Das Haus meines Urgroßvaters bis auf die Grundmauern auseinanderzunehmen und wieder aufzubauen, war eine Meisterleistung des Handwerks: Elektriker legten problemlos neue Leitungen unter den Putz, ein Maurer riss zwei tragende Wände an einem Tag ein – und hinterließ das neue Wohnzimmer besenrein. Wir selbst waren auch nicht schlecht, haben Dielen gelegt, Treppen geschliffen, tapeziert und gemalt. Bis zum Umzug war alles ein problemloses Unterfangen. Die sechs „Ostberliner Jungs“ (so nannte sich die Packer-Gruppe selbst), waren bereits gegen Mittag fertig, so dass wir im neuen Garten noch gemeinsam grillen konnten. Kein Meckern, kein Murren – überall nur fleißige, begeisterte und pünktliche Profis!
Alles gut? Fast alles! Am Tag unseres Einzuges meldete sich auf meinem Handy eine Mitarbeiterin der „Telekom“. Sie wollte wissen, ob wir zufrieden mit unserem Anschluss sein. Den hatten wir natürlich rechtzeitig umgebucht, mit allem Pi-Pa-Po, den wir als gute „Telekom“-Kunden schon in der alten Wohnung hatten: High-Speed DSL, drei Rufnummern, Entertain-Paket und Europa-Flat. Als ich der Mitarbeiterin sagte, dass wir das Telefon noch gar nicht angeschlossen hätten, dass sie uns aber schon mal die beiden neuen Nummern sagen könnte, war sie verwundert, denn ihre Kollegen hatten nur einen analogen Standardanschluss gelegt.
Bevor ich zur eigentlichen Geschichte komme, muss ich vielleicht noch erzählen, dass wir schon einige Mitarbeiter der „Telekom“ verschlissen haben. Nicht auf Grund unserer außerordentlichen Ansprüche, sondern deshalb, weil uns das Unternehmen einmal – aus unbekanntem Grund – die gesamte Anlage abgestellt hatte. Ein anders Mal wurden falsche Rechnungen ausgestellt. Und dann haben wir uns noch von einem der penetranten Service-Werbungs-Anrufen einlullen lassen. Danach haben wir die versprochenen Leistungen zwar nie bekommen, dafür funktionierte unser Telefon aber nicht mehr. Wir haben gelernt, dass keines dieser Probleme mit einem Anruf zu erledigen ist, sondern dass zeitaufwändige Telefonorgien durch die labyrinthischen Leitungen der „Telekom“-Call-Center-Zentralen nötig sind, für die man sich am besten einen Tag frei nimmt.
Die Tideltidel-tiiii-Schleife
„Ist ja nicht schlimm“, sagte ich der Mitarbeiterin routiniert und abgeklärt, da ich gelernt hatte, dass Wut den Telefonkunden höchstens tiefer in den Orkus reißt. „Aber da Sie schon anrufen, können Sie die Sache mit dem Anschluss ja vielleicht klären.“ Und tatsächlich war die Frau am anderen Ende sehr freundlich und bat mich, eine Sekunde zu warten. Sie würde nur schnell mit dem technischen Hilfsdienst telefonieren. Nach neun Minuten und 36 Sekunden (eine Zeit, die mit der Endlos-tideltidel-tiiii-Schleife nicht nur lang, sondern auch qualvoll wird) meldete sie sich zurück und erklärte, dass sie leider keinen Kollegen erreichen könnte. Irgendetwas würde mit der internen Leitung nicht stimmen – sie wird immer wider rausgeschmissen. Dabei passierte ihr nur, was jedem „Telekom“-Kunden bei jedem seiner Probleme passiert: kein Anschluss unter dieser Nummer.
„Und nun?“, fragte ich. Das wisse sie auch nicht, antwortete die Frau. Ob ich mich vielleicht selbst um das Problem kümmern wolle? „Wie bitte?“, habe ich gefragt. „Sie haben mich doch gerade angerufen, um zu fragen, ob alles in Ordnung ist – und nun, da nichts in Ordnung ist, soll ich das Problem lösen? Warum haben Sie denn überhaupt angerufen? Soll ich die Telekom-Zentrale stürmen und meine Freischaltung mit einer Paul-Potts-Maske erpressen?“ Die Mitarbeiterin dachte nach, und dann sagte sie: „Was anderes fällt mir auch gerade nicht ein.“
Dummerweise konnte sie nicht ahnen, dass sich bei mir in den letzten Jahren so viel „Telekom“-Frust angesammelt hatte, der sich nun wie von selbst entlud: „Warum rufen Sie mich überhaupt an, wenn Sie mir nicht helfen können?“, frage ich. Meine Tante, die das Gespräch mithörte, flüsterte aus dem Hintergrund: „Ja, gib’s ihnen! Blöde Telekom!“ Und ich redete mich tatsächlich in Rage: „Wenn ich einen Mercedes bestelle, bekomme ich auch keinen VW.“ Und überhaupt: „Wie kann es sein, dass Sie selbst keine Lust auf ihre eigenen Warteschlangen haben? Warum soll ich mich damit quälen?“
Ich habe all das nicht böse gesagt, war aber schon ein bisschen über mich selbst erschrocken und über das, was die Telekom aus mir gemacht hat. Aber dann war ich auch ein bisschen stolz auf mich.
