orangensaft seinen Kummer beweinen würde und ihm nicht einmal business as usual gelingt, zeigt die Präsidentengattin Gesicht und Schulter beim Axel-Springer-Empfang. Wo Politiker als Repräsentanten ver­sagen, bewahren ihre Frauen gern Fassung: Das war bei Hillary Clinton so nach Bills Oval-Office-Skandal, auch bei Stephanie zu Guttenberg, nachdem ihr Karl-Theodor stolperte – und bei den Wulffs ist das nicht anders.

Die Mär, dass hinter jedem starken Mann eine starke Frau steht, ist längst überholt. Heute treten die starken Frauen lieber hinter ihren schwächelnden Männern hervor, um deren in Scherben liegenden Karrieren stilvoll zu beenden: Altkanzlergattin Doris Schröder-Köpf will jetzt in den Landtag einziehen, Michelle Müntefering sogar in den Bundestag! Und auch Michelle Obama ist auf dem Sprung. Ein Ent­hüllungsbuch über das US-Präsidentenpaar beschreibt, wie sie dem mächtigsten Mann der Welt seine Kompromiss-Präsidentschaft vorwirft und mehr Stehvermögen in Sachen "Hope" und "Change" einfordert.

Ganz neu ist all das allerdings nicht. Schon Kleopatra schmiss den eigenen Bruder aus dem Amt, und Katharina II. von Russland ihren Gatten Peter III. Der hatte sich als Staatsoberhaupt lächerlich gemacht und mit der Beendigung des Siebenjährigen Krieges Softie-­Qualitäten bewiesen. Da übernahm sie kurzerhand seinen Job und ließ ihn eliminieren. Kleopatra und Katharina sind historische Heldinnen – und bis heute auch Männerphantasien.

Liebe Frauen, macht nur! Vielleicht findet Ihr dann heraus, was wir Männer schon längst begriffen haben: Macht macht männlich – so oder so. Würde im Ernst jemand behaupten, dass Angela Merkel sich durch weibliche Diplomatie auszeichnet oder dass Maggy Thatcher eine britische Barbie war? Die Wahrheit ist: Wir Männer haben eigentlich keinen Bock mehr auf Macht – schon gar nicht auf das, was heute daraus geworden ist.

Es ist entzückend, dass Ihr Frauen uns nun beerben wollt, dass Ihr Euch freiwillig dafür bewerbt, transparente Menschen zu werden, unter ständiger Beobachtung zu stehen und keinerlei unmoralische Angebote mehr anzunehmen. Macht nur in Macht, liebe Damen! Wir gehen derweil in unseren verdienten Vorruhestand. Vielleicht eröffnen wir eine von Gasprom-gesponserte Männer-WG auf Norderney. Mit Münte, Gerhard und Christian ist eine hübsche Skatrunde zusammen. Und die Buddel Bier und den Orangensaft könnten dann ja die Ferres bringen.

Axel Brüggemann hat seine Macht als Textchef der Welt am Sonntag irgendwann aufgegeben und arbeitet nun als freier Autor in Bremen – sein Bier holt er sich am liebsten selbst.

Die wöchentliche Kolumne "Frauensache/Männersache" im Alltagsressort widmet sich Genderthemen und wird abwechselnd von weiblichen und männlichen Autoren geschrieben. Zuletzt diskutierten Natasha Walter und Laura Sandys über die Bedeutung von Margaret Thatcher für den Feminismus.



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Geschrieben von

Axel Brüggemann

Journalist und Autor in Wien und Bremen.

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