Ist das emanzipiert?

Männersache Unser Kolumnist wundert sich über Frauen, die für die Herdprämie und gegen die Frauenquote sind. Ist die Gleichberechtigung schon so weit, dass alle Grenzen verschwimmen?

Eigentlich haben wir gedacht, dass wir endlich verstanden haben: Mann kann nur glücklich sein, wenn Frau an seiner Seite frei ist. Und deshalb lacht der Prenzlauer-Berg-Vater schon lange nicht mehr über die Emanzipation. Er lebt die Gleichberechtigung, übernimmt die Kinderbetreuung und empört sich über Medien, in denen die Frau als Sex-Objekt dar­gestellt wird – für eine Frauenquote ist er sowieso. Wer will sich heute schon vorwerfen lassen, seine Frau zu unterdrücken? Wir haben längst begriffen, dass Liebe am schönsten ist, wenn sie gleichberechtigt stattfindet. Wenn das Wir aus einem starken Du und einem starken Ich entsteht.

So weit, so gut. Aber was ist eigentlich mit den Frauen los? Quote, Herdprämie – Mädels, was wollt ihr denn nun? Von der Leyen, Schröder, Merkel. Ein bisschen erinnert dieses Dreigespann an alte Studenten-WGs: Bei uns Kerlen ging es zwar nicht immer ordentlich zu, aber wir hatten wenigstens Spaß, während in den blankpolierten Damen-WGs oft heilloser Zickenstreit tobte. Wie kommen Politikerinnen in einer Zeit, in der Männer endlich bereit sind, für Gleichberechtigung zu kämpfen, auf die Herdprämie? Und wieso streiten Frauen untereinander über die Quote? Da muss Mann erst einmal nachkommen.

Vielleicht ist es ja so, dass wir Männer – mal wieder – viel langsamer sind als die Frauen. Dass Emanzipation in­zwischen bedeutet, dass Frauen auch das Recht haben, gegen ihre eigenen Interessen zu stimmen. Während einige Mütter Barbies am liebsten in einem "Toy’s-are-us"-Autodafé verbrennen würden, finden andere es total emanzipiert, ihren Töchtern eine solche Puppe auf den Gabentisch zu legen. Hauptsache, wir Männer schreiben den Frauen nicht vor, wie Emanzipation geht.

Das ist für uns absolut in Ordnung. Wir haben kein Problem damit, aufzuhören, uns für die Ziele der Frauenbewegung einzusetzen. Wir können auch unsere Spielzeugautos wieder herausholen und uns nur um unsere Sachen kümmern. Aber dass CDU-Politikerinnen nun ausgerechnet Volker Kauder als Vermittler anrufen – das enttäuscht einen Prenzelberg-Vater dann schon. Ist die Frau und ihr Ruf nach Emanzipation am Ende doch nur ein Mythos? Oder sollte die Gleichberechtigung inzwischen so weit sein, dass die Grenzen so verschwommen sind? Oder haben wir Männer da – mal wieder – etwas falsch verstanden?

Die wöchentliche Kolumne "Frauensache/Männersache" im Alltagsressort widmet sich Genderthemen und wird abwechselnd von weiblichen und männlichen Autoren geschrieben. In der letzten Folge schrieb Katrin Rönicke über Trolle und Sexismus im Netz.

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Geschrieben von

Axel Brüggemann

Journalist und Autor in Wien und Bremen.

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