Ein japsendes fffffft-Schluchzen
Nun passierte etwas Unerwartetes. Bislang dache ich nämlich, dass die „Telekom“ ihre Mitarbeiter so ausbildet, dass jede Kritik an ihnen abperlt. Ich habe mir die Leute in Magenta vorgestellt wie Totengräber, die zu Hause mit ihren Familien auch nicht jeden Abend über die neuen neue Leichen reden. Ich habe geglaubt, dass es ein spezielles „Telekom“-Training gäbe, in dem die Lektüre von Kafkas-„Schloss“ als Gebrauchsanweisung geliefert wird, und dass jeder Mitarbeiter darauf trainiert wird, ein Problem wie beim Schwarzer-Peter-Spiel an den nächsten Kollegen weiterzureichen.
Doch meine „Beraterin“ schien keine dieser Schulungen durchlaufen zu haben. Stattdessen begann sie herzergreifend zu schluchzen. Ihr Worte wurden immer wieder durch ein beschwerlich japsendes Einatmen unterbrochen: „Ich – ffft – weiß. Aber – fffft – ich weiß nicht, wie ich Ihnen nun helfen soll. Fffft, fffft.“ Am liebsten hätte ich ihr ein Taschentuch durch die Leitung geschoben, dem armen Ding!
Was konnte sie schließlich dafür, dass sie für einen Arbeitgeber arbeitet, der es darauf anzulegen scheint, den Frust seiner unzufriedenen Kunden auf seine Mitarbeiter abzuladen? In der Telekom-Hierachie gibt es keine Durchlässigkeit. Das Callcenter ist eine Institution, deren einziger Auftrag es zu sein scheint, jegliche Beschwerden ins Irgendwo zu leiten – in eine Endlosschleife, so, dass sie am besten nie bearbeitet werden muss. Wenn man so viele Kunden hat wie der größte deutsche Telefonanbieter, scheint es egal zu sein, ob diese Kunden auch glücklich sind. Wofür leistet man sich schließlich ein Callcenter?
Ich habe den Telefonhörer an meine Frau weitergegeben, weil ich plötzlich das Gefühl hatte, dem Gespräch mit der Sachbearbeiterein nicht gewachsen zu sein. Die beiden Frauen haben sich über 20 Minuten lang unterhalten. Und nachdem meine Frau aufgelegt hatte, war sie zufrieden mit sich selbst: „Sie wird sich heute Abend jedenfalls nicht umbringen“, sagte sie zu mir. Da war ich beruhigt. Dann haben wir uns ein bisschen gefreut, dass wir der Service-Mitarbeiterin der Telekom helfen konnten.
Unser Telefonanschluss sollte übrigens so schnell wie möglich kommen. Irgendjemand von der Telekom würde sich melden, wurde uns gesagt. Inzwischen habe ich erst einmal einen O2-Stick gekauft, damit ich diesen Text abschicken kann.
Kommentare 9
meine beste leistung war, dass ich so pedantisch nach rechnungsposten fragte, dass man mich für den geschäftskundenservice gesperrt hat. nicht lange, der mitarbeiter musste auch gehen und es tat gut.
richtig schön war dann, als ich anläßlich eines umzuges mal einen im büro hatte. der hat sich mehr um seinen blackberry gekümmert als um mich. entsprechend ging alles schief. und es endete mit einem servicemitarbeiter, der als erstes sagte: "ach wissen sie, meine frau hat mich heute verlassen und ich hab nur probleme, ihres kann ich nicht auch noch lösen."
der gag an der geschichte ist: die pfeifen wird man nicht mal los, denn tcom teilt im geschäftskundenbereich zu und bietet keine alternativen.
ungeachtet dessen: die hotlines sind schon besser geworden. von grottenschlecht auf schlecht. und das ist immer noch besser als die der konkurrenz, weswegen ich allem zum trotz ab 15.07. privat von 11 wieder zur tcom wechsel.
und ich bin jetzt schon am beten, dass der anschlusswechsel kürzer als 4 wochen dauert. bei 11 dauerte der umstieg von dsl auf adsl solange und, meine leitung war danach langsamer als vorher. 4 wochen, so lernte ich damals, ist irgend ne verordnung der regulierungsbehörde. immerhin daran müssen sie sich alle halten.
mfg
mh viel glück, beidseitig
Na viel Spaß auch. Nach meinem Umzug war ich 6 Monate ohne Telefon, da die einen (Arcor) nicht wollten und die anderen (T-Com) ... nicht wollten. Haben sich alle gegenseitig die Schuld zugeschoben.
