Es gibt zwei wunderbare Charaktere in Monty Pythons Ritter der Kokosnuss. Der eine ist der Schwarze Ritter, der sich den Männern von der Tafelrunde in den Weg stellt. Als sein Gegenüber im Kampf feststellt „Du hast doch gar keine Arme mehr“, fragt er trotzig zurück: „Wer sagt das?“ Und selbst als der Tafelritter antwortet: „Na, kratz Dich mal“, will der Geschlagene den Kampf partout nicht verloren geben.
Die anderen lustigen Gesellen sind die Ritter vom Nie: „Nie-Sang“, „Nie-Wun“ und „Nie-Da“. Diese geborenen Neinsager werden von den Tafelrittern und dem Rest der Menschheit zwar nicht verstanden, führen aber eine eigene, erfolgreiche Nein-Existenz. In Tagen der Streiks scheinen sie nun auch in unsere Wirklichkeit zurückzukehren. Im Kita-Ausstand oder bei der Bahn, überall sitzen sie sich gegenüber, als Arbeitgeber und Arbeitnehmer, und kämpfen mindestens so verbissen um ihre Positionen wie der Schwarze Ritter.
Eltern, die ihre Kinder bei Freunden unterbringen und Pendler, die sich in Mitfahrgemeinschaften organisieren, fragen sich: „Wann hört das endlich auf?“ Aber eine Einigung, ein Kompromiss, ein Einlenken ist bei den aktuellen Arbeitskämpfen nicht in Sicht. Jahrzehntelang verliefen Streiks in Deutschland nach einem ähnlichen Konzept: Die einen forderten absurde zehn Prozent mehr Lohn, die anderen waren bereit, ebenso absurde zwei Prozent zu zahlen. Es wurde ein bisschen gestreikt, so getan, als würde man leiden und kämpfen, und am Ende einigte man sich auf vier oder fünf Prozent. Alle Seiten gingen als Gewinner aus dem Arbeitskampf.
Heute geht es längst um mehr als um schnödes Geld. Es geht um Selbstverständnisse, Glaubensbekenntnisse und Gesellschafts-Entwürfe. Um die öffentliche Anerkennung der Arbeit von Kita-Mitarbeitern und das Recht kleiner Gewerkschaften, große Wirkung erzielen zu dürfen. Es geht um das Grundsätzliche – und da sind Kompromisse kein Ziel.
Während beide Seiten früher Verlustrechnungen aufgemacht haben, überlegten, wann ein Streik ernsthaft geschäftsschädigend wird oder die Streikkasse leer sein könnte, und rechtzeitig einlenkten, wirken die aktuellen Streiks wie ein Duell auf Leben und Tod. Ein Western, der sich von High Noon in die untergehende Sonne streckt. Selbst wenn eine Seite absehen kann, dass sie verlieren könnte, scheint sie bis zum bitteren Ende weiterkämpfen zu wollen.
Streiks wie einst von der ÖTV unter Willy Brandt scheinen heute nicht möglich. Damals knickte die Regierung nach wochenlangen Arbeitsniederlegungen ein – davon hat sie sich nie erholt. Und auch die Strippenzieher in den Hinterzimmern scheinen unbedeutender geworden zu sein: Ein Anruf der Sozialdemokraten bei den Gewerkschaften oder des BDI bei den Arbeitgebern zeigt heute keine Wirkung mehr. Selbst Schlichter werden abgelehnt. Kompromisse werden auch deshalb unwahrscheinlicher, weil die Verhandlungen nicht mehr hinter verschlossenen Türen, sondern auf dem Zeitungs-Boulevard geführt werden. Da wird geleaked, dass GDL-Chef Weselsky auf der Autobahn gedrängelt habe, oder dass den Bahn-Managern ihr Personal egal sei. Das sind die Waffen des öffentlichen Rufmordes.
Aber wann hört all das auf? Monty-Python kennt die Antwort: Als der Schwarze Ritter ohne Arme auf einem Bein seinen Gegner zuruft: „Komm, ich schlag Dich zusammen“, haut der ihm auch das zweite Bein weg. Aber der Schwarze Ritter gibt sich nicht geschlagen. Wütend antwortet er: „Einigen wir uns auf Unentschieden!“
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