In fremden Hosen

Oper Nirgendwo trifft so viel Äußerlichkeit auf so viel Innerlichkeit wie in Bayreuth. Und bei den Wagner-Festspielen aus der Rolle fallen – das will wirklich niemand
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Dreißig Kilometer vor dem Mittelpunkt der Opernwelt beginne ich zu beben. Habe ich meinen Anzug…? Nein, habe ich nicht! Wollte ich. Habe ich aber nicht. Er hängt zu Hause. An der Garderobe. Im Anzugschoner. Es ist Sonntag. Noch drei Stunden bis zur Premiere von Lohengrin. Die Kanzlerin hat sich angemeldet, Thomas Gottschalk, der Außenminister, Hinz und Kunz. Und ich Idiot habe meinen Anzug vergessen.

Die Bayreuther Festspiele sind längst der Laufsteg der Nation. Und der rote Teppich auf dem Grünen Hügel hat schon allerhand Peinlichkeiten gesehen: Merkels ausgefallenes Dekolleté, Merkels Schweißflecken, Merkels Sissi-Roben. Aber einen Journalisten in Jeans, Slippern und Poloshirt – das gab es noch nie. Nicht, dass ich mich besonders wichtig