Eine sehr kurze Zusammenfassung:
T-Com: "Nachfrage zu einem Auftrag" ... "Termin" ... "Neukunde". Jaja, eine Auftragsbestätigung ist unterwegs. Man könne mir jedoch nicht sagen, welcher Termin dort genannt wird. Dafür müsse ich den technischen Kundendienst anrufen. Nein, sie könne mich nicht durchstellen.
Technischer Kundendienst: "Nachfrage zu einem Auftrag" ... "Termin" ... "Neukunde". Oh, wieder bei der Beratungshotline gelandet. Man könne mich aber durchstellen. Ich landete bei der Entstörstelle. Die Dame dort versuchte aber wenigstens, mir zu helfen. So erfuhr ich, dass 2 Termine im Computer seien: der 5.5. von 8-18.30 Uhr und der 8.5. von 8-10 Uhr. Wieso 2 Termine? Das wisse sie auch nicht. Na, es muss doch jemanden geben, der sich diese beiden Termine ausgedacht und dort in den Computer eingetragen habe. Antwort: ich hätte doch wohl die Termine gemacht. Natürlich nicht. Na, sie wisse es auch nicht. Sie kann sich auch nicht erklären, warum 2 Termine angesetzt sind.
Na gut, danke, tschüß.
Dann ein T-Com-Brief: man braucht 5 Seiten für einen Termin: 8.5. bis 10 Uhr.
Kurz danach fischte ich noch eine Auftragsbestätigung der T-Com aus dem Briefkasten: Der Techniker kommt verbindlich am 5.5. Da waren sie also, meine beiden Termine. Als nächstes fiel mir auf, dass es sich um 2 verschiedene Auftragsnummern und zwei verschiedene Telefonnummern handelte.
Aufgebracht rief ich die T-Com-Totline an, wurde aber 3x nach 20 Minuten aus der Leitung geschmissen.
Überraschend kam der erste Techniker pünktlich und die alte Nummer funktioniert wieder.
Die neu vergebene Nummer endet nicht bei uns.
Rein vorsorglich rief ich wieder bei der Hotline an und wurde zur Abwechslung mal mit "Oh, wir haben ein Problem. Ich verbinde Sie am besten mit einem Mitarbeiter" begrüßt. Da wünscht man sich doch, dass dieses Problem immer besteht.
Der Mitarbeiter stellte sich dann als Kollegin aus der Buchhaltung heraus, was ganz witzig war, da ich jetzt weiß, dass wir sogar 3 verschiedene Buchungskontonummern haben. Eine falsche, eine ganz falsche (von der weiß ich noch gar nichts) und eben eine richtige. Diese richtige ist jedoch mit dem Status "inaktiv" versehen, der Auftrag sei storniert worden.
Und jetzt schreibe ich einen Widerruf für einen Auftrag, den ich gar nicht erteilt habe.
Arcor schrieb in der Zwischenzeit weiter fleißig Rechnungen, stornierte diese ebenso fleißig und produzierte Umsatz, Umsatz, Umsatz.
Irgendwann ging dann alles wie gewünscht.
Mein Rat an alle: es kommt nicht nur nicht nur auf den Preis an, sondern auch nicht auf den Service...
wer erwartet denn heute von einem callcenter noch hilfe? ich sitze doch selbst oft genug am anderen ende der leitung. die dame ist warscheinlich noch nicht mal bei der telekom sondern an einen externen callcenteranbieter "outgesourct", irgendwo im osten der republik, wo ein stundenlohn von 5 euro immer noch besser als 4,50 ist.
man hat sie einen tag lang für ein paar standardanfragen geschult, ihr gesagt an welche abteilungen sie was im zweifelsfall weiterverbinden kann und dann vor einen computer gesetzt.
nach dem 10ten kunden von dem sie mangels fachwissen völlig überfordert ist, fühlt sie sich langsam völlig nutzlos. sie macht tag für tag eine arbeit die wirklich nichts für leute mit schwachen nerven ist, respektiert und anerkannt fühlt sie sich dafür weder vom kunden noch vom arbeitgeber - was natürlich auch an ihrem stundenlohn liegt. sie würde ihren job ja gerne gut machen, aber sie hat keine gelegenheit dazu. dann hatte sie einen schlechte tag und genug probleme auch in anderen bereichen des lebens. ein bescheuerter chef der ständig mit irgendwelche statistiken im nacken sitzt ist natürlich auch branchenüblich. das alles bringt das fass schließlich zum überlaufen. warum hat sie nicht einfach aufgelegt um den peinlich-intime situation mit der fremden stimme am telefon zu vermeiden? vielleicht auch die angst vor kündigung, denn der gesprächsabbruch wäre natürlich sofort in der leistungsstatistik vermerkt worden. vielleicht war es auch einfach nur ein schrei nach hilfe.
naja, damit niemand merkt wie wenig die telekom in ihren service investiert hat sich die marketingabteilung ja zum glück ein paar fluffige spots und slogans überlegt um den leuten eine servicehimmel-scheinrealität vorzugaukeln. wer etwas erfahren möchte was über "in welchen stecker muss das dsl-kabel gestöpselt werden" hinausgeht, durchschaut den ganzen falschen glanz spätestens nachdem er das dritte mal "kurz weiterverbunden" wurde. kundenfreundlichkeit wird am besten durch investition in gutgeschulte mitarbeiter geschaffen und nicht durch fluffige standardformulierungen und warteschleifenmelodien. aber letzteres sieht auf der bilanz so viel besser aus.
hauptsache der markt regelt alles...
Lieber Sibelius - das ist genau, was ich gemeint habe: der Nervenzusammenbruch der Mitarbeiterin zeigt doch nur eines - dass die Telekom mit ihren Angestellten noch schlimmer umgeht als mit ihren Kunden. Und das ist, gelinde gesagt, eine Katastrophe!
ach ja. die telekom geschichten.
bekannt. also wir umzogen, sollte auch der dsl-anschluss mit ziehen mit einer anderen telefonnummer. also alles entsprechend im t-punkt angemeldet und gebucht und dann ging alles zunächst schief. aus dem umzug wurde ein neuanschluss und der wurde ins nirwana geschickt. in der zwischenzeit - die telekom suchte den schluss - rief uns die selbe telekom an und fraqte uns, ob wir nach unserem umzug nicht wieder einen telekom anschluss haben wollten. man muss halt einfach nur die nerven behalten, dann klappt es auch früher oder später.
aber als jemand, der auch beruflich mit der telekom zu tun hat kann ich noch eins dau steueren. die telekom techniker draussen auf der piste, ob real telekom oder sub unternehmer müssen den selben weg über die selbe telekom telefonseelsorge wählen wie otto normal. zumindest war das vor ca 2 bis 3 jahren so und dementsprechend flott und gut ist der service vor ort.
lieber Herr Brüggemann,
nicht das sie mich missverstehen, so habe ich ihren Artikel auch gelesen und für gut befunden :). Sehr einfühlsam geschrieben, hebt sich mal von dem üblichen Gejammer ab (was natürlich seine Berechtigung hat, aber schon oft genug vorgetragen wurde). Das ist ja auch exemplarisch für die Servicewüste effizienzgetrimmter Unternehmen allgemein. Bei der Deutschen Bahn oder jeder anderen Kundenhotline größerer Dienstleistungsunternehmen geht es ja nicht anders zu, zumindest bei meinen Kontaktaufnahmen.
Wollte die geschilderte Situation nur nochmal aus meinen eigenen Erfahrungen beim Headsetjobben beleuchten.
Also, ich finde im Gegensatz zu früher hat sich das mit der Hotline enorm verbessert. Man gelangt relativ schnell zu einem richtigen echten Menschen, von denen der eine oder die andere kompetent ist und sich richtig Zeit nimmt ! Was mich am meisten erstaunt hat: Ich wurde am nächsten Tag sogar zurückgerufen !
Nur, daß nach mehreren vertelefonierten Abenden und einem vergeblich verwarteten Vormittag mein DSL-Anschluß immer noch nicht funktioniert ...
die wahrscheinlichkeit des zurückgerufen-werdens hängt direkt proportional mit der eigenen kündigungsfreudigkeit zusammen. ist aber auch nichts neues
Tja, Wofür leistet man sich schließlich ein Callcenter? Diese Moden waren in früheren Zeiten dazu gedacht, mit standardisiert guter Ausbildung alle Kunden mit einem gleich hohen Niveau zu beglücken. So konnte ein Anbieter sicher sein nur von zufriedenen Kunden umgeben zu sein.
Heute hält man sich Call-Center, um billig Kundenwünsche zu erledigen. Oder anders gesagt: um Kundenwünsche billig zu erledigen. Merken Sie was? Gleiche Einrichtung - anderer Zweck. Dies schreit nach der Frage, ob heutzutage der Wert des Kunden ebenso billig ist, wie man dieselben behandelt. Motto: Geiz ist Geil. Ergebnis: Der Anbieter von "Geil" ist immer der Geizigere. Gut, dass es da noch Frauen gibt, die trösten können.